Herne. . Die Herner Schülerin Tabea Grossek lebte vier Wochen auf dem Kontinent der Koalas und Kängurus. Die internationale Organisation Lions Club ermöglichte ihr die Reise.

Der Laptop und das Fotoalbum liegen auf dem Gartentisch bereit – beide voller in Farbe festgehaltener Erlebnisse. Tabea Grossek lächelt bei den vielen Erinnerungen an ihre Zeit im australischen Outback und weiß gar nicht, wovon sie alles berichten soll. Nur eins steht für die 18-Jährige schon jetzt fest: Ihr letzter Besuch auf dem Kontinent der Koalas und Kängurus war das nicht.

Fast den gesamten Juli verbrachte die Schülerin in Australien, aber nicht in irgendeinem Hotel in Küstennähe als Urlauber. Drei Wochen lebte sie bei einer Gastfamilie im Outback und verbrachte die letzten sieben Tage in einem Surf-Camp in der Nähe von Brisbane – organisiert durch den Lions Club. Eine internationale Organisation, die sich unter anderem weltweit für ein besseres Verständnis der Menschen untereinander einsetzt und deswegen jedes Jahr Austauschprogramme für Jugendliche anbietet. Die Länderauswahl dabei ist groß: Neben europäischen Gastländern, können Interessierte einige Wochen in den USA, Kanada, Mexiko oder Japan verbringen.

Leben im Outback statt an der Küste

Tabea entschied sich für Australien: Sie wollte „so weit weg wie möglich“, sagt die 18-Jährige und lacht. Bereut hat sie ihre Entscheidung nicht, auch wenn sie zunächst etwas enttäuscht war: „Ein Großteil der Menschen in Australien lebt an der Küste und ich hatte mich darauf eingestellt, dorthin zu kommen.“ Doch ihre Gastfamilie wohnt im Outback – dem eher dürftig besiedelten Landesinneren Australiens. „Ich dachte, es würde dort langweilig werden.“ Schließlich ist Winton, Queensland, eher ein Dörfchen und so weit von der nächsten Stadt entfernt, dass jüngere Kinder zu Hause unterrichtet werden.

Doch Tabeas Befürchtungen stellten sich als völlig unbegründet heraus. „Es war toll und sah genau so aus, wie ich es mir vorgestellt hatte.“ Rote Erde, vertrocknete Büsche, Nutztiere im Garten, Cowboyhüte – „eine Mischung aus Afrika und Texas“. Zudem gab sich ihre Gastfamilie viel Mühe, Tabea und ihre italienische Gastschwester Alesandra zu unterhalten. „Sie waren mit Herz und Seele dabei“, erzählt die Schülerin. Sie glaubt, das liege vor allem daran, dass die Gastfamilien kein Geld für ihren Einsatz bekommen, sondern sich freiwillig melden und die ausländischen Jugendlichen wirklich bei sich haben wollen. „Das war eine super Erfahrung und ich kann das Programm nur empfehlen.“

Zwischen harter Arbeit und alltäglicher Faulheit

Tabea ermöglichte es zumindest einen Blick in eine ganz andere Welt: Sie lernte Motorradfahren, streichelte Koalas und Krokodile im Koalapark, durfte bei einem Kuhtransport mitmachen, half im kleinen Baumarkt der Familie aus und schnorchelte im Great Barrier Reef. Einen Tag lang durfte sie auch auf der Farm von Freunden helfen, die Schafe zu scheren. Während die professionellen Arbeiter aber lediglich zwei Minuten pro Tier benötigten, brauchte Tabea allein für eine halbe Pobacke schon zehn Minuten. Sie brach den Versuch schließlich ab: „Ich hätte noch den ganzen Tag dafür gebraucht.“

Doch natürlich gab es trotz allem auch Situationen und Eigenheiten der Australier, die Tabea überraschten und störten, so wie die Faulheit der Menschen im Outback. „Für jede Strecke und sind es nur 200 Meter nehmen sie das Auto und alle fahren riesige Karren mit einem Eisengespann vorne, um die Autos bei Zusammenstößen mit Kängurus zu schützen.“ Die seien alles andere als selten, wie die vielen toten Tiere am Straßenrand zeigten. Sowieso hätten Australier eine ganz andere Einstellung zu den hüpfenden Beuteltieren. „Die sind so beliebt wie bei uns die Tauben“, erzählt Tabea. Vor allem die Bauern seien von ihnen genervt, da sie das Gras der Weiden fressen. „Die Farmer fahren nachts raus und erschießen Kängurus und andere unerwünschte Tiere wie Katzen.“ Allgemein seien die Leute im Outback nicht gerade zimperlich und schon die Kinder würden auf der Farm der Eltern helfen.

Ziel für 2013: Reisen und Arbeiten Down Under

Doch auch die feindliche Gesinnung gegenüber den bei uns so beliebten Kängurus schreckte Tabea nicht ab. Sie möchte so bald wie möglich zurück nach Australien – am liebsten schon nach dem Abitur 2013. „‘Travel and Work’ (Reisen und Arbeiten) oder ähnliches würde ich dann gerne dort machen“, sagt Tabea. Einen potenziellen Arbeitgeber hat sie dafür schon: Sie könnte auf der Farm der Freunde ihrer Gastfamilie aushelfen. Vielleicht klappt’s dann auch mit den Schafen.

Umfangreiche Bewerbung für das Jugendaustauschprogramm

Um am Jugendaustauschprogramm vom Lions Club teilzunehmen, müssen Interessierte im Alter von 16 bis 21 Jahren zunächst ein Bewerbungsformular ausfüllen. Dazu gehören unter anderem persönliche Angaben wie Name, Alter und Hobbys sowie Informationen zum Gesundheitszustand. Gemeinsam mit dem Formular muss ein Vorstellungsbrief für die Gastfamilie, ein Familien- und Passfoto des Bewerbers sowie eine Kopie des Personalausweises oder des Reisepasses eingereicht werden.

Prinzip der Gegenseitigkeit

Nicht zu vergessen ist dabei das Formular zur Gegenaufnahme, in dem die Familie des Bewerbers angibt, in welchem Zeitraum und für wie lang sie einen Gast des Austauschprogrammes aufnehmen kann. Denn hinter dem Lions Projekt steckt das Prinzip der Gegenseitigkeit. Das bedeutet, dass jeder, der daran teilnimmt, sich verpflichtet, im Gegenzug einen Jugendlichen aus einem anderen Land aufzunehmen.