Dortmund. Am Donnerstag soll im Bundestag eine Entscheidung über ein mögliches Gesetz zu Patientenverfügungen fallen. Vorab fordert die Deutsche Hospiz Stiftung ein Ende des Chaos: "Jeder macht, was er will". Gesetzliche Regeln seien dringend nötig.
Die Deutsche Hospiz Stiftung fordert eindringlich eine Einigung auf eine gesetzliche Regelung für Patientenverfügungen im Bundestag. Derzeit gebe es einen gefährlichen «Wildwuchs» in der Interpretation des Patientenwillens, sagte Stiftungsvorstand Eugen Brysch im Interview mit der Nachrichtenagentur ddp in Dortmund. «Jeder macht, was er will», betonte er. Das müsse ein Ende haben. Gesetzliche Regeln seien «mehr als dringend nötig».
Der Bundestag wollte am Donnerstag über ein mögliches Gesetz zu Patientenverfügungen entscheiden. Ob es eine Mehrheit für einen der drei vorgelegten fraktionsübergreifenden Gesetzentwürfe geben werde, war bis zuletzt unklar. In einer Patientenverfügung legen Menschen vorab fest, welche medizinischen Behandlungen sie wünschen oder ablehnen, wenn sie sich infolge eines Unfalls oder einer Krankheit nicht mehr äußern können.
Konkrete Ausformulierung
Es gebe an allen Modellen etwas auszusetzen, sagte Brysch, «aber alle drei Entwürfe sind besser als die jetzige Lage.» Viele Fragen seien bislang «vollkommen ungeklärt» - etwa, ob eine Patientenverfügung schriftlich oder mündlich vorliegen müsse, wie oft sie zu erneuern sei oder wie konkret die Ausformulierung lauten müsse. Den jahrelangen Streit um ein mögliches Gesetz im Bundestag kritisierte Brysch nicht. Er betonte: «Es zeugt eher von der Würde des Parlaments, dass man so intensiv darum gerungen hat.»
Brysch beanstandete jedoch, die öffentliche Diskussion um Patientenverfügungen gehe an der Praxis vorbei. Der Fokus liege in der Debatte immer auf den letzten Stunden des Lebens und auf dem Abbruch lebensverlängernder Maßnahmen. «Dabei spielt sich das Thema eigentlich nicht auf der Intensivstation ab, sondern in Pflegeheimen», sagte er. Wachkoma-Patienten seien nur selten betroffen. Vielmehr sei das Thema vor allem für demenziell Erkrankte oder Schlaganfall-Patienten von Bedeutung, die über Jahre zu pflegen seien, sich aber nicht mehr äußern könnten. So könne in Patientenverfügungen vieles geregelt werden, um die Lebensqualität in solchen Fällen zu erhöhen - zum Beispiel durch die Forderung nach einer optimalen Schmerztherapie oder Sterbebegleitung.
Bundesärztekammer kritisiert Entwürfe
Die Bundesärztekammer kritisiert die vorliegenden Entwürfe für eine Patientenverfügung. Ärztekammerpräsident Jörg-Dietrich Hoppe sagte am Donnerstag im Deutschlandfunk, er befürworte Patientenverfügungen und sei nicht prinzipiell gegen ein Gesetz. Die Kammer wolle aber keine juristische Einmischung in die Patient-Arzt-Beziehung. Die vielen individuellen Situationen von Schwerkranken seien gesetzlich nicht regelbar. Die Meinung der Patienten ändere sich oft, wenn sie tatsächlich selbst in eine «lebensbedrohliche Situation» gekommen seien, fügte er hinzu. Die aktuelle Situation müsse ganz im Vordergrund stehen. Hoppe plädierte dafür, dass Thema in der neuen Legislaturperiode noch einmal aufzuarbeiten. (ddp)