Witten. Das Unternehmen Sprengel schärft Sägeblätter so gut wie nur wenige sonst. Seniorchef Frank will die Firma übergeben. Ihm gelingt ein Kunststück.
Frank Sprengel (57) kümmert sich um die ganz scharfen Sachen. Der Ingenieur schärft in seinem Spezialbetrieb im Salinger Feld im Wittener Stadtteil Annen hochwertige Sägeblätter aus Hartmetall mit hoher Präzision. Mit Mut, Ausdauer und technischer Kreativität hat Frank Sprengel ein gut laufendes Kleinunternehmen geschaffen. Inzwischen ist ihm noch ein Kunststück geglückt. Er hat seine Nachfolge geregelt.
Tatsächlich ist die Lage im Mittelstand ernst. Eine erfolgreiche Nachfolgeregelung ist inzwischen so selten wie Edelweiß in den Alpen. Sven Frohwein von der IHK Mittleres Ruhrgebiet hat zwar keine Zahlen für den Kammerbezirk Witten, Bochum, Hattingen und Herne. Dafür legt er landesweite Zahlen vor. Demnach gibt es in NRW rund 670.000 Familienunternehmen.
Erfolgreiches Familienunternehmen im Kleinformat
Mehr als ein Drittel dieser Unternehmen ist übergabereif. Das heißt, dessen Eigentümer beabsichtigt, sich in absehbarer Zeit zurückzuziehen. 63.500 dieser Unternehmen sind nach den aktuellen Zahlen auch übernahmefähig. Als solches gelten Firmen, wenn ein potenzieller Käufer nach Abzug seines eigenen Lohnes mit einem positiven Geschäftsergebnis rechnen kann. In solchen Betrieben arbeiten rund 1,2 Millionen Beschäftigte.
Lesen Sie auch
- In diesen Wittener Stadtteilen leben mehr Menschen in Not
- Scholz oder Pistorius? Wittener SPD scheut klares Bekenntnis
- Wittenerin hilft Seniorinnen: „Sie hatte niemanden“
Im Gewerbegebiet Salinger Feld sind allerdings neben der Inhaberfamilie Sprengel nur zwei weitere Mitarbeiter im Einsatz: Geselle Luca Dürr und Bürofachkraft Susanne Jabs. Dazu kommt Azubi Jannis Thurow. Geschäftsführer ist seit kurzem Niko Sprengel (25). Vater Frank steht ihm als Seniorchef zur Seite. Frau und Mutter Angela (57) erledigt Besuche bei der Kundschaft. Wer nimmt die Dienste der Firma Sprengel GmbH in Anspruch?
Gewerbliche und private kommen lassen ihre Werkzeuge schleifen
„Wir haben gewerbliche Kunden, und private“, sagt Frank Sprengel, „quer durch den Garten.“ Mancher Privatkunde habe zuvor die Erfahrung gemacht, dass Ramschwerkzeug nur vordergründig billig ist. Billigware schneide unpräzise, halte kaum und sei oft obendrein gefährlich, so Sprengel. Erkennbar sei schlechtes Werkzeug daran, dass oft das Siegel „Geprüfte Sicherheit“ fehle. Qualitätsprodukte indes ließen sich häufig nachschärfen. „Das Arbeiten mit vernünftigem Werkzeug“, wissen die Sprengels aus eigener Erfahrung, „macht viel mehr Spaß.“
Gewerbliche Kunden – Metaller wie Schreiner - schätzen bei Sprengel hochpräzise Zerspan- und Schneidwerkzeuge, auch super scharfe Industriemesser sind gefragt. Die Sprengels setzen dabei auf ein bestmögliches Preisleistungsverhältnis: „Die Kosten bei uns sind moderat. Ab einem bestimmten Punkt ist Nachschärfen so viel billiger, als ein neues Produkt zu kaufen, dass es da gar keinen Weg dran vorbei gibt.“
In neue Technik investiert
Die Sprengels investieren regelmäßig in neueste Technik. „Ich lerne gern dazu“, sagt Frank Sprengel. Bei den Sägeblatt-Experten sorgen CNC-Maschinen für die nötige Präzision. Das sind mit einer Steuerungstechnik ausgestattete Maschinen. So werden beispielsweise per Laser-Optik selbst kleinste Unschärfen auf Werkstücken sichtbar gemacht. Neben Investitionen spielt Instandhaltung des Maschinenparks eine wichtige Rolle.
+++Folgen Sie jetzt auch dem Instagram-Account der WAZ Witten+++
Auch Nachhaltigkeit ist Frank Sprengel wichtig. Abwärme wird zum Heizen genutzt, Abluft von öligen Aerosolen gereinigt. Auf einem guten Teil der Dachfläche sprießt Grün. Und auf der Rückseite des Firmengebäudes versickert Regenwasser mit behördlicher Zustimmung – und trägt so zum Hochwasserschutz des Gewerbegebiets am Hang bei.
Junior lässt sich auf Abenteuer Unternehmertum ein
An Nachhaltigkeit lag Frank Sprengel auch bei der Unternehmensnachfolge. Es gab zwei Möglichkeiten für sein Unternehmen: Verkauf oder Übergabe an die nächste Generation. Sohn Niko ließ sich bereitwillig auf das Abenteuer Unternehmertum ein. „Man hat nach der Arbeit etwas in der Hand“, scherzt der Wirtschaftsingenieur, „das ist schon etwas anderes als Excel-Tabellen.“
IHK hilft
Die IHK Mittleres Ruhrgebiet bietet in Sachen Nachfolge eine Vielzahl von Services an. Dazu zählen direkte Nachfolgeberatung für Abgeber und Nachfolger,
Unterstützung beim Matching, Sensibilisierung von Unternehmern und Gründungswilligen sowie Sprechtage zu Finanzierung, Bewertung, Recht und Steuern. Infos: https://nachfolge.ruhr/
Bei aller Technik-Begeisterung wissen die Sprengels: Am Ende machen Menschen das Produkt. Ein gutes Betriebsklima bringt gute Ergebnisse. Vater und Sohn haben daraus eine Erkenntnis gezogen: „Wir versuchen viel mehr als früher, hier einen Wohlfühlcharakter herzustellen.“ Das soll auch der nächste Azubi spüren. Lehrling Jannis Thurow wird nächstes Jahr fertig.
Mehr Nachrichten aus Witten lesen Sie hier.