Nürnberg. Der seit sieben Jahren gegen seinen Willen in der Psychiatrie untergebrachte Gustl Mollath ist wieder frei. Das entschied am Dienstag das Oberlandesgericht Nürnberg. Das Gericht beschloss zuvor die Wiederaufnahme des Prozesses gegen Mollath. Als Konsequenz daraus müsse dieser freigelassen werden.

Spektakuläre Wende im Fall Gustl Mollath: Der seit sieben Jahren in der Psychiatrie eingesperrte 56-Jährige ist frei, das Strafverfahren gegen ihn wird wieder aufgenommen. Das hat das Oberlandesgericht Nürnberg am Dienstag angeordnet.

In Begleitung von Freuden verließ Mollath am Abend die Psychiatrische Klinik in Bayreuth - in den Armen lediglich ein paar Topfpflanzen. Auf Fragen von Journalisten sagte er: "Es war heute eigentlich nur Stress. Ich habe noch nicht viel Zeit gehabt nachzudenken." Jetzt müsse er zunächst Wichtiges regeln: "Ich habe nicht einmal einen Ausweis."

Mollath, dessen Nürnberger Haus nach seiner Einweisung zwangsversteigert worden war, soll zunächst bei Freunden unterkommen. Wo ihn seine Freunde hinbringen wollten, wisse er selbst nicht, sagte er bei seiner Entlassung.

Gemeingefährlich - oder Opfer eines Komplotts?

Mollath war 2006 als gemeingefährlich in die Psychiatrie eingewiesen worden. Unter anderem soll er seine Frau misshandelt und Autoreifen zerstochen haben.

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Mollath sieht sich dagegen als Opfer eines Komplotts seiner früheren Ehefrau und der Justiz, weil er auf Schwarzgeldgeschäfte in Millionenhöhe hingewiesen habe. Mollath hatte seine Frau, eine Vermögensberaterin bei einer Bank, und andere 2003 wegen unsauberer Geschäfte angezeigt. Die Vorwürfe wurden nicht weiterverfolgt, erwiesen sich später aber teilweise als zutreffend.

Fall hatte über Bayern hinaus für Empörung gesorgt

Mit der Entscheidung hob der 1. Strafsenat des OLG Nürnberg ein Urteil des Landgerichts Regensburg auf. Dieses hatte erst am 24. Juli 2013 die Wiederaufnahmeanträge von Staatsanwaltschaft und Verteidigung als unzulässig verworfen. Gleichzeitig ordnete der Nürnberger OLG-Senat eine neue Hauptverhandlung an und verwies das Verfahren an eine andere Kammer des Landgerichts Regensburg.

Die Fall Mollath hatte über Bayern hinaus für heftige Empörung gesorgt, Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) war zeitweise politisch schwer unter Druck geraten. Ende 2012 hatte sie dann selbst einen Wiederaufnahmeantrag wegen möglicher Befangenheit eines Richters angeordnet.

Ministerpräsident Seehofer zufrieden mit der Entscheidung

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) zeigte sich zufrieden mit der Entscheidung des Gerichts. Jetzt müsse ein faires und objektives Wiederaufnahmeverfahren gewährleistet werden, sagte er.

Merk erklärte: "Die Justiz hat nun Gelegenheit, in einem weiteren öffentlichen Verfahren zu klären, ob Herr Mollath zu recht untergebracht ist oder nicht - und damit auch die Zweifel, die viele Menschen an dieser Entscheidung haben."

Richter hatten Zweifel an ärztlichem Attest von 2002

Der bayerische SPD-Spitzenkandidat Christian Ude betonte: "Damit wird ein langjähriger bayerischer Justizalptraum beendet, der Ansehen der Justiz beschädigt und viel Unbehagen und Misstrauen aufgetürmt hatte." Mollath-Anwalt Gerhard Strate sagte der dpa: "Damit ist in Bayern wieder der Rechtsstaat hergestellt."

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Die Nürnberger Richter begründeten ihre Entscheidung mit Zweifeln an einem ärztlichen Attest vom Juni 2002, in dem eine Nürnberger Arztpraxis Mollaths damaliger Ehefrau Verletzungen nach den angeblichen körperlichen Misshandlungen bescheinigt hatte. Auf dem Attest hatte im Wesentlichen der Vorwurf gefußt, Mollath habe seine damals bei der HypoVereinsbank beschäftigte Ehefrau im Streit um angebliche Schwarzgeldgeschäft geprügelt.

Das OLG Nürnberg betonte in seiner Entscheidung, das Attest sei zwar von einem Weiterbildungsassistenten ausgestellt worden, der auch Frau Mollath persönlich untersucht habe. Genannt werde in dem Attest aber der Name der Praxisinhaberin, die selbst Frau Mollath damals gar nicht behandelt habe. Dadurch vermittle das Attest den Eindruck, das Dokument gebe "die Feststellungen der Praxsinhaberin" wieder. Bei dem Weiterbildungsassisten hatte es sich um den Sohn von Frau Mollaths damaliger Hausärztin gehandelt. (dpa)