ZF-Mitarbeiter in Witten: Situation geht ans Eingemachte
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Witten. ZF will Stellen streichen, dem Wittener Werk könnte sogar die Schließung drohen. Mitarbeiter protestierten bei einer „Gemeinsamen Mittagspause“.
Im ZF-Werk in Witten sind Hunderte Arbeitsplätze bedroht. Denn der Industriekonzern will deutschlandweit bis 2028 bis zu 14.000 Stellen streichen. Sogar die Schließung des Werks an der Mannesmannstraße steht im Raum. Doch Betriebsrat, Gewerkschaft und die Belegschaft selbst wollen das nicht einfach so hinnehmen. Bei einer von IG Metall und Betriebsrat organisierten „Gemeinsamen Mittagspause“ machten sie am Dienstag ihrem Unmut Luft.
„Man wacht mit dem Gedanken auf, was wohl passiert, und man geht damit ins Bett“, sagt ein Mitarbeiter, der schon seit 43 Jahren bei ZF ist, seinen Namen aber lieber nicht in der Öffentlichkeit lesen möchte. „Wir haben ja schon viel mitgemacht. Aber das momentan ist echt extrem.“ Die Situation gehe „ans Eingemachte“. Denn eines wird auch Betriebsratschef Frank Blasey nicht müde zu betonen: Hier geht es nicht nur um Arbeitsplätze, sondern um Familien, um Träume, Pläne, Hoffnungen.
Mögliche Lösungen von ZF „als Drohung zu verstehen“
„Die Szenarien, die das Management entwickelt, sind als Drohung zu verstehen“, sagte der 52-Jährige zu den Beschäftigten, die sich vor dem Werkstor versammelt hatten. „Da haut man uns um die Ohren, dass Schließung eine Option ist!“ Das sei eine enorme emotionale Belastung für alle. Aus der Belegschaft hört man, dass im Unternehmen immer wieder die unterschiedlichsten Gerüchte kursierten, was große Unruhe verursache.
Ganz besonders im Fokus der Sparmaßnahmen steht die Wind-Sparte bei ZF. In Witten werden Getriebeteile für Windkraftanlagen gefertigt, ebenso Service-Tätigkeiten für Windgetriebe angeboten. Eine Idee von ZF ist, die Produktion künftig etwa nach China zu verlagern. „Bei einem Personalkostenanteil von 18 Prozent zu behaupten, die Lösung des Problems liege in Niedriglohnländern, ist blanker Hohn“, schimpft Blasey. Doch im oberen Management sei die Entscheidung scheinbar schon getroffen worden, dass „Wind keine Zukunft hat“, so der Betriebsratschef. „Aber wir werden für den Windbereich kämpfen. Wir werden das nicht hergeben.“
„Man kann doch nicht die ganze Zeit zittern“
Völlig inakzeptabel findet auch Fritz Hickler, IG-Metall-Vertrauensmann, das Vorgehen und die Kommunikation seitens der Konzern-Geschäftsführung. „Man kann doch nicht die ganze Zeit zittern, ob man davonkommt“, sagt der 43-Jährige. „Was wir tun können, ist klarzustellen: Das machen wir nicht mit!“ Auch die Auszubildenden und jungen Mitarbeitenden im Betrieb sind verärgert.
Man sei sauer, wütend, viele Emotionen seien im Spiel, sagt Klara Klingender von der Jugendauszubildendenvertretung. Aber man müsse die Situation auch objektiv betrachten. „Sollen wir uns bei VW oder Thyssen bewerben? Da werden ja auch Stellen gestrichen.“ Der Konzern habe Schulden gemacht. Nun solle die Belegschaft den Fehler ausbaden, damit noch mehr Profite fließen. „Wir haben hier so viele Prozesse, die falsch laufen, da könnte man ran.“
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IG Metall sieht Management-Versagen
Auch für Elin Dera von der IG Metall Ennepe-Ruhr-Wupper sind die geplanten Stellenstreichungen ein „klarer Fall von Management-Versagen“. Der Konzern habe Firmen gekauft, Schulden gemacht. Nun versuche man, die Rendite mit Hilfe einer Unternehmensberatung zu erhöhen. Ihrer Einschätzung nach tendiert der Konzern dazu, den Standort zu schließen.
Der Betriebsrat hat nach Bekanntwerden der Abbaupläne einen wirtschaftlichen Berater mit an Bord geholt, der derzeit noch mit der Geschäftsführung Daten austauscht. Man treffe sich auch wöchentlich mit dem hiesigen Management, so Betriebsratschef Blasey. In den nächsten Wochen, der Flurfunk spricht von Ende September, soll das Management sein endgültiges Szenario vorlegen. Sollte es den Windbereich treffen, würden wohl 360 bis 500 Stellen wegfallen.
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