Essen. Langweiliger Wahlkampf? In der Energie- und Klimaschutzpolitik jedenfalls wird die Bundestagswahl am 27. September zur Richtungsentscheidung. In unserem Wahlprogramm-Check zur Bundestagswahl geht es diesmal ums Klima und die Energiepolitik.

Sollen Atomkraftwerke länger laufen? Brauchen wir neue Kohlekraftwerke? Ein Überblick über Parteien und Positionen.

CDU

Unter einer schwarz-gelben Regierungskoalition würde Deutschland den Ausstieg aus dem Atomausstieg vollziehen. CDU und CSU wollen eine „Laufzeitverlängerung der sicheren deutschen Anlagen”. Acht bis zehn Jahre, so die CSU, sollen sie länger laufen als in der von Rot-Grün verhandelten Ausstiegsvereinbarung. Einen Teil der Gewinne soll die Atomwirtschaft für die Erforschung neuer Technologien und die Senkung des Strompreises verwenden. Die Union spricht sich jedoch klar gegen den Neubau von Kernkraftwerken aus, nennt die Atomenergie nur eine „Brückentechnologie”. In der Frage der Atommüll-Endlagerung will sie den Salzstock Gorleben fertig erkunden.

Der künftige Energiemix soll „breit und klimafreundlich” sein. Konkret heißt das: Steinkohlekraftwerke sollen modernisiert werden. Als wichtigen Beitrag nennt die Union die unterirdische Einlagerung von Kohlendioxid aus Kraftwerken (CCS-Technologie). Einen Gesetzentwurf aber hatte die Union trotz Einigung im Bundeskabinett blockiert.

Als Klimaschutz-Ziel soll der CO2-Ausstoß bis 2020 im Vergleich zu 1990 um 40 Prozent sinken – das ist bereits Ziel der Bundesregierung. Die Energieeffizienz soll verdoppelt werden, der Ausbau erneuerbarer Energien (30 Prozent Anteil in 2020) fällt im Vergleich zur SPD weniger ambitioniert aus.

SPD

Die Sozialdemokraten wollen wie beschlossen bis 2021 komplett aus der Atomenergie aussteigen. Ist die SPD an der neuen Regierung beteiligt, wird sie darauf bestehen, die Suche nach einem Endlager auf alternative Standorte auszuweiten. Den Standort Gorleben hält sie für politisch tot.

Die Klimaschutzziele (40 Prozent weniger CO2 bis 2020) will die SPD mit einer „Energiesparoffensive”, der Modernisierung von Kohle- und Gaskraftwerken sowie dem Ausbau von erneuerbaren Energien erreichen (50 Prozent in 2030). Alle Maßnahmen sollen in einem Gesetz festgeschrieben und regelmäßig überprüft werden. Mitte des Jahrhunderts soll die Industrie nahezu CO2-frei sein. Ein Widerspruch: Gleichzeitig tritt die SPD dafür ein, den Kohlebergbau in Deutschland über 2018 hinaus weiterzuführen.

Schwerpunkt im Energieprogramm ist auch die verstärkte Nutzung der Kraft-Wärme-Kopplung, also die Mitnutzung von Abwärme für das Heizen von Häusern. Für die energetische Sanierung von Gebäuden (zum Beispiel Wärmedämmung) wollen die Sozialdemokraten mehr Geld zur Verfügung stellen. Das Kapital für Klimaschutz-Projekte soll aus einem Klimaschutzfonds kommen.

FDP

Die Liberalen halten die Kernenergie als Übergangstechnologie für unverzichtbar. Daher sollen Atomkraftwerke weiter laufen – allerdings nur so lange, bis erneuerbare Energien ausreichend und zu günstigen Preisen Strom für die Grundlast (täglicher Grundbedarf an Strom) liefern. Die störanfälligsten Meiler aber wollen die Liberalen abschalten. Die Gewinne aus der Verlängerung der Laufzeiten sollen in die Erforschung neuer Energietechnologien fließen. Über die Eignung Gorlebens als Atommüll-Endlager soll zügig entschieden werden.

Im Energiemix setzt die FDP auf saubere Kohle: neue Kohlekraftwerke und CCS-Technik. Als einzige Partei erwähnt die FDP das Wüstenstrom-Projekt Desertec und plädiert dafür, das Vorhaben mit Nachdruck zu verfolgen. Im Klimaschutz bleibt die Partei bis auf das Einsparziel von 30 Prozent weniger CO2 reichlich unkonkret. Die Liberalen setzen auf die marktwirtschaftlichen Instrumente des Emissionshandels. Auf Energie soll ein Mehrwertsteuersatz von nur noch sieben Prozent erhoben werden.

Bündnis 90/Grüne

Atomausstieg ohne Wenn und Aber: In der kommenden Legislaturperiode wollen die Grünen sieben Meiler abschalten lassen. Ein klares Nein sagt die Partei zum Endlager Gorleben, das die Grünen für nicht geeignet halten.

Die Wende hin zu einer schadstoffarmen Energiepolitik will die Partei ohne neue Kohlekraftwerke und ohne CCS-Technik schaffen. Neue Gaskraftwerke sollen nur in einer Übergangszeit gebaut werden. Bis 2040 soll in Deutschland der Energiebedarf komplett aus erneuerbaren Quellen gedeckt werden, bei der Stromerzeugung soll dies schon in 2030 der Fall sein. Das Klimaschutzziel von minus 40 Prozent CO2 bis 2020 soll in einem Gesetz festgeschrieben werden. Klimaschutz, so die Grünen, gehöre als Staatsziel ins Grundgesetz.

Linke

Radikale Ansichten: Die Linke will die „unverzügliche und unumkehrbare Stilllegung aller Atomanlagen”. Atomtechnik dürfe nicht mehr exportiert, Atommüll nicht mehr transportiert werden.

100 Milliarden Euro sollen jährlich in Bildung, Klimaschutz, Verkehr, Gesundheit und Energiewende gesteckt werden. Wie das finanziert werden soll, bleibt offen. Die Energiekonzerne sollen verstaatlicht und einer demokratischen Kontrolle unterstellt werden.

Als Klimaschutz-Maßnahme sollen die CO2-Emissionen in Deutschland bis 2020 halbiert werden, der Anteil erneuerbarer Energien im gleichen Zeitraum von heute 15 auf 50 Prozent steigen.

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