Essen. Martinsfeiern sind in NRW zum jetzigen Stand wieder erlaubt. Warum in vielen Städten trotzdem nur Light-Versionen der Martinszüge stattfinden.

Martinsumzüge sind in diesem Jahr in Nordrhein-Westfalen nicht nur erlaubt, sondern sogar erwünscht. Heimatministerin Ina Scharrenbach (CDU) verwies jetzt bei Twitter auf die klare Regelung der Landesregierung, wonach Veranstaltungen trotz Pandemie mit bis zu 2500 Personen wieder gestattet sind.

„Martinszüge sind Traditionsveranstaltungen und Ausdruck der Solidarität der Stärkeren mit den Schwächeren“, unterstrich die Ministerin. „Mein Appell an die Kommunen: Machen Sie Martinsumzüge möglich!“

Große Unsicherheiten bei Planung der Martinszüge in NRW

Vielerorts sind die Kommunen jedoch unsicher oder haben den Martinsumzug sogar schon abgesagt, weil unklar ist, wie sich die Infektionszahlen nach den Herbstferien entwickeln und wie die neue Corona-Schutzverordnung darauf reagieren wird.

Die derzeitige Verordnung, die die Umzüge prinzipiell erlaubt, läuft am 29. Oktober aus und damit vor St. Martin (11. November). Viele Schulen, Vereine und Gemeinden wollen daher auf Nummer sicher gehen und bieten nur kleine, deutlich abgespeckte Veranstaltungen an – mit Musik vom Band und einem Kleinumzug beispielsweise auf dem Schulhof, zum Teil ohne Eltern.

Martinszug-Veranstalter: „Das Risiko ist zu groß“

„Das Risiko ist zu groß“, sagt etwa der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Krefelder Bürgervereine (AKB), Manfred Grünwald. Die Vorbereitung der Züge mit Pferd, Musik, Feuer, Ordnern und Schulen sei für Ehrenamtler eine große Anstrengung.

Wenn dann Absagen wegen gestiegener Inzidenzwerte drohten, verzichte man lieber von vornherein. Bei den Krefelder Bürgervereinen gebe es nur eine einzige Anmeldung – und eine gut zweistellige Zahl von Absagen – oder die Vereine hätten erst gar keine Züge vorbereitet, so Grünwald.

Corona-Regel-Chaos: Schwierige Planung für Martinszüge in NRW

Das Stadtdekanat Bonn sagte am vergangenen Donnerstag „mit großem Bedauern“ den für den 8. November geplanten großen Zug ab. Wegen Corona und der Auflagen der Stadt Bonn sei eine verantwortungsvolle Durchführung unmöglich.

Der Krisenstab der Stadt hatte Ende September Kontrollen der 3G-Regel und eine Maskenpflicht auch für kleinere Züge mit unter 2500 Teilnehmenden angekündigt, diese Entscheidung aber am vergangenen Freitag zurückgenommen.

Großer Martinszug in Bonn bereits abgesagt

Die Rolle rückwärts brachte wiederum die Katholische Kirche in Bonn auf die Palme. Die Zusage von Oberbürgermeisterin Katja Dörner „auf öffentlichen Druck“, dass die verschärften Corona-Regeln nun doch nicht für die Martinszüge gelten sollen, komme am letzten Tag vor den Herbstferien zu spät, teilte Stadtdechant Wolfgang Picken am Sonntag verärgert mit. Man könne den großen Zug nun nicht mehr so kurzfristig organisieren.

„Der große Martinszug wird also ausfallen und die Stadtverwaltung trägt dafür die alleinige Verantwortung. Man hat die Martinszüge vor die Wand fahren lassen. Das ist - um es gelinde zu sagen - ein echtes Trauerspiel.“

Große Martinszüge im Ruhrgebiet geplant

In Kleve am Niederrhein sind derzeit neun Martinszüge im Genehmigungsverfahren. 2019 waren es am Martinstag schließlich 22, wie ein Sprecher sagt. In Wesel gebe es erst drei Anmeldungen, hieß es dort. Umzüge würden bisher nur „zögerlich“ angemeldet, berichtete auch die größte Ruhrgebietsstadt Dortmund.

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Allerdings soll der große Umzug im Dortmunder Westfalenpark mit rund 1500 Teilnehmenden stattfinden, in Essen ist sogar ein Martinsumzug mit mehr als 2500 Teilnehmenden angemeldet, in Duisburg soll es am 5. November einen großen Laternenumzug geben.

 Trotz Corona-Regel-Chaos ist in Essen ein Martinsumzug mit mehr als 2500 Teilnehmenden angemeldet. 2018 versammelten sich viele Menschen beim Zug über die Frintroper Straße.
Trotz Corona-Regel-Chaos ist in Essen ein Martinsumzug mit mehr als 2500 Teilnehmenden angemeldet. 2018 versammelten sich viele Menschen beim Zug über die Frintroper Straße. © Kerstin Kokoska/ FUNKE Foto Services

Harald Rau: „Es wäre ein fatales Signal, St. Martins-Umzüge zu verbieten.“

Köln bricht eine Lanze für die Martinszüge als eines der wenigen Angebote auch und besonders für Kinder. „Es wäre ein fatales Signal an unsere Kinder, St. Martins-Umzüge und -Feuer nur mit Einschränkungen zuzulassen oder gar zu verbieten, während zur gleichen Zeit erwachsene „Jecken“ ohne Mund-Nasen-Bedeckung stadtweit den 11.11. feiern“, sagt der Kölner Beigeordnete für Gesundheit, Harald Rau.

Ähnlich sieht es NRW-Minister Karl-Josef Laumann (CDU): „Gerade in unruhigen Zeiten ist es wichtig, sich auf Tugenden wie die der Solidarität und des Helfens zu besinnen“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Dafür stehe das Martinsfest.

Es freue ihn besonders für die Kinder und Jugendlichen, dass die Infektionslage wieder verantwortungsvolle Martinsfeiern zulasse. Die Veranstalter der Umzüge sollten das „angemessen organisieren“.

Corona-Regeln bei Martinszügen nur schwer umsetzbar

Dabei trügen die Veranstalter allerdings auch ein nicht unerhebliches Risiko, sagt der Krefelder Bürgervereinsvorsitzende Grünwald. Ein Umzug gerate immer mal ins Stocken.

Im Stau seien Mindestabstände unmöglich einzuhalten; Zuschauer drängten nah an den Zug heran und was sei mit den Aerosolen der Blasmusiker, sorgt sich der Ehrenamtler. „Da wird vieles von den Behörden in die Selbstverantwortung geschoben“, kritisiert er. (dpa)