Essen. Nach dem Erdbeben der Stärke 8,6 vor der Küste Sumatras herrschte in Südostasien große Angst vor einem verheerenden Tsunami wie im Winter 2004. Bald stellte sich jedoch heraus: Beide Erdbeben sind kaum zu vergleichen. Ein Experte vom Geoforschungszentrum Potsdam erklärt, wieso.
Ein Erdbeben der Stärke 8,6 vor der Küste Sumatras, ein beinahe ebenso schweres Nachbeben - schnell sind da die Gedanken an den verheerenden Tsunami von 2004 wieder da. Heute, etwas mehr als sieben Jahre später, hat das Tsunami-Frühwarnsystem im Indischen Ozean schnell Alarm geschlagen. "Das hat gut funktioniert", sagt Winfried Hanka vom Deutschen Geoforschungszentrum (GFZ) in Potsdam, wo das Frühwarnsystem "GITEWS" (German-Indonesian Tsunami Early-Warning System) federführend entwickelt wurde. Innerhalb von weniger als fünf Minuten seien die ersten Warnungen hinausgegangen, berichtet Hanka.
Schnell wurde also gewarnt vor einem oder mehreren Tsunamis in Südostasien - unklar ist aber zunächst, wie stark mögliche Flutwellen sein könnten. "Um das zu klären", erklärt der Seismologe, "braucht man etwas mehr Zeit." Dazu müsse nämlich der "Herdmechanismus" des Bebens analysiert werden - also: wie der Bruch in der Erdkruste genau abläuft.
Ein ungewöhnliches Erdbeben
Am frühen Nachmittag kann Winfried Hanka von Potsdam aus nach dem Blick auf die Seismogramme schon so viel sagen: Ein so zerstörerischer Tsunami wie 2004 sei sehr unwahrscheinlich. Das Erdbeben vom Mittwoch nämlich sei in seiner Form ungewöhnlich.
Tsunamis entstehen dann, wenn sich bei einem Erdbeben unter dem Meer vertikale Verschiebungen von Erdplatten ergeben. Bei Indonesien trifft die australische auf die eurasische Platte. Die australische wird unter die eurasische Platte geschoben und kontinuierlich nach unten gedrückt. Dabei, erklärt es der Seismologe allgemeinverständlich, verhaken sich beide Platten. Die eurasische Platte wird mit nach unten gezogen - so lange, bis die Spannung zu hoch ist: Dann bricht die Erdkruste, die eurasische Platte schnellt nach vorne und nach oben.
Tsunami-Warnungen wieder aufgehoben
So geschah es am 26. Dezember 2004. Die Bewegung nach oben - eben die vertikale Verschiebung - löste den Tsunami aus. "Und die Dimension der Welle", erklärt Winfried Hanka, "hing direkt mit dem Versatz am Meeresboden zusammen."
Genau das aber hat es beim Erdbeben vor der Küste Sumatras am Mittwoch nicht gegeben. "Das Beben hat sich etwa 200 Kilometer weiter westlich ereignet", berichtet Seismologe Hanka. Dort sei nur die australische Platte von der sogenannten "Blattverschiebung" betroffen. Auch sie sei gebogen worden und deshalb sozusagen geknackt - das aber habe nicht solche vertikalen Verschiebungen ausgelöst.
Eine kleinere Welle gab es am Mittwoch zwar auch - größere Schäden richtete sie aber offenbar nicht an. Am Nachmittag mitteleuropäischer Zeit hoben das Pazifische Warnzentrum und das zuständige indonesische Institut die Tsunami-Warnung wieder auf.
Angst vor Tsunami