Dresden. Der mutmaßliche Mörder einer Ägypterin ist am dritten Prozesstag vor dem Dresdner Landgericht ausgerastet. Bereits auf der Fahrt vom Gefängnis leistete er heftigen Widerstand, wehrte sich und schlug seinen Kopf gegen eine Scheibe. Neun Polizisten bändigten den 28-jährigen im Gerichtssaal.
Der wegen Mordes an einer Ägypterin angeklagte mutmaßliche Täter hat am dritten Prozesstag vor dem Dresdner Landgericht randaliert. Als er mit mehr als einstündiger Verspätung in den Saal geführt wurde, trampelte der Angeklagte ununterbrochen mit den Füßen und schlug seinen Kopf mehrfach auf die Tischplatte. Neun Polizisten mussten ihn festhalten und sichern.
Die Verhandlung wurde unterbrochen. Erst um 13 Uhr konnte das Gericht mit der Vernehmung seines ehemaligen Pflichtverteidigers als Zeugen beginnen. Die Vorsitzende Richterin hatte den Angeklagten vor der Unterbrechung aufgefordert, sich angemessen zu verhalten und "das Theater" zu unterlassen. Dabei drohte sie auch, ihn notfalls von der Verhandlung auszuschließen.
SEK griff schon im Gefängnis ein
Mehrere Polizeibeamte mussten dem Angeklagten auch gegen seinen Widerstand Sturmhaube und Kapuze abnehmen. Bei Untersuchungen wurde nach Angaben der Vorsitzenden Richterin jedoch die Verhandlungsfähigkeit von Alex W. festgestellt. Bereits am Dienstagabend soll er im Gefängnis getobt haben.
Er sei bei seiner Überwältigung von einem Spezialeinsatzkommando (SEK) jedoch nicht auf den Kopf geschlagen worden. Da jedoch ein selbst verschuldetes Schädel-Hirn-Trauma nicht gänzlich ausgeschlossen werden könnte, wurde ein Arzt für Mittwoch und Donnerstag zur Beobachtung in den Gerichtssaal bestellt.
Alex W. steht seit Montag wegen Mordes an der 31-jährigen Marwa El-Sherbini und versuchten Mordes an ihrem 32-jährigen Ehemann vor Gericht. Aus Hass auf Nichteuropäer und Moslems soll er auf das Paar eingestochen haben. Das dreijährige Kind der beiden hatte die Bluttat im Landgericht mit ansehen müssen. Sie ereignete sich während einer Berufungsverhandlung am 1. Juli, in der es um eine gegen den Spätaussiedler verhängte Geldstrafe wegen Beleidigung ging. Er hatte die Ägypterin auf einem Spielplatz unter anderem als "Islamistin" und "Terroristin" beschimpft.
Pflichtverteidiger als Zeuge vernommen
Sein damaliger Pflichtverteidiger sagte zur Enstehung der Messerattacke, der Angeklagte habe sich "trotzig und patzig" gegeben, sei "verbohrt und introvertiert" gewesen. Aber es habe vorher "nicht ansatzweise" ein Zeichen dafür gegeben, dass er zu diesem "viehischen, unmenschlichen Tier" werde. Der Angriff sei "wie ein Blitz aus heiterem Himmel" erfolgt. Der 48-Jährige Anwalt beschrieb die Szene als gespenstisch: Alex W. habe die ganze Zeit "keinen Laut von sich gegeben und ohne Laut mit dem Messer immer wieder auf die Ägypterin eingestochen."
Dem Verteidiger war nach seinen Angaben am Tattag nichts aufgefallen. Er habe auch nicht mitbekommen, dass der mutmaßliche Mörder eine Tasche bei sich gehabt habe. Die Ägypterin beschrieb er als freundliche und glaubhafte Zeugin, die keinen Belastungseifer an den Tag gelegt habe. Während der grausiger Szene hatte der Anwalt mindestens einen Stuhl nach seinem Mandanten geworfen und einen Tisch in dessen Richtung geschoben, die Alex W. jedoch nicht von der Tat abbrachten. (ddp/ap)