Kassel. Nach langjähriger Diskussion will der Bundestag am Donnerstag über vier Anträge zur Patientenverfügung beraten. Dabei handelt es sich um drei Entwürfe für ein Patientenverfügungsgesetz, sowie den Antrag, ganz auf ein Gesetz zu verzichten. Ein Überblick.
Patientenverfügung
Auch bei medizinischen Behandlungen gilt das Selbstbestimmungsrecht. Patienten müssen daher für jeden Eingriff ihre Einwilligung geben, auch wenn er lebenserhaltend ist. Menschen, die schwer krank oder gar bewusstlos sind, ist dies häufig nicht mehr möglich. Eine schriftliche Patientenverfügung soll daher dem Selbstbestimmungsrecht auch in diesen Fällen Geltung verschaffen. Patienten können darin erklären, wie sie behandelt werden wollen und ob und gegebenenfalls wann eine Behandlung abgebrochen werden soll.
Handlungsbedarf
Etwa acht Millionen Patientenverfügungen soll es bereits geben. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind sie in vielen Fällen schon jetzt verbindlich, eine Behandlung gegen den Willen des Patienten gilt als Körperverletzung. Der CDU-Abgeordnete Hubert Hüppe will deshalb ganz auf ein Gesetz verzichten. In der Praxis gibt es allerdings häufig Streit und Probleme, eine Patientenverfügung gegenüber Ärzten und Heimen auch durchzusetzen.
Gesetzentwürfe
Der Entwurf einer Gruppe um den Vorsitzenden der SPD-Arbeitsgruppe Recht, Joachim Stünker, setzt auf eine Patientenverfügung, die für die Ärzte verpflichtend ist. Der Entwurf mehrerer Abgeordneter um den Unions-Fraktionsvize Wolfgang Zöller (CSU) und den stellvertretenden Vorsitzenden des Gesundheitsausschusses, Hans Georg Faust (CDU), setzt geringfügige, ein weiterer Vorschlag einer Gruppe um den stellvertretenden Unions-Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Bosbach (CDU) und den SPD-Abgeordneten René Röspel deutlichere Hürden bei der Erfüllung des Patientenwunsches.
Aktive Sterbehilfe
Patientenverfügungen, die bei bestimmten Krankheiten eine aktive Sterbehilfe verlangen, sind nach allen drei Entwürfen wie auch nach bisherigem Recht unwirksam.
Tödliche Krankheiten
Bei Krankheiten, die unumkehrbar tödlich verlaufen, soll eine Patientenverfügung nach allen drei Entwürfen immer gelten. Nach Bosbach/Röspel sollen lebenserhaltende Maßnahmen allerdings nur beendet werden können, wenn das Vormundschaftsgericht zugestimmt hat. Die Gruppen Stünker und Zöller/Faust halten dies nur für notwendig, wenn die Patientenverfügung nicht eindeutig ist und sich beispielsweise Arzt und Betreuer nicht einig sind.
Nicht tödliche Krankheiten
Auch hier lehnen manche Patienten bestimmte Heilmethoden ab. Andere wollen lieber sterben, als lebenslang mit schweren Einschränkungen oder medizinischen Geräten leben zu müssen. Nach den Entwürfen Stünker und Zöller/Faust sind auch solche Wünsche immer zu beachten. Im deutlichen Gegensatz dazu stellt der Entwurf Bosbach/Röspel mehrere Erfordernisse auf: Bei nicht tödlichen Krankheiten soll ein Abbruch der Beatmung oder Ernährung nur angeordnet werden können, wenn die Patientenverfügung nicht älter als fünf Jahre ist, und wenn der Patient vorher umfassend rechtlich und medizinisch beraten wurde.
Mutmaßlicher Wille
Auch eine ausführliche Patientenverfügung kann nicht alle Krankheiten und Krankheitsverläufe vorab erfassen. Sie kann dann aber helfen, den «mutmaßlichen Willen» zu bestimmen. Nach den Entwürfen Stünker sowie Zöller/Faust kommt dem mutmaßlichen Willen die gleiche Bedeutung bei, wie dem ausdrücklich erklärten Willen. Unterschiede zwischen beiden Entwürfen gibt es jedoch bei der Frage, wie der mutmaßliche Wille geprüft werden soll. Dagegen will die Gruppe Bosbach/Röspel den Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen auf Grund des mutmaßlichen Willens nur bei unumkehrbar tödlichen Krankheiten zulassen, was die Anwendbarkeit der Patientenverfügungen erheblich beschränkt. (afp)