Berlin. Immer mehr Frauen werden erst spät Mutter. Nadine ist eine von ihnen. Hier verrät sie, wie es bei ihr entgegen allen Erwartungen klappte.

Für Nadine Bode war schon immer klar, dass sie eines Tages ein Kind haben möchte. Aber dass sie dafür 48 Jahre alt werden muss, war nicht ihr Plan. „Eigentlich wollte ich mit spätestens mit 30 Mutter werden“, gesteht Bode im Gespräch mit unserer Redaktion. In ihren Zwanzigern hatte sie sich eine klassische Liebesgeschichte ausgemalt. „Ich dachte, ich würde meinen Traummann finden und mit ihm ein Baby bekommen.“ Doch es kam anders.

In ihren Beziehungen, so Nadine Bode, habe sie bezüglich des Kinderwunsches immer Pech mit den Männern gehabt. „Der eine wollte keine Kinder haben, der nächste hatte schon welche und wollte sich keine weiteren vorstellen, der nächste wiederum konnte keine zeugen. Und so ging es immer wieder von vorne los“, berichtet die Rheinland-Pfälzerin.

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In der Nacht zu ihrem 45. Geburtstag hat sie schließlich beschlossen, nicht noch länger zu warten – auch wenn sie gerade in einer Beziehung steckte und ihr Partner partout kein Kind wollte. „Nach endlosen Diskussionen musste ich seine Entscheidung akzeptieren, konnte aber mit meinem Kinderwunsch nicht abschließen. Also habe ich mich für einen anonymen Samenspender entschieden“, erzählt Nadine Bode. Ihr Partner akzeptierte die Entscheidung. Die Beziehung blieb bestehen, auch als sie in eine Kinderwunschklinik ging, um eine künstliche Befruchtung zu planen.

Kinderwunsch ab 40: Nur wenige Frauen werden ohne Hilfe schwanger

Dabei war ihr selbst klar: Mit zunehmendem Alter nimmt die Fruchtbarkeit einer Frau ab. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Frau über 40 noch spontan und ohne medizinische Hilfe schwanger werden kann, liegt nach internationalen Statistiken bei etwa zwei bis sieben Prozent pro Zyklus. Zum Vergleich liegt die statistische Rate bei Frauen zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr bei etwa 25 bis 35 Prozent pro Zyklus.

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„Mit zunehmendem Alter steigt zudem die Anzahl der Eizellen, die nicht befruchtet werden können oder Chromosomenauffälligkeiten haben“, sagt Professor Dr. Heribert Kentenich, Gynäkologe und Spezialist für Reproduktionsmedizin im Fertility Center Berlin. Ab 40, so Dr. Kentenich, verschlechterten sich die Erfolgschancen selbst bei künstlichen Befruchtungen deutlich. 

Nadine Bode ist erst mit 48 Mutter geworden
Ihren Sohn Dari bekam Nadine Bode durch eine künstliche Befruchtung. © privat | Privat

Doch Nadine Bode hatte Glück. In der Kinderwunschklinik erfährt sie, dass sie noch genügend Eizellen hat und dass eine sogenannte Insemination, also eine Samenübertragung per Katheter in ihre Gebärmutter, ohne zusätzliche Hormone oder Medikamente möglich ist. „Trotzdem hat mir der Arzt in der Kinderwunschklinik keine Illusionen gemacht und mich darauf hingewiesen, wie klein die Chance ist, in meinem Alter schwanger zu werden“, erzählt die Rheinland-Pfälzerin. Und so dauert es tatsächlich fast drei Jahre, bis Nadine Bode schwanger wird: „Ich habe 20 Inseminationen gebraucht, bis es endlich geklappt hat. Allerdings wurde ich auch im natürlichen Zyklus ohne jegliche Hormone oder Medikamente behandelt.“

Frauen, die über 35 sind, werden automatisch als „Risikoschwangere“ eingestuft

Zu diesem Zeitpunkt war Nadine Bode 47,5 Jahre alt. „Ich hatte keinerlei Komplikationen in der Schwangerschaft und habe mich fit und wohl gefühlt“, versichert sie. Doch aus medizinischer Sicht ist eine Schwangerschaft in solchem Alter sowohl für das Baby als auch für die Mutter mit Risiken verbunden. Deswegen wird jede werdende Mutter in Deutschland, die über 35 Jahre alt ist, automatisch als „Risikoschwangere“ eingestuft.

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„Statistisch gesehen haben Frauen ab 35 ein erhöhtes Risiko für Fehlgeburten und für Komplikationen wie Schwangerschaftsdiabetes, erhöhten Blutdruck oder Thrombosen. Diese Risiken steigen prozentual immer weiter, je älter eine Frau wird“, erläutert Dr. Kentenich. Auch die Wahrscheinlichkeit, dass bei dem Kind eine Chromosomenanomalie auftritt, etwa Trisomie 21, ist höher, je älter die Mutter ist.

