Witten. Das Aus der Berliner Ampel ist auch in Wittens Politik Tagesthema. Die SPD lobt ihren Kanzler, die CDU ist froh, dass es vorbei ist. „Endlich.“

Ob in Witten oder Berlin: Überall wird über das Ende der Ampel-Koalition gesprochen. Wittens CDU-Fraktionschef Volker Pompetzki zeigt sich erleichtert, dass es nun „endlich“ vorbei ist. Gleichzeitig fordert er den Kanzler auf, jetzt von selbst das Feld zu räumen. „Eine Hängepartie wäre Gift.“ Das Land müsse wieder handlungsfähig werden.

Bei der SPD herrscht Freude über einen Kanzler, der mit der Entlassung von Finanzminister Christian Lindner und seiner teils emotionalen Stellungnahme klare Kante gezeigt habe. Parteivize Christoph Malz aus Bommern: „Das war eine logische Folge der Entwicklung der letzten Wochen und Monate.“ Lindner sei offenbar nicht bereit gewesen, Kompromisse einzugehen - und habe im Beharren auf die Schuldenbremse die letzte Möglichkeit gesehen, Profil zu zeigen.

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Ähnlich wie Grünen-Fraktionschefin Liane Baumann sieht Malz in möglichen Neuwahlen im März den Vorteil, dass Bundestags- und Kommunalwahlen dann voneinander entkoppelt werden. Ursprünglich waren beide Wahltermine im September geplant. „Bei uns geht es ja um kommunale Themen, die aber von der Bundestagswahl überlagert worden wären“, so der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende.

Wittener Parteien sehen Vorteil: Bundestags- und Kommunalwahlen werden entkoppelt

Grünen-Politikerin Baumann findet das Ampel-Aus zum jetzigen Zeitpunkt „höchstbedauerlich“. Gerade jetzt zeige die Weltpolitik, „dass es eines starken Deutschlands bräuchte“. Die Grünen hätten zwar nicht immer Freude an der Koalition gehabt. Diese habe aber auch „viel Positives“ zustande gebracht, von der Klimawende bis zur Bewältigung der Gaskrise am Anfang des Ukraine-Kriegs. Der FDP wirft sie vor, ideologisch gehandelt zu haben, indem sie etwa darauf beharrt habe, die Steuern für Gutverdienende zu senken.

Wittens SPD-Vorsitzender, der heimische Bundestagsabgeordnete Axel Echeverria, spricht von „viel Zustimmung“ für Kanzler Olaf Scholz bei einer Sondersitzung der Bundestagsfraktion, die am Mittwochabend für 22 Uhr anberaumt war. Echeverria hebt in dieser kritischen Situation die „Verantwortung für das Land“ hervor.

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Es gelte, wichtige Entscheidungen zu treffen - etwa zur Entlastung der Wirtschaft durch Senkung des Industriestrompreises. „Wir stehen vor massiven Herausforderungen und brauchen deshalb Investitionen in die Zukunft.“ Deutschland habe kein Schuldenproblem und deshalb sei es richtig, darüber nachzudenken, „ob die Schuldenbremse noch zeitgemäß ist“. Echeverria: „Es geht jetzt um die Verantwortung aller Parteien. Sonst stehen wir ohne Bundeshaushalt da.“

CDU-Fraktionschef Volker Pompetzki verspricht sich von einer neuen Regierung nur „Vorteile“ für die Kommunen, die unter den Entscheidungen der Ampel extrem gelitten hätten, sei es durch zusätzliche, nicht refinanzierte Aufgaben beim Bürgergeld, bei der Migration oder die Energiewende. Pompetzki: „Ich habe große Hoffnung, dass es deutlich besser wird.“ Und was sagt zuguterletzt die FDP selbst?

Janosch Dahmen (Grüne) zum Ampel-Aus

Auch der heimische Bundestagsabgeordnete der Grünen, Janosch Dahmen, hat sich zum Ampel aus geäußert. Er wirft Christian Lindner vor, der Verantwortung Deutschlands in der jetzigen Weltlage nicht gerecht werden zu wollen - indem er sich dem Zustandekommen eines den Krisen angemessenen Haushalts verweigert habe. Dahmen: „Ich bedauere das, insbesondere weil von Seiten der SPD und Grünen verschiedene Vorschläge auf dem Tisch lagen, wie diese Haushaltslücke hätte geschlossen werden können.“

Kanzler Scholz und Vizekanzler Habeck seien sich deshalb einig gewesen, „dass eine weitere verantwortungsvolle Zusammenarbeit mit Christian Lindner und der FDP so nicht mehr weiter möglich ist und ich teile diese Einschätzung. Für alle notwendigen Entscheidungen, die für unser Land in diesen außerordentlichen Zeiten keinen Aufschub dulden, werden wir im Parlament für die notwendigen Mehrheiten werben.“

„Die Koalition ist am Ende an inhaltlichen Leitfragen gescheitert“, so Wittens FDP-Vize Nils Hagenkötter. Am Wachstum der Wirtschaft führe kein Weg vorbei, sagt er und verteidigt das 18-seitige Papier seines Vorsitzenden, das bei den Koalitionspartnern keinen Anklang fand. Dem Kanzler wirft er regelrecht „Erpressung“ vor. „Die Schuldenbremse aufzuheben, um weiterregieren zu können, war für die FDP und Christian Lindner keine Option.“

Hagenkötter spricht sich für Neuwahlen aus, wie es Lindner für Januar vorgeschlagen habe. Vorher hätte man noch geordnet „die Projekt zuende bringen zu können“, allem voran den Bundeshaushalt. „Daher erschließt sich für mich nicht, warum der Kanzler die Vertrauensfrage erst im Januar stellen will.“