Essen. Trennt sich ein Paar, teilt es nach dem neuen Scheidungsrecht neben den Sach- und Vermögenswerten auch Ansprüche auf betriebliche oder private Renten. Damit könnten längst geschiedene Männer Anspruch auf Teile der geplanten Mütterrente haben. Auf Familiengerichte könnte nun viel Arbeit zukommen.
Sandra Teschke (Name geändert) macht sich über ihre finanzielle Lage im Alter wenig Illusionen. „Es gibt nur eine Armutsrente“, weiß die 46-Jährige.
Die alleinerziehende Mutter von zwei Kindern hatte vor der Hochzeit in einem Ehevertrag dem Verzicht auf den Versorgungsausgleich bei der Trennung zugestimmt. Das war seinerzeit noch erlaubt und gilt erst seit einigen Jahren als sittenwidrig. Demzufolge brachte ihr die achtjährige Ehe keinen Rentenanspruch ein. Anschließend arbeitete die Krankenschwester zunächst nur in Teilzeit, weil die Kinder noch klein waren. Auch in dieser Phase sammelten sich kaum Entgeltpunkte für die gesetzliche Rente an. Nun prognostiziert ihr Bescheid über das zu erwartende Ruhegeld deutlich weniger als 1000 Euro pro Monat – trotz wieder aufgenommener Vollzeitarbeit. Es bliebe ihr nur der Weg zu Gericht, um den heute als sittenwidrig eingestuften Ausschluss anzufechten. Das ist möglich, hängt jedoch von den Umständen jedes Einzelfalls ab.
Ewige Versorgung durch Ex-Mann gehört zur Vergangenheit
In Armut landen auch manche geschiedene Frauen, die sich nicht rechtzeitig um eine eigene Altersvorsorge gekümmert oder sich auf das alte Unterhaltsrecht aus den Jahren vor 2008 verlassen haben. Die ewige Versorgung durch den Ex-Mann gehört seither der Vergangenheit an. Auch der Lebensstandard muss nicht durch Unterhaltszahlungen erhalten werden. Das entschied der Bundesgerichtshof. Wenn die Voraussetzungen für die regelmäßigen Zahlungen des früheren Partners nicht mehr gegeben sind, kann sie auch nach langer Zeit eingestellt werden.
Ein wichtiger Zeitpunkt ist der Beginn des Ruhestands. „Die Rechtsprechung geht davon aus, dass die ehebedingten Nachteile hier enden“, erläutert der Duisburger Familienrechtsexperte Jörn Hauß. Da die Unterhaltszahlungen finanzielle Nachteile aus der gemeinsamen Ehezeit ausgleichen sollen, entfällt dieser Anspruch im Rentenalter. Die obersten Richter halten den Versorgungsausgleich bei einer Scheidung in der Regel für einen ausreichenden Ausgleich der finanziellen Schlechterstellung während der gemeinsamen Zeit.
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In Einzelfällen besteht die Unterhaltspflicht jedoch weiter. Rechtsanwalt Hauß nennt als Beispiel ein Paar, bei dem der Gatte als Selbstständiger ein Vermögen aufgebaut, aber keinen Cent in die Rentenkasse eingezahlt hat. Bei einer vereinbarten Gütertrennung bleibt der Ehefrau nach der Scheidung nichts übrig. Dafür hat sie als Ausgleich das Recht auf Unterhaltszahlungen.
Neues Scheidungsrecht stellt Eigenverantwortung in den Mittelpunkt
Die Zeiten, in denen eine Trauung vor allem für Frauen auch einer lebenslänglichen Versorgung gleichkam, sind endgültig vorbei. Denn das neue Scheidungsrecht stellt die Eigenverantwortung der Ex-Eheleute in den Mittelpunkt. Trennt sich ein Ehepaar, teilt es auch die Ansprüche an die gesetzliche Rentenkasse. Die Ex-Partner gleichen Rentenpunkte aus, die sie in den gemeinsamen Jahren erworben haben. Anders gesagt: Beide sind sozusagen gleichermaßen für ihr materielles Wohl nach der Trennung verantwortlich.
Diese Gleichberechtigung spiegelt sich auch in der jetzt geplanten Regelung zur Mütterrente wider. Davon können auch die längst geschiedenen Väter profitieren.
Versorgungsausgleich ändern
Doch dafür müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Zum einen muss der so genannte Ausgleichswert um fünf Prozent überschritten werden. Dieser Wert ist leicht zu ermitteln. Er geht aus der gerichtlichen Entscheidung über den Versorgungsausgleich hervor. Das Gericht stellt die in der Ehe erworbene Versorgung fest. „Die Hälfte davon entspricht dem Ausgleichswert“, erklärt der Fachmann. Zum zweiten lohnt sich der Gedanke an eine Neuberechnung des Versorgungsausgleichs erst bei zwei oder mehr vor 1992 geborenen Kindern.
Die meisten Betroffenen haben noch genügend Zeit, bei den Familiengerichten einen abgeänderten Versorgungsausgleich zu beantragen. Das ist bis zu sechs Monaten vor dem Renteneintritt eines der Partner möglich.