Essen. Das künftige Endlager für hochradioaktiven Atommüll muss für wenigstens eine Million Jahre sicher sein. Dies fordert Sigmar Gabriel in einem neuen Kriterienkatalog. Im maroden Lager Asse II tauchte Dienstag ein weiteres Problem auf: Erneut wurde radioaktive Lauge entdeckt.

Das künftige deutsche Endlager für hochradioaktiven Atommüll benötigt einen Sicherheitsnachweis für eine Million Jahre. Dies geht aus dem neuen Kriterienkatalog hervor, den Umweltminister Sigmar Gabriel am Mittwoch veröffentlichte. Gabriel forderte erneut, einen alternativen Standort zu suchen. Außerdem äußerte er die Erwartung, dass so lange der Salzstock Gorleben nicht weiter erkundet wird. Die neuen Sicherheitsanforderungen für die Endlagerung ersetzen ein ähnliches Regelwerk aus dem Jahr 1983.

Mehrere voneinander unabhängige Sicherungssysteme

Entscheidender Unterschied zu den bisherigen Anforderungen ist nicht nur der Sicherheitsnachweis für eine Million Jahre, in denen "allenfalls sehr geringe Schadstoffmengen aus dem Endlager freigesetzt werden können". Zudem fordert der Bundesumweltminister, dass die Sicherheit des Endlagers von der Planung bis zum Verschluss kontinuierlich optimiert und überprüft werden muss. Es müsse ein "Mehrbarrierensystem" geben, also mehrere, voneinander unabhängige und überlappende Sicherungssysteme.

Erneut radioaktive Lauge in Asse II ausgetreten

Unterdessen tauchte im maroden Lager Asse II ein weiteres Problem auf: Bei einer Routinekontrolle wurde am Dienstag erneut radioaktive Lauge entdeckt. Es handele sich um 1.000 bis 1.500 Liter schwach strahlender Flüssigkeit in etwa 950 Metern Tiefe. Zwar bestehe keine unmittelbare Gefahr. "Aber das macht deutlich, dass wir in der Asse jeden Tag mit Überraschungen rechnen müssen", sagte Wolfram König vom Bundesamt für Strahlenschutz (BfS).

Dabei handelt es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um Teile von Laugen, die vom alten Betreiber der Grube ohne Genehmigung in Hohlräumen deponiert wurden. Die Lösungen seien nun wahrscheinlich wieder zutage getreten, weil die Hohlräume im Gebirge zusammengedrückt werden, erklärte der BfS-Präsident.

Gabriel schließt Standort Gorleben nicht aus

Den bereits zum Teil erforschten Salzstock Gorleben schließt Gabriel als Standort nicht aus, will ihn aber vergleichen. Er nannte es "absolut skandalös", dass sich CDU und CSU einem neuen Auswahlverfahren verweigerten. Die Union vertritt die Auffassung, Gorleben sei wahrscheinlich geeignet und solle weiter erkundet werden.

Tatsächlich stehen die Erkundungsarbeiten in Gorleben seit Jahren still. Gabriels Vorgänger Jürgen Trittin von den Grünen hatte ein Moratorium bis 2010 durchgesetzt, ebenfalls mit dem Ziel, ein neues Endlager zu suchen. Obwohl die Frist nächstes Jahr abläuft, rechnet Gabriel nicht mit einer Wiederaufnahme vor der von ihm gewünschten neuen Standortsuche. Als Indiz nahm er, dass im Bundeshaushalt für die Erkundung keine Mittel eingeplant seien.

Biblis B bleibt erstmal vom Netz

Außerdem hatte Gabriel bei der Vorstellung des Jahresberichts des Bundesamts für Strahlenschutz den Biblis-Betreiber RWE aufgefordert, das Kraftwerk vorerst nicht wieder in Betrieb zu nehmen. Zunächst müsse eine Fehlerquelle im Kühlwassersystem ausgemerzt werden. Wenige Stunden später erklärte das hessische Umweltministerium, Biblis B werde nicht ans Netz gehen, bevor die sogenannten Sumpfsiebe nachgerüstet seien. Darauf habe man sich mit RWE Power geeinigt. Damit steht nun der zweite jener acht problematischen Reaktoren aus Sicherheitsgründen still, die Gabriel möglichst schnell ganz einmotten will. Auch Biblis A ist abgeschaltet - allerdings nur wegen regulärer Wartungsarbeiten. (ap/afp)

Kommentar: Asse, ein strahlender Skandal