Essen. Der Weg zum Beziehungsglück ist mit Hindernissen übersät. Schon den Initialflirt meistern nur die wenigsten Zeitgenossen mit Eleganz. Doch auch, wenn Originalität zur Not entbehrlich ist: Ein klein wenig Charme hilft. Von Komplimenten, die auch getrost als Beleidigung durchgehen könnten.
Manche Anmachversuche sind so dumm, dass man sich fragt, was das eigentliche Ziel der Kontaktaufnahme war. Ein aktueller Anlass dokumentiert das Thema in seiner ganzen Brisanz.
Hohes Romantik-Potenzial
Das vergangene Wochenende hatte beste Voraussetzungen, um als Kurzurlaub durchzugehen: Besuch bei einer Studienfreundin aus dem Austauschsemester, schöne Stadt im Nieselregen, beschirmte Touristen und entspanntes Schlendern. Herz, was willst du mehr?
Jedenfalls nicht den Freak, der mich ansprach. Zeit, Umstände und Ablauf hätten alle Bestandteile einer romantischen Eröffnung gehabt: Sie streift, leichten Schrittes und weit-verträumten Auges durchs Museum. Schulklassen, Paare, ältere Damen, Besuchergruppen fluten durch die hohen Räume, an den Wänden Landschaftsgemälde, in denen man sich verlieren kann, sie lässt sich mitziehen – bis ihr Blick den seinen kreuzt.
Sehe ich nach Schlammcatchen aus?
Hier würde die Kamera verweilen. In folgerichtiger Übereinstimmung mit den Regeln der Wirklichkeit gewordenen Filmszene folgten wir pflichtschuldigst der Dramaturgie – er stutzte, worauf auch ich stutzte, wodurch er sich bestätigt fühlte und einen beherzten Schritt auf mich zu tat. Der Tonmeister dimmt die Umgebungsgeräusche und der Hintergrund verschwimmt. Da sind wir, die Zukunft liegt vor uns.
Er hebt an und spricht in die Stille hinein jene uralten Worte, derer sich höchstwahrscheinlich bereits der ratlose Steinzeit-Jüngling bediente: „Bist du oft hier?“ Nicht originell, aber verzeihlich. Die Unterhaltung nimmt einen Bogen über „Schön hier, das alles“ und „Woher kommst du?“ – nur um mit einer verbalen Bauchlandung („Machst du viel Sport?“) in lauter kleine Romantiksplitter zu zerbersten: „Du siehst sehr athletisch aus“. Und, nach fachmännischem Blick: „Gute Größe.“ Gute Größe? Wozu, bitteschön? Um über die Besuchergruppen hinweg zu blicken? Zum Schlammcatchen?
Nicht-Themen beim Flirtversuch
Auf den Abschied, den die letzten beiden Bemerkungen unweigerlich nach sich zogen, folgte Verwunderung. Was war das denn? Gut, immer noch gewitzter als der pickelige Kerl, der mir vor Jahren am Bankautomaten ein ähnliches Kompliment gezollt hatte. Damals folgte auf „Du machst bestimmt viel Sport?“ ein Lob, das sicher nur Kugelstoßerinnen und Schwimmerinnen gerne hörne, vorzugsweise vom Trainer: „Du hast so breite Schultern.“
Was denken sich diese Kerle? Hat ihnen denn nie ein wohlwollendes weibliches Wesen beigebracht, dass man, im Status besonderer Verwegenheit oder leichter Trunkenheit, durchaus über schimmernde Haarpracht und bezaubernde Augen sprechen darf – aber dass man sich mit weiteren Körperkomplimenten besser bis zu jenem Zeitpunkt zurückhält, wo auch non-verbale Nähe nicht mehr fern ist? Wer’s noch nicht wusste, weiß es jetzt. Und nein, ich habe auch keine besonders breiten Schultern.
Ausrutscher nach unten
Allerdings, und damit steuern Leser und Kolumnistin auf einen versöhnlichen Schluss zu, jammere ich hier auf hohem Niveau. Die meisten Männer machen’s besser – und nur ganz wenige noch ein bisschen schlechter. Eine anerkennende Bemerkung über „gebärfreudige Hüften“, wie sie einer guten Freundin zuteil wurde, ist zum Glück die Ausnahme.
- Teil 13: Beziehungsende mit Angst und Schrecken
- Teil 12: Hochzeiten - die unterschätzte Gefahr
- Teil 11: Klappe halten kann Freundschaften retten
- Teil 10: Sabine Töpperwien zerstört mein Liebesleben
- Teil 9: Wenn ein Mann den Frauenabend ruiniert
- Teil 8: Ungleiche Paare - Von Blümchensex und Kamasutra
- Teil 7: Männer, Frauen und der Stress beim Urlaubsflirt
- Teil 6: Frau liebt Mann liebt Frau liebt Mann
- Teil 5: Keine Zeit für nix: Beziehung als Hauptberuf
- Teil 4: Ach ja, ich bin schon vergeben...
- Teil 3: Drei Männer, eine Frau und ein Berg Geschirr
- Teil 2: Männer - mit Kleidung besser als ohne
- Teil 1: Erster Blick durchs Schlüsselloch