Bremen. . Radio Bremens Hausregisseur Florian Baxmeyer hat eine Vorliebe für Mafia-Themen. Bei seiner Episode „Brüder“ stand ein krimineller Orient-Clan im Mittelpunkt. Sein aktueller Fall „Alle meine Jungs“ zeigt eine Müllmänner-Gang, die aus Ex-Knackis besteht.
Mafia-Filme, so scheint es, haben es Florian Baxmeyer besonders angetan. Der Hausregisseur der Bremer „Tatort“-Fälle verweist mit „Alle meine Jungs“ (Sonntag, ARD, 20.15 Uhr) nicht nur ausdrücklich auf den Kino-Klassiker „Good Fellas“, er beschäftigt sich zum zweiten Mal hintereinander mit organisierter Kriminalität. Nachdem sich die Episode „Brüder“ mit einem Orient-Clan auseinandersetzte, steht diesmal die Müll-Mafia im Mittelpunkt – mit einem ganz besonderen Dreh.
Der Pate, das dämmert dem Bremer Polizei-Duo Lürsen (Sabine Postel) und Stedefreund (Oliver Mommsen) schnell, ist ausgerechnet ein Bewährungshelfer (Roeland Wiesnekker). Er hat nicht weniger als 83 Ex-Knackis in der privaten Müllentsorgung der Hansestadt untergebracht.
Das Drehbuch-Trio Erol Yesilkaya, Boris Dennulat und Matthias Tuchmann macht in der Folge zu Sabine Postels 60. Geburtstag eine Parallelgesellschaft eigener Art sichtbar. Die ebenso schweren wie starken Jungs leben mit ihren Familien in einer Straße. Mehr noch: Sie haben sogar Eigentum.
Die Truppe in Orange sieht schnell rot
Genau das ist der Punkt, der Lürsen und Stedefreund misstrauisch macht. Dass sich Unternehmenschef Abel (Patrick von Blume) öffentlich als Saubermann preist, der ehemaligen Häftlingen eine zweite Chance gibt und das Ganze als „Bremer Modell“ feiert, trägt nicht eben zur Beruhigung der beiden Fahnder bei. Lürsen und Stedefreund ahnen, dass das Projekt auf schmutzigen Geschäften beruht. Dabei spielt der Boss der Müllverbrennung (Bernd Stegemann) eine trübe Rolle.
Auch interessant
Trist ist auch das Leben im Müllmänner-Kiez. Die Truppe in Orange sieht schnell rot, wenn jemand nicht spurt. Da wird der Pate ungnädig. Sein Capo (Hendrik Arnst) und dessen Corona kehren mit dem sprichwörtlich eisernen Besen.
Auch vor Mord schrecken sie nicht zurück, um die Gang am Leben zu erhalten. Diese Art von Macht-Spielen ist ein gängiges Klischee, um das Funktionieren einer streng hierarchischen Truppe voller Schlicht-Gemüter darzustellen.
Roeland Wiesnekker als schillernder Schurke
All das ist so offensichtlich konstruiert, so offensichtlich pure Kolportage, als wollten Baxmeyer und seine Drehbuch-Autoren das Genre Mafia-Film parodieren. Doch wenn es ein Versuch war – er scheitert. Denn der Film hat weder satirischen Biss noch das Augenzwinkern, das Genre-Regeln überzeichnet, damit sie vom breiten Publikum bemerkt werden können. Dazu kommt eine Dramaturgie, die einen gaaaaanz langen Anlauf nimmt.
TatortDoch Teile des Krimis sind besser als das Ganze. Das liegt vor allem an Episoden-Star Roeland Wiesnekker, der im deutschen Fernsehen als Finsterling vom Dienst besetzt wird. Der Mime mit dem Neun-Tage-Bart spielt einen schillernden Schurken, der sich „Papa“ nennen lässt. Er bedient auf eine verstörende Art die Sehnsucht seiner Jungs nach einer intakten Familie. Er wirkt, stets lächelnd, wie ein gefallener Engel.
Auch „Papas“ rechte Hand überzeugt. Hendrik Arnst mimt den Knacki, der schließlich dort landet, wo er nie wieder hin wollte: im Gefängnis. Als viel schlimmer als die Haftstrafe erweist sich schließlich die Diagnose, dass er an einer schlimmen Krebsart leidet. Kein Wunder, dass ihn und seine Frau (Maria Hartmann) die pure Verzweiflung packt. Nur wer aus Stein ist, leidet nicht mit.