Geesthacht. Eine Woche nach der Panne im Atommeiler Krümmel rätselt Betreiber Vattenfall weiter über die Ursache. Jetzt werden die knapp 80.000 Brennstäbe des Kernkraftwerks untersucht. Unterdessen geht die Diskussion über die Laufzeiten für ältere Atommeiler in Deutschland weiter.

Gut eine Woche nach der erneuten Panne im Atomkraftwerk Krümmel dauert die Ursachenforschung für den Kurzschluss in einem Transformator des Meilers an. Betreiber Vattenfall Europe begann am Montag mit der Prüfung der Brennstäbe im Reaktor. Mitte bis Ende der Woche will Vattenfall die Analyse der knapp 80 000 Brennstäbe in der Anlage abgeschlossen haben. Unterdessen geht die Diskussion über die Laufzeiten für ältere Atomkraftwerke in Deutschland weiter.

Wie Vattenfall-Sprecherin Barbara Meyer-Bukow sagte, ist vermutlich mindestens einer der Brennstäbe in dem AKW in Geesthacht bei Hamburg defekt. Dieser Defekt habe aber nichts mit dem Kurzschluss in dem Maschinentransformator zu tun, der am 4. Juli zur Schnellabschaltung der Anlage führte. Weil vor dem Neustart am 19. Juni im Reaktor Metallspäne entdeckt worden seien, habe es umfangreiche Reinigungen gegeben. Es könne jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass «feinste Metallspäne» dabei nicht entfernt wurden. Durch diese Partikel sei anschließend möglicherweise ein Brennelement beschädigt worden.

Zugleich dementierte Vattenfall einen Bericht des Magazins «Der Spiegel», wonach vor dem Wiederanfahren des Reaktors ein Arbeitsschritt aus Zeitgründen unterblieben sei. Nach dem Fund der Metallspäne seien notwendige Spülungen vorgenommen worden, um den Reaktor vor Fremdkörpern zu schützen. Die Untersuchungen der schleswig-holsteinischen Atomaufsicht zu dem Vorfall am 4. Juli dauern an. Am Freitag will die zuständige Sozialministerin Gitta Trauernicht (SPD) im Kieler Landtag eine Regierungserklärung zu den Vorfällen abgeben.

Gabriel wirft Bundesländern Verlogenheit vor

Unterdessen steht der Stromversorger Vattenfall offenbar in Gesprächen über den Verkauf seines 9500 Kilometer langen deutschen Höchstspannungsstromnetzes. «Es wurde ein exklusives Abkommen mit einem Konsortium unterzeichnet, das Goldman Sachs, Allianz und Deutsche Bank umfasst», sagte eine mit der Angelegenheit vertraute Person der Nachrichtenagentur Dow Jones Newswires. Ein Abschluss der Transaktion in den kommenden Wochen sei allerdings unwahrscheinlich, da weitere Prüfungen einige Zeit in Anspruch nähmen.

In der Debatte über die Sicherheit von Atomkraftwerken warf Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) einigen Bundesländern Verlogenheit vor. Diejenigen, die am lautesten nach einem Festhalten an der Atomenergie riefen, wie Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU), wollten kein Endlager für Atommüll in ihrem Bundesland. «Es gibt eine Menge Verlogenheit in der Debatte», sagte Gabriel. Es sei ein Skandal, dass Union und FDP öffentlich forderten, alte Atommeiler länger am Netz zu lassen und jüngere kürzer. Das diene nicht der Sicherheit, sondern den wirtschaftlichen Interessen der Atomwirtschaft.

CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla warf Gabriel vor, mit dem Thema Wahlkampf betreiben zu wollen. Vattenfall sei in der Pflicht, den «erheblichen Vertrauensverlust» wieder gutzumachen. Das AKW Krümel könne nur weiterlaufen, wenn die Sicherheitsvoraussetzungen gegeben seien. Zugleich bekräftigte Pofalla die Position der Union, die Kernenergie mit einer «vernünftigen Laufzeitverlängerung» als Brückentechnologie aufrechtzuerhalten. (ddp)