Witten. Tierheimhunde haben es nicht leicht. Astrid Stolberg aus Witten weiß das. Deshalb geht sie mit gutem Beispiel voran – und bekommt viel zurück.
Den Fotografen mit seinem Blitzlicht oder auch Fremde bellt Timon schnell aggressiv an, wenn sie ihm zu nahe kommen. Er fletscht die Zähne, springt auf sie los und geht in den Angriffsmodus über – nur der Maulkorb und die Leine halten ihn dann noch zurück. Doch wenn er in der Nähe von Astrid Stolberg ist, ist er auf einmal ganz anders. Total verschmust, liebevoll und vertraut schleckt er ihr zum Beispiel die Wange ab. Timon ist aber nicht ihr eigener Hund, sondern kommt aus dem Tierheim. Und mit ihm geht die Wittenerin Astrid Stolberg regelmäßig ehrenamtlich Gassi.
Eine überaus wichtige Aufgabe in Zeiten, in denen das Tierheim Witten, Wetter und Herdecke voll ist und es sogar eine Warteliste für Hunde gibt, die dort aufgenommen werden sollen. Für die Angestellten ist es bei dem enormen Arbeitsaufwand nicht immer einfach, den Hunden neben den Pflichtaufgaben dann auch noch genügend Liebe und Zuneigung zu schenken.
Wittenerin sorgt bei Hund Timon für Lebensfreude
Für Stolberg ist es deswegen schon seit Jahren eine Herzensangelegenheit, in ihrer Freizeit mit den Hunden in den Wald zu gehen. Aktuell liegt ihr ganzer Fokus auf Timon, einem braun-schwarzen Mischling. Er hat eine schwierige Vergangenheit, sei in Rumänien aufgewachsen und habe wenig äußere Einflüsse erfahren, sagt sie.
Heißt in seinem Verhalten heute: Wenn er etwas nicht kennt oder wenn etwas unbekannt ist, dann verliert er die Fassung. „Er ist ein großartiger Hund, aber bei Fremden zeigt er aus Unsicherheit eine Abwehrreaktion. Er hat schon gelernt, dass es moderater geht. Wir haben viel erreicht“, sagt Stolberg. Er war in der Vergangenheit auch kurz bei einer Pflegefamilie. Doch dort hat er einen Postboten gebissen, deswegen auch der Maulkorb. Seit fünf Jahren ist er nun im Tierheim.
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Wie gut ihm Stolberg tut, merkt man auf den ersten Blick. Im Zwinger springt er vor Freude sofort auf und ab, als er sie sieht. Im Wald angekommen versprüht er dann Lebensfreude pur, zieht an der Leine oder schleckt das Bachwasser auf. „Er kommt nicht jeden Tag raus und ist ein Energiepaket. Wenn er herauskommt, nutzt er die Gelegenheit, um seine Energie herauszulassen“, schwärmt Stolberg.
Astrid Stolberg macht auch Trainingsspaziergänge
Früher ist sie mit allen Hunden Gassi gegangen, später dann nur noch mit Langzeitbewohnern mit schwierigen Vorgeschichten, die deswegen lange auf ein neues Zuhause warten müssen. Mit denen kann sie nämlich gut umgehen – und will für sie auch eine Bezugsperson sein, die sie sonst nicht hätten. Weil sie nun ganz frisch Mutter geworden ist, geht die 43-Jährige aber nur noch mit Timon.
Sie macht mit ihm als ehrenamtliche Gassi-Geherin zum Beispiel Trainingsspaziergänge. Die dauern nicht so lange und da trainiert sie beispielsweise bei Fuß laufen. Auch, dass er mal alleine sitzen bleiben muss, während sie weggeht oder Suchspiele gehören dazu. Immer wieder gibt es aber auch „Wohlfühlspaziergänge“, sagt sie. Dann erkunden die beiden zwei bis drei Stunden den Wald und gehen im Sommer auch gerne Mal zusammen in den Bach.
Sie selber hat mit dem Gassigehen angefangen, als sie nach Niedersachsen gezogen ist. „Wir hatten früher immer einen Hund.“ Seit sie wieder in Witten wohnt, macht sie das hier. Schon acht Jahre geht sie jetzt mit den Vierbeinern aus.
Hunde suchen Zuneigung
„Das Ehrenamt ist ein Gewinn für einen selber“, sagt sie freudestrahlend, während Timon und sie wieder auf dem Rückweg sind. „Es ist so schön, wenn ich ins Tierheim komme und höre, wie er sich freut. Diese Freude im Hund zu sehen, ist alles wert, was auch an Aufwand dahinter steckt. Die Tiere hier bekommen nicht die Zuneigung, die sie in einem Zuhause bekommen, die möchte ich ihnen geben.“ Für die 43-Jährige ist es aktuell viel Zeitmanagement, alles unter einen Hut zu bekommen: Die frisch geborene Tochter, die Familie, die Arbeit, der eigene Hund – aber sie macht es gerne.
Nach dem Waldspaziergang wieder am Tierheim angekommen, geht es für Timon wieder in den Hundezwinger. Während Stolberg ihn zurückbringt, ertönt ein ohrenbetäubendes Bell-Konzert von etlichen Hunden. Die warten in ihren Zwinger auf eine Person wie Stolberg, die ihnen ein wenig Zuneigung in ihrem schweren Leben schenken.
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