Bangkok. Der Tsunami-Alarm entlang der Küsten des Indischen Ozeans funktioniert offenbar. Am Mittwoch wurden nach einem schweren Erdbeben Tsunami-Warnungen wurden von Thailand bis nach Mauritius ausgegeben. Die Flutwelle blieb aber aus. Die Bewohner der Insel Sumatra flüchteten in Panik.
Die junge Frau auf einer Straße in Banda Aceh am äußersten Zipfel der indonesischen Insel Sumatra hatte wohl noch die Erinnerung an das katastrophale Beben und den verheerenden Tsunami vom zweiten Weihnachtstag des Jahres 2004 in Erinnerung. Zitternd wie Espenlaub klammerte sie sich auf dem Rücksitz eines Mopeds an die Fahrerin, während um sie herum das blanke Chaos ausbrach.
Kaum war am Mittwoch das erste Erdbeben der Stärke 8,6 auf der Richterskala abgeklungen, brach in der Hauptstadt der Provinz Aceh der Verkehr zusammen. Viele Bewohner der Stadt wollten so schnell wie möglich auf die nahe gelegenen Hügel entkommen. Ein paar Polizisten, die heldenhaft versuchten, den Verkehr zu ordnen, gerieten fast unter die Räder Hunderter Autos und Mopeds.
Ein Nachbeben der Stärke 8,2 zwei Stunden nach den ersten Erdstößen verschlimmerte die Angst. Doch die Region Aceh, in der 2004 170.000 der insgesamt 240.000 Opfer des Tsunamis ums Leben kamen, wurde diesmal weitgehend von einer Katastrophe verschont. Die vielen Flutwellen-Sonden, die nach dem damaligen Desaster im Indischen Ozean platziert worden sind, meldeten bald Entwarnung. Eine schlappe Welle von einem knappen Meter Höhe erreichte schließlich die Küste der „Terrasse Mekkas“, wie die überwiegend islamische Provinz im Volksmund genannt wird.
In weiten Teilen der Provinz fiel der Strom aus
Aber wegen des Bebens fiel in weiten Teilen der Provinz der Strom aus. Das Telefonnetz brach unter dem Ansturm der Anrufe von Tausenden von Menschen zusammen. Deshalb war am frühen Abend noch nicht völlig klar, welches Ausmaß die Schäden hatten. Das Beben war schließlich nur 0,5 Punkte schwächer als das, das im März des vergangenen Jahres den Tsunami vor der Küste Japans auslöste.
Einige Hilfsorganisationen berichteten, dass die Westküste Acehs erhebliche „strukturelle Schäden“ erlitten hätte. Auch die vorgelagerte Insel Simileu soll erheblich in Mitleidenschaft gezogen worden sein. Aber zunächst musste sogar Präsident Susilo Bambang Yudhoyono passen. „Mir liegen bisher noch keine Angaben über Opfer und Schäden vor“, erklärte das indonesische Staatsoberhaupt in einer Fernsehansprache am Mittwoch.
Behörden gingen auf Nummer sicher
Millionen von Menschen flohen nach den ersten Nachrichten von dem gewaltigen Beben an den Küsten des Indischen Ozeans zu höher gelegenen Hügeln. Doch die Behörden, die 2004 zum großen Teil die heranrückende Katastrophe verschlafen und so verschlimmert hatten, gingen diesmal auf Nummer sicher: Von Thailand bis nach Mauritius wurden Tsunami-Warnungen auch noch beibehalten, als die Mess-Sonden längst Entwarnung gaben.
Der Grund: die Furcht vor einem massiven Erdrutsch unter Wasser, der allen Vorhersagen zum Trotz eine zerstörerische Flutwelle hätte auslösen können.
Indien warnte die Bewohner der Andaman- und Nicobar-Inseln, der Tsunami könne eine Höhe von sechs Metern erreichen. Sri Lankas Behörden forderten die Bewohner der Hafenstadt Trincomalee auf, ihre Häuser zu verlassen und sich auf nahe gelegene Hügel zu flüchten. In dem südthailändischen Ort Phuket schlossen die Behörden vorsichtshalber sogar den internationalen Flughafen, der auf Meereshöhe an der Andamanen-Küste liegt.
Urlauber wurden per Sirenen und Lautsprecher aufgefordert, sofort die Strände zu verlassen und blau-weißen Warnschildern zu folgen, die den Weg in höher gelegene Regionen weisen. Das Beben war so heftig, dass selbst in Singapur und Bangkok Gebäude wackelten.
Telefonnetz brichtzusammen
Auch im Süden Thailands brach entlang der Andamanen-Küste das Telefonnetz zusammen. In dem Königreich begannen am letzten Wochenende die Ferien zum thailändischen Neujahr. Tausende Thailänder sind zu den Stränden des Landes aufgebrochen. Am Mittwoch versuchten innerhalb weniger Minuten unzählige Bürger sofort nach dem Beben, ihre Freunde und Bekannte zu erreichen – vergeblich.
Angst vor Tsunami