Nadine Bode wurde erst mit 47 schwanger
Nadine Bode wurde erst mit 47 schwanger und hatte nach eigenen Worten eine „perfekte Schwangerschaft“. © Richard Bonert | Richard BONERT

„Die Bezeichnung ‚Risiko-Schwangere‘, die im Mutterpass vermerkt wird, soll Frauenärzten den Hinweis liefern, dass sie hier verstärkt auf mögliche gesundheitsgefährdende Faktoren achten müssen“, sagt Dr. Kentenich. Auch Nadine Bode hatte viele Voruntersuchungen und engmaschige Kontrollen während ihrer Schwangerschaft. „Natürlich habe ich mir Gedanken über mögliche Komplikationen gemacht, aber ich hatte von Anfang an ein gutes Gefühl, dass alles gut wird. Das hat mich immer beruhigt“, sagt die heute 48-Jährige, die auch auf ihrem Instagram-Kanal über ihre Erfahrungen spricht.

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Immer mehr Frauen sind beim ersten Kind über 40 Jahre alt

Noch vor ihrer Schwangerschaft habe sich Nadine Bode mit vielen Frauen online ausgetauscht, die mit über 40 Mutter wurden. Und tatsächlich bekommen immer mehr Frauen in Deutschland ihr erstes Kind mit 40 plus. Die letzten offiziellen Zahlen vom Statistischen Bundesamt beziehen sich auf das Jahr 2022. Demnach war bei drei Prozent der erstgeborenen Kinder die Mutter älter als 40 Jahre. Damit war die Zahl der Ü40-Müttern fast viermal so hoch wie noch im Jahr 1990. Auch der Reproduktionsmediziner Dr. Kentenich bestätigt den Trend: „Der Kinderwunsch wird oft in eine spätere Lebensphase verschoben.“ Das habe auch damit zu tun, dass sich Frauen viel häufiger erst auf Beruf und Karriere konzentrieren.

Auch wenn immer mehr Frauen ihre Kinder später bekommen, gesellschaftlich akzeptiert scheint das noch nicht ganz zu sein. Vor allem im Internet müssen Spätgebärende viel Kritik einstecken. Als das Supermodel Gisele Bündchen vor wenigen Tagen auf Instagram ihre Schwangerschaft mit 44 Jahren verkündete, kommentierten viele User ihr Unbehagen. Auch Nadine Bode kennt solche Kommentare, die ihr vorwerfen, zu alt für ein Kind zu sein und verantwortungslos zu handeln – sie erlebt sie nach eigenen Worten aber nur selten und wenn, dann nur im Internet. „In meinem direkten Umfeld haben zum Glück alle positiv auf meine Schwangerschaft reagiert und mich unterstützt“, sagt die 48-Jährige.

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Eine späte Schwangerschaft ist tatsächlich nicht nur mit Risiken verbunden, sondern auch mit Vorteilen, meint Dr. Kentenich. „Die Frauen sind oft finanziell abgesichert, haben einen guten Lebensstil und halten sich an ärztliche Vorgaben und Empfehlungen.“ Frauen, die über 40 ein Kind haben wollen, rät der Arzt, erstmal weiterhin regelmäßig ungeschützten Sex zu haben. „Wenn ein Paar mit Kinderwunsch ein- bis zweimal pro Woche ungeschützten Verkehr hat und die Frau nach sechs Monaten nicht schwanger ist, sollte man eine Beratung aufsuchen. Anders ist es, wenn schon ein Grund für die Unfruchtbarkeit bekannt ist, etwa wenn ein Mann keine gute Spermienqualität hat“, erläutert der Experte.

48-Jährige denkt über zweites Kind nach

Der Sohn von Nadine Bode kam vor zehn Monaten per Kaiserschnitt zur Welt. „Ein gesunder Junge, den ich über alles liebe“, sagt die 48-Jährige. Rund 20.000 Euro musste sie für den gesamten Prozess der Kinderwunschbehandlung bezahlen. Von der Krankenkasse hat sie wegen ihres Alters und weil sie offiziell als Single-Mutter gehandelt wird, keine Unterstützung bekommen. „Ich finde, die Politik sollte hier stärker eingreifen und auch Kinderwunschbehandlungen bei älteren Frauen sowie Single-Frauen finanziell unterstützen“, fordert die 48-Jährige.

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Trotzdem würde sie explizit niemandem raten, in ihrem Alter ein Kind zu bekommen. „Ich mache mir natürlich Gedanken, dass ich aufgrund meines Alters manche Dinge vielleicht mit meinem Sohn nicht erleben werde, zum Beispiel Enkel. Dass er vielleicht früher als andere seine Mutter, aber auch seine Großeltern verliert“, gibt die 48-Jährige zu. Am liebsten, so Nadine Bode, hätte sie aber noch ein zweites Kind, damit ihr Sohn Dari später mal nicht allein wäre.

Ob Nadine Bode sich ein weiteres Mal einer künstlichen Befruchtung unterziehen würde, weiß die 48-Jährige noch nicht, möchte es aber auch nicht ganz ausschließen. „Es ist ein sehr teurer und ein sehr emotionaler Prozess. Ich weiß nicht, ob ich dafür noch Ressourcen finde. Ich möchte aber jeder Frau mit unbedingtem Kinderwunsch raten, nicht zu früh aufzugeben. Auch nach dem 10. oder wie bei mir dem 20. Versuch kann ein gesundes Kind geboren werden. Wunder geschehen immer wieder und öfter als man denkt!“ Mit ihrem Partner ist sie immer noch zusammen.