Halle. Mehrere Vorsitzende von SPD-Landesverbänden haben öffentlich vor einem Linksruck ihrer Partei gewarnt. So wendete sich der Thüringer Christoph Matschie gegen Koalitionen mit der Linken auf Bundesebene, seine Kollegen Florian Pronold (Bayern) und Hannelore Kraft (NRW) äußerten sich ähnlich.
Mehrere SPD-Landesvorsitzende haben ihre Partei vor einem Linksruck gewarnt. Thüringens SPD-Vorsitzender Christoph Matschie warnte seine Partei vor einem Linksruck und Bündnissen mit der Linkspartei auf Bundesebene. «Ein Linksruck hilft der SPD überhaupt nicht», sagte er der in Halle erscheinenden «Mitteldeutschen Zeitung» (Samstagausgabe). «Die SPD muss breit aufgestellt bleiben. Sie muss wirtschaftliche Vernunft und soziale Verantwortung miteinander verbinden. Die Linke ist im Bund überhaupt nicht koalitionsfähig. Sie macht Fundamentalopposition und ist außen- wie europapolitisch nicht ernst zu nehmen. So lange das so ist, kann die SPD im Bund keine Bündnisse mit der Linkspartei eingehen.»
Werben um die Parteimitglieder
Matschie verteidigte seinen Verzicht auf eine Linkskoalition in Erfurt: «Ich bin davon überzeugt, dass Erfolg oder Misserfolg der SPD nicht davon abhängen, in welcher Koalition sie ist, sondern davon, wie glaubwürdig und gut sie Politik macht«, sagte er. Eine Partei, die sich wie die Linke nicht entscheiden könne zwischen Fundamentalopposition und Regierungsverantwortung, könne nicht den Ministerpräsidenten stellen.
Nachdem sich drei Viertel des SPD-Landesvorstandes für eine Koalition mit der CDU ausgesprochen hätten, werde man «jetzt in den Kreisverbänden mit dem Sondierungsteam unterwegs sein und die Gründe erläutern», sagte der SPD-Landeschef. «Ich bin sicher, dass die Mitglieder rationalen Argumenten zugänglich sind. Ich kann verstehen, dass sich viele etwas anderes gewünscht haben. Aber in der Politik geht es nicht nur um Wünschbares, sondern auch um Machbares. Wenn uns ein guter Koalitionsvertrag gelingt, dann wird er eine Mehrheit auf dem Parteitag finden.»
Weitere Parteichefs stoßen ins gleiche Horn
Rückendeckung erhält Matschie von weiteren SPD-Landeschefs. Der Vorsitzende der bayerischen SPD, Florian Pronold, forderte, dass sich die Linke auf die SPD zubewege. Sollte Rot-Rot-Grün «irgendwann Realität werden», müsse sich nicht die SPD verändern, sondern die Linke, sagte Pronold der «Passauer Neuen Presse».
Die nordrhein-westfälische Vorsitzende Hannelore Kraft warnte ihre Partei davor, nach dem Wahldebakel überstürzt ihre Politik in Frage zu stellen. Sich jetzt «im Handstreich» von elf Jahren Regierungsverantwortung zu distanzieren, sei unsinnig, sagte sie dem Magazin «Focus». Die Agenda 2010 und die Rente «pauschal über Bord zu werfen», helfe nicht weiter. «So gewinnt man keine Glaubwürdigkeit zurück, mahnte Kraft.
Dreßler ruft zu Offenheit nach links auf
Der frühere Chef des SPD-Arbeitnehmerflügels Rudolf Dreßler hat seine Partei aufgefordert, sich auf ein mögliches Bündnis mit den Linken einzustellen. »Die SPD muss endlich anerkennen, dass sie nicht mehr den Alleinvertretungsanspruch für die politische Linke hat«, sagte Dreßler der in Bielefeld erscheinenden Tageszeitung »Neue Westfälische« (Samstagausgabe). »Es gibt für die SPD nur eine strategische Möglichkeit: Sie muss sich in Richtung rot-rot-grün bewegen«, so der frühere deutsche Botschafter in Israel. Dreßler rief die SPD auf, ihre Fehler zu erkennen: »Ich nenne nur als Stichwort die Agenda 2010". (afp/ddp)