Dortmund/Essen. . Bis zu 20 000 deutsche Schüler und noch mehr Auszubildende oder Studenten lernen, arbeiten oder reisen ins Ausland. Wir erklären, worauf sie bei Au-pair-Aufenthalten, Work-and-Travel-Trips oder Sprachreisen achten müssen.

Leandra Tiefensee will mal weg von Zuhause. Nicht für immer, vielleicht nicht mal für ein Jahr. „Das wär’ mir zu viel“, sagt die 15-Jährige, aber fest geplant ist der Auszug auf Zeit trotzdem. Am liebsten im ersten Halbjahr der zehnten Klasse, lernen an einer Schule im Ausland. Nur wo, das hat sie noch nicht entschieden: „Entweder in Frankreich oder in einem englischsprachigen Land.“

Wie Leandra geht es vielen jungen Leuten. Jedes Jahr verbringen bis zu 20 000 deutsche Schüler mindestens drei Monate ihrer Schulzeit im Ausland, Tausende weitere zieht es nach dem Abitur in die Ferne – zum Arbeiten und Reisen nach Australien, als Au-pair nach Großbritannien oder zum Freiwilligendienst nach Südamerika.

War es vor 20 Jahren noch eher unüblich, als Jugendlicher längere Zeit im Ausland zu verbringen, bereisen Schüler, Auszubildende und Studenten heute wie selbstverständlich fremde Kontinente. Entsprechend groß ist mittlerweile die Bandbreite an Austausch-Organisationen, Sprachschulen und Reisevermittlern – und entsprechend schwierig ist es, sich für eine Organisation und Reiseart zu entscheiden. Auf der Austausch-Messe der Deutschen Stiftung für Völkerverständigung in Dortmund bekamen Schüler wie Leandra Antworten auf die drängendsten Fragen.

Welcher Auslandsaufenthalt ist der richtige für mich?

Dauer: Wer nur wenige Wochen oder Monate ins Ausland gehen möchte, ist mit Sprachkursen, Praktika und Workcamps gut beraten. Ein Freiwilliges Soziales Jahr oder die Arbeit als Au-pair dauern hingegen mindestens sechs Monate.

Sprache lernen: Wer Wert darauf legt, seine Sprachkenntnisse zu verbessern, sollte darauf achten, dass der Aufenthalt einen Sprachkurs beinhaltet. Möglich ist das zum Beispiel bei einer neuen Variante des Au-pair-Programms, dem Demi-pair. Dabei betreuen die Teilnehmer halbtags die Kinder der Gastfamilie und besuchen am Vor- oder Nachmittag eine Sprachschule.

Zweck des Aufenthalts: Wem vor allem daran gelegen ist, ein Land zu bereisen, für den kommen sogenannte Work-und-Travel-Angebote infrage, bei denen man mit Gelegenheitsjobs Geld verdient. Wer hingegen das Alltagsleben kennen lernen möchte, ist beim Schüleraustausch in einer Gastfamilie gut aufgehoben.

Wo soll es hingehen?

Besonders gefragt sind englischsprachige Länder, allen voran die USA. Bei manchen Programmen kann es daher schwierig werden, einen Platz zu bekommen. Beim deutschen Youth for Understanding Komitee (YFU), das seit 1957 internationale Jugendaustausche organisiert, kommen auf einen Platz in Australien, Kanada und Neuseeland bis zu 50 Bewerber. Deutlich besser seien die Chancen hingegen in Mittel-, Ost- und Südosteuropa.

Auch die Sprache des Gastlandes kann den Ausschlag geben: So rät Gaëlle Cousin vom Institut français in Düsseldorf dazu, eine Sprache zu lernen, die nicht jeder spricht: „Man muss sich mit Blick auf die Berufsaussichten unterscheiden.“

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Von Von Anna Hückelheim

Wie frühzeitig sollte man sich kümmern?

Man sollte mit einer Vorlaufzeit von einem halben bis zu einem Jahr rechnen.

Gibt es Hilfe bei der Finanzierung?

Für Schüleraustausche gibt es Stipendien. YFU zum Beispiel vergibt jedes Jahr bis zu 300 Teilstipendien, die sich nicht nach den Schulnoten, sondern dem finanziellen Bedarf richten. Weiter gibt es Vollstipendien für Aufenthalte in Osteuropa und verschiedene Sonderstipendien, unter anderem für Schüler bestimmter Regionen, Schulformen oder für Jugendliche mit Migrationshintergrund. Austauschstipendien für das Schuljahr 2013/2014 gibt es auch von der Deutschen Stiftung für Völkerverständigung. Eine Voraussetzung für die Förderung in Höhe von 2000 Euro ist die Zusage für einen Programmplatz und ehrenamtliches Engagement. Eine weitere Finanzierungsmöglichkeit ist das Auslands-Bafög für Schüler oder Studenten, die ein Auslandssemester planen. Es muss nicht zurückgezahlt werden.

Warum soll ich überhaupt ins Ausland gehen?

„Weil es eine einmalige Erfahrung ist, die einem sowohl fürs Privatleben als auch für den Beruf nützt“, sagt Michael Eckstein, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Stiftung für Völkerverständigung. Fragt man Schüler, die bereits im Ausland waren, klingt die Antwort ähnlich. „Ich war fünf Monate in Kanada“, sagt Bastian Bullmann (19), „und bin dadurch deutlich reifer geworden. Man muss viele ungewohnte Situationen alleine lösen und kann nicht mal eben die Eltern fragen.“

Gemischte Gefühle

Wohl auch deshalb hat Susanne Tiefensee, Leandras Mutter, noch Bedenken, die Tochter alleine in die Welt zu schicken. „Ich finde es total klasse, dass sie so mutig und neugierig ist, aber als Mutter ist es doch schwierig loszulassen“, sagt sie. Und auch die 15-jährige Tochter hat gemischte Gefühle: „Klar ist man weit weg, aber es ist auch eine schöne Anerkennung für einen selbst, wenn man’s dann geschafft hat.“