Erfurt. Mit einem Mitgliederentscheid wollen parteiinterne Gegner des thüringischen SPD-Landeschefs Christoph Matschie die laufenden Koalitionsverhandlungen mit der CDU stoppen. Auf einer turbulenten Basisversammlung starteten sie eine Unterschriftensammlung.

In Thüringens SPD suchen die Gegner der geplanten schwarz-roten Koalition die Machtprobe. Erfurts Oberbürgermeister Andreas Bausewein appellierte am Samstag auf einer SPD-Mitgliederversammlung in Erfurt an den Landesvorstand, die Debatte nochmals auf dem Parteitag auszutragen, der über die Koalition entscheiden soll. Seiner Meinung nach tendiert die Mehrheit in der SPD zu Rot-Rot-Grün. Die Nordhäuser SPD-Kreisvorsitzende Dagmar Becker schätzte, dass es mit 70 Prozent eine klare Tendenz für ein Bündnis mit Linken und Grünen gebe. Zudem wurden Unterschriften gesammelt, um die Koalitionsverhandlungen mit der CDU doch noch zu stoppen.

Matschie hält weiterhin am Zeitplan fest

SPD-Landeschef Christoph Matschie hält weiterhin an dem Zeitplan zur Bildung der schwarz-roten Koalition fest. Vor den rund 300 Anwesenden machte er noch einmal deutlich, warum die Sondierungsgespräche mit Linken und den Grünen gescheitert waren. Die Grünen seien während der gesamten Verhandlungen skeptisch geblieben, sagte Matschie. Er warf ihnen fehlende Ernsthaftigkeit bei einer Regierungsbildung vor. Die Linke wiederum habe sich «hinterhältig» verhalten. Matschie sagte: «Einziges Ziel von Ramelow war es, die SPD am Nasenring über die politische Bühne zu ziehen.»

Im Anschluss sagte Matschie: «Es gibt einen knallharten Machtkampf in der SPD und dieser wird mit einer Mehrheit auf dem Parteitag entschieden werden.» Er nehme die Sorgen der SPD-Mitglieder ernst, betonte er. Darum gebe es auch weitere Gespräche in den Kreisverbänden. Er fügte aber auch hinzu, dass die Veranstaltung am Samstag von den Kritikern organisiert worden sei. Sie sei «nicht wirklich repräsentativ» für die SPD-Basis.

Für ein von den Gegnern organisiertes Begehren hatten sich während der Veranstaltung über 200 Anwesende eingeschrieben. Damit soll ein Mitgliederentscheid zur Aufhebung der Koalitionsverhandlungen mit der CDU vor dem Parteitag erreicht und der Landesvorstand verpflichtet werden, Verhandlungen mit Linken und Grünen aufzunehmen. Für das Begehren wären 400 Stimmen erforderlich. Einem Vorabbericht des Magazins «Spiegel» zufolge lässt sich ein solcher Entscheid jedoch in der zur Verfügung stehenden Zeit nicht mehr umsetzen. Aufgrund rechtlicher Hürden könnte dieser bis zu drei Monate in Anspruch nehmen.

Lautstarker Protest

Zu Beginn der Konferenz gab es am Samstag lautstarken Protest. Neben den geladenen SPD-Mitgliedern waren unter anderem auch Vertreter von Bürgerinitiativen, Linken und Grünen gekommen. Den Organisatoren gelang es nicht, die Öffentlichkeit wie geplant auszuschließen.

Der SPD-Landesvorstand hatte vor eineinhalb Wochen mit Dreiviertel-Mehrheit beschlossen, Koalitionsverhandlungen mit der Union aufzunehmen. Mehrere SPD-Politiker kritisierten die Entscheidung und drohten mit einem Sonderparteitag und einem Mitgliederentscheid. Der frühere SPD-Innenminister Richard Dewes bezeichnete Matschie als «politischen Scharlatan». Der SPD-Landeschef erhielt zudem eine Morddrohung. (ddp/ap)