Essen. Liebe erfordert Toleranz - dieser Spruch darf in keinem Strauß gern verwendeter Binsenweisheiten fehlen. Ich bin mir aber sicher: Wer auch immer diesen Sinnspruch zuerst formulierte, er hat einige wesentliche Prototypen der Gattung Mann nicht mitgerechnet.

Männer sind was wunderbares. Einige Exemplare erfreuen schon auf den ersten Blick. Gut, das ist eine Minderheit, aber man muss genießen können, wenn es geht - denn in einer näheren Bekanntschaft liegt nicht unbedingt ein Zauber verborgen. Denn mit dem Kerl kommen auch seine Hobbys ins Spiel.

Mit Waschbrettbauch am Grill

Zum Beispiel den Sportler. Jule hatte gerade so einen. In der vorteilhaften Muskel-, nicht in der trantütigen Couch-Variante, wohlgemerkt. Wir waren schockiert, als sie ihm den Laufpass gab: „Du hast mit Axel Schluss gemacht? Mit diesem Waschbrettbauch auf Beinen? Das darf doch nicht wahr sein!“ Wenn Muskel-Axel in Shorts am Grill stand, hatten wir alle schon einmal verstohlene Vergleiche mit unseren schluffigen Begleitern angestellt. Witz, Intelligenz, schön und gut - aber solch ein Bild von einem Mann, das wäre - ach!

Jule war genervt: „Jetzt lasst mich bloß mit Sport in Ruhe! Natürlich war der fit - aber was glaubt ihr, wann ich mir diesen Astralkörper zuletzt bei Tageslicht begucken durfte? Abends nach der Arbeit ins Fitness-Studio - und wenn er endlich auf dem Sofa sitzt, ist gerade noch Zeit für seinen dämlichen Tofu-Shake und dann muss er auch schon ins Bett - zum Schlafen! Weil er morgens vor der Arbeit noch das Marathon-Training schaffen muss.“

Sex? Vergiss es!

Ob Sie mit seinem Hobby klarkommt, entscheidet sich erst auf lange Sicht.
Ob Sie mit seinem Hobby klarkommt, entscheidet sich erst auf lange Sicht.

„Ja, aber der Sex“, warf ich ein. „Welcher Sex?“, schnaubte Jule empört. „Sein neuer Schwimmtrainer arbeitet zwei Monate vor Wettkämpfen mit so genannten „Energieplänen“ und diese Energie fließt nicht im Bett. Ich musste Termine machen - und dann hat er Rücksprache mit dem Trainer genommen. Vergiss es!“

Gut, man kann sie verstehen. Dabei hatte ich immer einen Sportler gewollt. Zum Beispiel, als es mit Aldo zu Ende ging. „Nie wieder einen Ritter“, hatte ich mir damals geschworen. Denn Aldo nannte sich die meiste Zeit gar nicht Aldo sondern Balduin - als ob seine Eltern bei der Taufe nicht schon tief genug in die Mottenkiste gegriffen hätten. Balduin trug gerne schwere handgearbeitete Filzstoffe und war häufig in die Herstellung realitätsnaher Holzschwerter vertieft. Kühlschranknotizen ebenso wie Liebesbriefe waren mit Gänsekielen auf selbstgepresste Pergamente geklekst. Er war partout nicht zur Nutzung handelsüblicher Notizzettel zu bewegen.

Lautenspiel bei Kerzenschein

Couch-Sportler könnten auf Dauer die bessere Beziehungslösung sein. Foto: Imago
Couch-Sportler könnten auf Dauer die bessere Beziehungslösung sein. Foto: Imago

Leider lehnte er elektrisches Licht ab: „Kerzenlicht - das schafft so eine wunderbare Atmosphäre“, schwärmte er. Ich hätte eigentlich auch nach Sonnenuntergang gern mal ein Buch gelesen. Er hat es mir nie verziehen, dass ich seine selbstgedichteten Minnelieder mit Lautenbegleitung nicht hören mochte. Als er begann, sich auch in Sachen Körperhygiene an seinen historischen Vorbildern zu orientieren, war es endgültig aus.

In letzter Zeit ist im Freundeskreis übrigens immer häufiger eine andere Art von Partner zu beobachten. Nicht zwangsläufig durchtrainiert, ein wenig besserwisserisch und ein unerschöpflicher Quell nutzlosen Fußball-Wissens - aber immerhin berechenbar. An Sonntagnachmittagen kann man zwar nicht auf ihn zählen - dafür hat man den Rest der Zeit einen erfreulich normalen Menschen zur Seite. Pragmatikerinnen setzen auf den Sofa-Sportler. Ich werde mich mal umsehen.

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