Essen. . Die Bahn will Konsequenzen aus dem Zugunglück bei Oschersleben ziehen. Bahnchef Rüdiger Grube kündigte im ARD-Talk Beckmann an, massiv in die Streckensicherheit investieren zu wollen. Auch die Renovierung der Bahnhöfe soll beschleunigt werden.

Bahnchef Rüdiger Grube ist nach dem schlimmen Unglück bei Oschersleben in die Offensive gegangen: Die restlichen 350 Kilometer Strecke in Deutschland, die noch ohne Zugsicherungssystem Indusi sind, sollen damit so schnell wie möglich ausgestattet werden, kündigte er bei ARD-Beckmann an.

„Wir nehmen dafür das Geld in die Hand“, versprach Grube – und ließ durchblicken, dass er dies jetzt zusage, ohne vorher die Rückendeckung durch die Politik geholt zu haben. Seit gestern ermittelt das Bahnmanagement auch schon, wo diese technische Investitionen, die Züge bei einem Überfahren eines roten Signals automatisch stoppen, erforderlich sind. Ostdeutschland werde ein Schwerpunkt sein. Hier gibt es die größten Lücken. Auf der Unglücksstrecke in Sachsen-Anhalt hatte eben diese Anlage gefehlt.

Noch eine zweite Initiative startet der Bahnchef, der nach eigenem Nachzählen erst „630 Tage dabei ist“: Die Renovierung von bundesweit 3400 Bahnhöfen soll beschleunigt werden. „Denn die Bahnhöfe sind unsere Visitenkarte“. Überhaupt: 44 Milliarden Euro wolle sein Unternehmen in den nächsten fünf Jahren investieren, 43 Milliarden davon im Inland. Es werde vieles besser.

Grube wies Kritik an seinem Vorgänger brav zurück

Die Katastrophe und ihre Bewältigung, aber auch die chaotischen Verhältnisse beim Staatsbetrieb in den letzten Sommer- und Wintermonaten: Die Themen waren Mittelpunkt der Debatte in der ARD. Doch weder der Wissenschaftler und Bahnexperte Christian Böttger noch der Vorsitzende der Fahrgastorganisation ProBahn Klaus Peter Naumann bliesen ein das nötige Quantum Pfeffer in die Runde.

Man redete nicht nur mit reichlich Verständnis zueinander, man lobte sogar Gast Grube: „Der Ton bei der Bahn hat sich deutlich geändert“, fand Naumann, „geräuschlos“ seien auch die Hitzeopfer entschädigt worden, die in den ICE ohne Klimaanlage vor sechs Monaten kollabierten. Unisono beklagte die Truppe „den Mangel an Reservefahrzeuge“, was Grube zum wiederholten Mal auf die schlechte Arbeit der Hersteller schob. Freilich: Der Sparkurs der letzten Jahre stand in der Kritik (Böttger: „Man zieht Geld aus der Eisenbahn in Deutschland…“. Naumann: „…und steckt es in den Busverkehr in Großbritannien“). Brav wies Grube genau die zurück – obwohl sie natürlich Vorgänger Hartmut Mehdorn zugedacht war.

Horror-Fahrt von Hamburg nach Bonn

Also: Eine nur langweilige, von Reinhold Beckmann mit künstlich aufgeregter Stimme albern zugespitzte Stimmung? Eine Debatte, in der man nur Altbekanntes vernahm? Vielleicht. Bis zum Auftritt der Kundschaft - und von Grubes Mann vor Ort, dem dichtenden Schaffner.

Zunächst: Katharina Hegemann. Sie schilderte anschaulich ihre Horror-Fahrt vom 3. Januar, als sie zwischen Hamburg und Bonn fünf Stunden stehen musste und auf der einzig funktionierenden Toilette nicht mal Klopapier vorfand. „Tränenüberströmt“ sei die Zugbegleiterin durch das ganze Chaos gelaufen. „Frau Hegemann, es tut mir leid“, konnte der Bahnchef da nur noch stottern.

Dann kam Hille. Joachim Hille. Viel länger bei der Bahn als Grube, nämlich 20 Jahre. Heute Zugchef. Und dozierte, wie die getriezten Reisenden doch noch bei Laune zu halten sind: Mit einem Lächeln nämlich. Und mit Reimen und guten Sprüchen. Sein bester: „Wollen Sie gleich aussteigen oder warten, bis der Zug hält?“