Berlin. Rund 25.000 Menschen haben in Berlin für mehr Datenschutz und weniger Überwachung demonstriert. Datenschutzbeauftragte und Menschenrechtsaktivisten warfen der Bundesregierung unter anderem «Überwachungswahn» vor.

In Berlin haben am Samstag nach Veranstalterangaben rund 25.000 Menschen gegen die ihrer Ansicht nach ausufernde Überwachung durch die Wirtschaft und den Staat demonstriert. Die Protestveranstaltung stand unter dem Motto «Freiheit statt Angst - Stoppt den Überwachungswahn». Für Millionen Bürger könne dieses Thema bei der Bundestagswahl entscheidend sein, sagte ein Sprecher der Veranstalter, die die Demonstration als «vollen Erfolg» werteten. Viele Politiker hätten noch nicht begriffen, dass das Thema in der Mitte der Gesellschaft angekommen sei.

Aufgerufen zu dem Berliner Aufzug hatte der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung. Unterstützt wurde der Aufruf der Bürgerrechtler von einem Bündnis aus 167 Organisationen, darunter Parteien, Gewerkschaften, Berufsverbände sowie Attac und der Chaos Computer Club. Ihr Protest richtet sich unter anderem gegen das Gesetz über Internetsperren sowie die Vorratsdatenspeicherung.

Der Demonstrationszug begann am Potsdamer Platz und zog in einem Rundkurs durch die Innenstadt. Teilnehmer skandierten unter anderem «Einmal in der EDV - kennt Deine Daten jede Sau» oder «Daten auf Vorrat - Täter auf Abruf». Zwischenfälle gab es nach Angaben einer Sprecherin nur sehr wenige, es seien einige Teilnehmer zeitweise wegen Verstoßes gegen das Versammlungsrecht in Gewahrsam genommen worden. Ansonsten sei es «weitestgehend ruhig» gewesen.

Bsirske kritisiert fehlendes Unrechtsbewusstsein

Der Vorsitzende der Gewerkschaft Verdi, Frank Bsirske, sagte, Überwachung und Bespitzelung seien für die Arbeitnehmer inzwischen Wirklichkeit geworden. In Staat, Wirtschaft und Arbeitswelt sei der «Kontrollwahn» ausgebrochen. In vielen Vorstandsetagen fehle jegliches Unrechtsbewusstsein, kritisierte der Gewerkschaftschef und nannte unter anderem die Unternehmen Lidl, Schlecker, Deutsche Telekom und Deutsche Bahn. Auch Journalisten und Gewerkschafter würden überwacht. Es könne nicht zugelassen werden, dass «Bürgerrechte mit Füßen getreten» werden. Nachhilfe in Sachen Datenschutz brauche offensichtlich auch der Staat, der eigentlich die Standards vorgeben müsste, fügte Bsirske hinzu.

Der Datenschutzbeauftragter von Schleswig-Holstein, Thilo Weichert, sagte, Ordnungsbehörden und Strafverfolger müssten professionell gegen Wirtschaftskriminelle, Kinderpornografen und Gewalttätige, die das Netz für ihre asozialen Ziele missbrauchen, eingesetzt werden. «Für die Bevölkerung benötigen wir Informations- und Meinungsfreiheit, nicht Totalkontrolle», betonte der Datenschützer.

Die Demonstration war nach Veranstalterangaben Teil eines internationalen Aktionstages, an dem weltweit Proteste stattfinden sollten. (ddp/afp)