München. Nach der tödlichen Attacke auf einen S-Bahn-Fahrgast in München werden Rufe nach härteren Strafen für junge Schläger wieder lauter. Inwischen ist ein weiterer Verdächtiger festgenommen worden.
Die tödliche Attacke auf einen 50-jährigen S-Bahn-Fahrgast durch zwei junge Gewalttäter in München hat parteiübergreifend Bestürzung hervorgerufen. Bayerns Justizministerin Beate Merk und Innenminister Joachim Herrmann (beide CSU) erneuerten am Sonntag ihre Forderung nach einer Verschärfung des Jugendstrafrechts. Als Täter wurden zwei 17 und 18 Jahre alte junge Männer festgenommen. Gegen sie wurde nach Angaben eines Polizeisprechers Haftbefehl erlassen.
Merk zeigte sich entsetzt über die Gewalttat vom Samstag. Der 50-Jährige hatte sich schützend vor eine Gruppe von vier Kindern gestellt, die bedroht und geschlagen wurden. Er bot den zwei Buben und zwei Mädchen an, gemeinsam mit ihm am Bahnhof Solln aus der S-Bahn auszusteigen, damit er ihnen helfen könne. Auf dem Bahnsteig wurde er dann von den Angreifern mit Fußtritten und Fäusten zu Tode geprügelt. Merk sprach von «unmenschlichen Rohigkeiten» und lobte die Zivilcourage des Opfers.
"Es geht auch um die Sühne"
Zugleich forderte die CSU-Politikerin gesetzgeberische Konsequenzen. «Ich weiß auch, dass härtere Strafen allein solche schrecklichen Taten nicht verhindern können», räumte Merk ein. Allerdings gehe es ihr auch nicht nur um die Abschreckung. «Es geht selbstverständlich auch um die Sühne in diesem Fall.» Deshalb müsse ab 18 Jahren grundsätzlich das Erwachsenenstrafrecht angewendet werden. Außerdem verlangt die Justizministerin eine Anhebung der Höchststrafe für Jugendliche von 10 auf 15 Jahre. Bislang ist sie mit entsprechenden Vorstößen auf Bundesebene gescheitert.
Herrmann sagte: «Ich bin entsetzt über diesen erneuten Fall sinnloser und brutaler Gewalt.» Es handele sich um ein «erschreckendes Beispiel für die besorgniserregende Zunahme von Jugendgewaltdelikten». Der Innenminister mahnte, mit zu milden Strafen könne der Staat bestimmte Jugendliche nicht erreichen.
Die Berliner Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD) entgegnete, eine Verschärfung des Jugendstrafrechts bringe «nichts». Wichtig sei es vielmehr, gemeinsam mit Jugendämtern, Polizei und freien Trägern auf Gewaltvermeidung zu setzen.
Wiederholte Angriffe
Bayerns SPD-Chef Florian Pronold sagte, die Bluttat sei «furchtbar». Der Münchner SPD-Vorsitzende Hans-Ulrich Pfaffmann forderte eine «höhere Polizeipräsenz» in den Zügen. Dies sei Aufgabe des Freistaats.
Im öffentlichen Nahverkehr Münchens hat es in der Vergangenheit wiederholt brutale Übergriffe auf Fahrgäste gegeben. Ende 2007 war ein Rentner von zwei Jugendlichen lebensgefährlich zusammengeschlagen worden, weil er sie auf das Rauchverbot in der U-Bahn aufmerksam gemacht hatte. Anfang 2008 verprügelten drei junge Männer nach Beschwerden über zu laute Musik im Waggon drei andere Fahrgäste. Während des Oktoberfestes vor einem Jahr verprügelte ein Mann ebenfalls einen anderen Fahrgast im Streit um Zigarettenrauchen im Waggon.
Weiterer Jugendlicher festgenommen
Nach dem neuen Fall wurde am Sonntag ein dritter Jugendlicher festgenommen. Es handelt sich um einen 17-Jährigen, der zwar nicht bei der Gewalttat dabei war, aber an einer vorherigen Attacke auf die vier Kinder teilgenommen hatte. Diese waren am Samstag zunächst am S-Bahnhof Donnersbergerbrücke angepöbelt und bedroht worden.
Die Angreifer verlangten 15 Euro, einer schlug schließlich den beiden Buben ins Gesicht und in den Rücken. Danach stieg der Schläger in eine S-Bahn und fuhr weg. Seine beiden Kumpane verfolgten jedoch die Kinder in die S7 und bedrohten sie weiter. (ddp)