Erfurt. Der thüringische SPD-Chef Christoph Matschie hat einen anonymen Drohbrief mit einer Pistolen-Patrone erhalten. Das Landeskriminalamt hat nach der Morddrohung die Ermittlungen eingeleitet, geht aber nicht von einer ernsthaften Gefahr aus. Dennoch befindet sich Matschie in Personenschutz.
Nach der Entscheidung für eine Koalition mit der CDU und gegen ein Linksbündnis hat der thüringische SPD-Chef Christoph Matschie anonyme Morddrohungen erhalten. «Die Staatsanwaltschaft Erfurt ermittelt gegen Unbekannt», sagte Sprecher Hannes Grünseisen am Montag in Erfurt der Nachrichtenagentur AP. Nach einem Bericht der «Südthüringer Zeitung» wurde dem Politiker ein entsprechender Brief mit einer Patrone zugesandt. «Der Brief ist am Sonntag eingegangen. Wir ermitteln in alle Richtungen», sagte der Sprecher des Landeskriminalamtes, Uwe Geisler.
Ob und welche Maßnahmen zum Schutz des SPD-Politikers ergriffen wurden, wollte der Sprecher nicht sagen. Hierzu würden prinzipiell keine Auskünfte erteilte, sagte Geisler. Man gehe derzeit aber nicht von einer ernsthaften Bedrohung aus. Nach dem Täter werde intensiv gesucht. Das Schreiben soll an die Postadresse der Landtagsfraktion adressiert worden sein. Darin soll Bezug auf die Entscheidung der SPD-Führung genommen worden sein, Koalitionsgespräche mit der thüringischen CDU und nicht mit Linken und Grünen aufzunehmen.
Eine Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion lehnte eine Stellungnahme zu den Ereignissen ab. Der Landes- und Fraktionsvorsitzender Matschie sei zurzeit in Berlin. Er werde sich zu dem Drohbrief nicht äußern.
Basiskonferenz am Samstag in Erfurt
Nach der Entscheidung des thüringischen SPD-Landesvorstands für Koalitionsverhandlungen mit der CDU hatten die Parteilinken massiven Widerstand angekündigt. Unter anderem hatte sich der SPD-Chef im Unstrut-Hainich-Kreis, Walter Pilger, für einen Sonderparteitag ausgesprochen, der über den sofortigen Abbruch der Koalitionsverhandlungen für ein schwarz-rotes Bündnis votieren sollte.
Dagegen schlug Erfurts Oberbürgermeister Andreas Bausewein vor, am kommenden Samstag in Erfurt eine sogenannte Basiskonferenz durchzuführen, um ein Stimmungsbild aus den Kreisverbänden zu gewinnen. Dies wäre ein «schnellerer und besserer Weg», sagte Bausewein der in Erfurt erscheinenden Zeitung «Thüringer Allgemeine».
Bausewein befürchtet «Supergau»
Das Stimmungsbild müsse vor dem Parteitag gewonnen werden, der in etwa vier Wochen über einen möglichen Koalitionsvertrag entscheiden werde. Andernfalls drohe ein Supergau, sagte Bausewein. Nach seiner Ansicht tendiert die Stimmung in der SPD der Landeshauptstadt «ziemlich eindeutig in Richtung Rot-Rot-Grün».
Nach der Sitzung des SPD-Landesvorstandes in der vergangenen Woche, bei der sich eine Drei-Viertel-Mehrheit für eine Koalition mit der CDU ausgesprochen hatte, hatte Matschie angekündigt, gemeinsam mit dem Sondierungsteam in den Kreisverbänden die Gründe für die Entscheidung zu erläutern. Wenn der SPD ein guter Koalitionsvertrag gelinge, dann werde er auch eine Mehrheit auf dem Parteitag finden, sagte Matschie.
CDU warnt vor Scheitern der Koalitionsverhandlungen
Der Fraktionsvorsitzende der CDU im thüringischen Landtag, Mike Mohring, warnte die SPD davor, die Koalitionsverhandlungen scheitern zu lassen. Für den Fall, dass ein Parteitag der SPD den gemeinsamen Koalitionsvertrag ablehnen sollte, werde es Neuwahlen geben. «Die Alternative zur Nichtzustimmung wären Neuwahlen mit verheerendem Ausgang für die SPD», sagte Mohring der Tageszeitung «Die Welt»: «Das wäre katastrophal für die Volksparteiendemokratie.» Er halte sich zunächst an das Votum des SPD-Landesvorstands, der Koalitionsverhandlungen mit der CDU zugestimmt habe. Sie sollen am Mittwoch beginnen. (ap)