Witten. Stadttauben in Witten leiden unter Fehlernährung und Krankheiten. Für viele sind sie ein Objekt des Hasses. Ein neues Taubenhaus könnte helfen.

Drei Tauben sind in Witten in der vergangenen Woche angeschossen worden, vermutlich mit einem Luftgewehr. „Der Hass ist groß“, sagen die Tierschützerinnen Ramona Szymczak (31) und Carina Greif (38). Sie wollen für die Nöte der Tiere sensibilisieren. Doch gleichzeitig stoßen Ehrenamtliche wie sie immer wieder an ihre Grenzen.

„Es gibt einfach zu viele Tiere, die dringend Hilfe brauchen, und viel zu wenige Plätze und Ressourcen, um sie angemessen zu versorgen“, sagt Greif. Für sie gibt es nur eine Lösung für die zahlreichen Tauben in der Innenstadt: einen Taubenschlag.

Rund 500 Tauben leben im weiteren Bereich der Innenstadt, schätzt die Initiative Stadttauben, die sich um den Taubenturm im Lutherpark kümmert. Die Mitglieder tauschen auch regelmäßig in der City die Eier der Vögel gegen Attrappen aus, um die Fortpflanzung der Tiere einzuschränken. Doch für die vielen vielen Tauben, die meist auf dem Dach des Gassmann-Gebäudes sitzen - und nebenan, beim Reisebüro Wedhorn - ist der Lutherpark zu weit weg.

Stadttauben sind sehr standorttreu

„Tauben sind extrem standorttreu“, sagt Carina Greif. Sie hätten nur einen ganz kleinen Bewegungsradius. Der Taubenturm sei für die Tiere gedacht, die sich früher auf dem Rathaus niedergelassen haben. „Die Tiere aus der Fußgängerzone würden da nie hinfliegen.“ Und so bleiben sie, wo sie sind - und nerven Anwohner und Passanten.

Versuche, die Vögel zu vertreiben, wie etwa die überall sichtbaren Stachel, die verhindern sollen, dass Tauben auf Fensterbrettern oder Dachvorsprüngen nisten, funktionieren nur bedingt. „Damit verschiebt man das Problem nur. Die Tauben lösen sich ja nicht in Luft auf“, so Greif.

Immer voller Tauben: das Dach des Gassmann-Gebäudes an der Bahnhofstraße in Witten.
Immer voller Tauben: das Dach des Gassmann-Gebäudes an der Bahnhofstraße in Witten. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Ohnehin sollte sich der Blick auf die ungeliebten Tiere ändern, wünschen sich die Tierfreundinnen. „Im Grunde sind das auf der Straße lebende Haustiere“, sagt Ramona Szymczak. Denn die Stadttauben stammen von ehemaligen Brieftauben ab. Die Probleme, die sie bereiten, hängen damit zusammen. So finden die Vögel auf der Straße nicht die passende Nahrung. Eigentlich sollten sie sich von Samen und Körnern ernähren. In der Stadt fressen sie dann aber eher Speisereste.

Tauben sind permanent auf Nahrungssuche

Die Tiere hungern, es geht ihnen schlecht“, fasst es Szymczak zusammen. Deshalb seien sie permanent auf Nahrungssuche, gerne mal zwischen den Füßen von Café-Besuchern. Und was sie finden, fressen sie, auch wenn sie es nicht vertragen. Daher komme dann auch der typische Durchfall, den man oft an Fassaden sieht. „Wenn sie richtig essen, scheiden sie kleine, feste Köttel aus“, weiß die Rettungssanitäterin.

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Gerade jetzt im Herbst und Winter seien die Tauben besonders unterernährt. Darunter leidet auch das Immunsystem. Eine Gruppe engagierter Privatpersonen um die beiden Frauen päppelt deshalb gerade sehr viele kranke Tauben auf. „Wir sind absolut voll“, sagt Carina Greif. Oft würden deshalb auch die Menschen, die eine kranke Taube finden, diese im Anschluss selbst aufnehmen. „Anders würde es gar nicht mehr gehen.“

Wunsch: Ein Taubenhaus auf der Stadtgalerie

Ihre Mitstreiterin und sie wünschen sich ein Taubenhaus in der City - am besten auf dem Parkdeck der Stadtgalerie. „Das ist sowieso immer leer“, so Greif. Dadurch würden sich viele Probleme lösen. Man könne so etwa den Bestand besser kontrollieren. Aktuell würden immer mehr Tiere hinzukommen, weil die Initiative Stadttauben nicht alle Nester findet und nicht sämtliche Eier austauschen kann. Gleichzeitig würden die Tiere dort regelmäßig Futter bekommen und dann nicht mehr ständig danach in der Fußgängerzone suchen. Der Kot der Tiere würde sich am Taubenhaus konzentrieren. „Das spart am Ende auch Reinigungskosten.“

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