Hordorf. . 1000 Menschen nahmen Samstag am Trauergottesdienst für die Opfer des Zugunglücks von Hordorf teil. Sie erinnerten an die zehn Toten und dankten den Helfern für ihren Einsatz. Die Gefahren auf der Bahnstrecke waren offenbar lange bekannt.

Mit einer Trauerfeier im Halberstädter Dom ist am Samstag der Opfer des Zugunglücks von Hordorf gedacht worden. Rund 1.000 Menschen nahmen an dem Trauergottesdienst teil, unter ihnen Angehörige und Freunde der Opfer sowie Repräsentanten von Landesregierung, Kirchen und Bahnunternehmen. Sie erinnerten an die zehn Toten und dankten zugleich den Helfern für ihren Einsatz. Für jeden Toten wurde eine große Kerze entzündet und auf einem Holzkreuz aufgestellt. Landesbischöfin Ilse Junkermann sprach den Trauernden Trost zu. Unterdessen berichtete der „Spiegel“, dass die Gefahren auf der Bahnstrecke seit langem bekannt waren.

Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) sagte den Angehörigen: „Wir wünschen Ihnen die Kraft, das Geschehene zu verarbeiten und selbst wieder den Weg ins Leben zurück zu finden.“ Böhmer erinnerte auch an das Leid der Verletzten. Selbst wenn die körperlichen Verletzungen wieder heilten, so blieben doch die seelischen Verletzungen. „Seelisch Verwundete leiden still, aber auch sie leiden und brauchen Hilfe. Auch an sie denken wir in dieser Stunde.“

Welle der Hilfsbereitschaft

Böhmer dankte zugleich den Rettungs- und Einsatzkräften für ihre schnelle und professionelle Hilfe sowie den Einwohnern von Hordorf, die als erste am Unglücksort waren. Es habe im Ort eine große Welle der Hilfsbereitschaft gegeben, die beeindruckend gewesen sei, betonte der Ministerpräsident. Der Einsatz sei für alle nicht nur eine körperliche, auch eine große psychische Belastung gewesen.

Böhmer sagte auch, es gebe immer wieder die Frage nach dem Warum und die Suche nach rationalen, erklärbaren Ursachen. Dies müsse aber den Fachleuten überlassen werden. Er warnte vor pauschalen Schuldzuweisungen.

Frage nach dem Warum

Landesbischöfin Junkermann sagte: „Wie viele mag eine Anklage bewegen, wer schuld ist, was hätte verhindert werden können, wenn doch nur rechtzeitig die richtige Technik eingebaut worden wäre, wenn doch nur der Lokführer aufmerksamer gewesen wäre.“ Keiner sei vor einer falschen Entscheidung gefeit. Dieses Unglück erinnere daran, dass Menschen fehlbar seien. Keiner sei vor Versagen und Schuldigwerden gefeit. Der Hergang ließe sich erklären, sagte Junkermann, aber: „Offen und ohne Antwort bleibt die Frage nach dem Warum.“ Junkermann rief zu Gottvertrauen auf. „Er, und nicht der Tod, wird das letzte Wort über uns haben und für uns.“ Kein Leben gehe bei ihm verloren, betonte sie.

Bei dem Zugunfall am Samstagabend vergangener Woche bei Hordorf in der Nähe von Oschersleben wurden zehn Menschen getötet und zahlreiche weitere verletzt. Bei den Toten handelt es sich um vier Mädchen und Frauen im Alter von 12 bis 61 Jahren und sechs Männer im Alter von 33 bis 74 Jahren. Neun der Opfer stammten aus dem Landkreis Harz, ein Opfer aus Mecklenburg-Vorpommern. Auf der eingleisigen Strecke waren ein Güterzug der Verkehrsbetriebe Peine-Salzgitter und ein Triebwagen des HarzElbeExpress (HEX) frontal zusammengestoßen.

An der Trauerfeier nahmen auch Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU), der Chef der Deutschen Bahn AG, Rüdiger Grube, sowie Mitglieder der Geschäftsführungen des HEX-Betreibers Veolia teil. Zudem waren auch zahlreiche Landespolitiker, unter anderem fast alle Mitglieder des Kabinetts, unter den Trauergästen. In die Fürbitten, die von Bischof Gerhard Feige und Einsatzkräften von Bundespolizei und Feuerwehr gehalten wurden, wurde auch der Lokführer des Güterzugs eingeschlossen, gegen den die Staatsanwaltschaft Magdeburg ein Ermittlungsverfahren eingeleitet hat.

Veolia Environnement-Generaldirektor Antoine Frérot zeigte sich „betroffen vom Ausmaß der Tragödie“. Er übermittelte in Halberstadt den Angehörigen der Opfer das Mitgefühl der gesamten Veolia-Belegschaft: „Ich verneige mich tief und berührt vor den Hinterbliebenen und versichere Ihnen unsere Hilfe in dieser schweren Zeit.“

Gefahren offenbar seit Jahren bekannt

Die Gefahren der Strecke zwischen Magdeburg und Halberstadt, auf der sich das Unglück ereignete, sind offenbar bereits seit Jahren bekannt gewesen. Das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ berichtete, dass Deutsche Bahn, Eisenbahnbundesamt und Bundesverkehrsministerium seit 1997 von den Risiken wussten. Bundesverkehrsminister Ramsauer verteidigte die Bahn indes gegen Vorwürfe. „Hätte der Güterzug die Haltesignale nicht, wie es scheint, überfahren und wäre er dem Nothalt gefolgt, wäre dieser Unfall nicht passiert“, sagte Ramsauer. Die Ergebnisse des Ermittlungsberichts erwarte er in der kommenden Woche. (dapd)