Mülheim. Der Ärger über Wildgänse in Mülheim hat einen neuen Höhepunkt erreicht. Die Stadt will jetzt auch Tiere töten. Welche Alternativen sie ablehnt.
Die Gänse haben ihren eigenen Kopf - und suchen sich ihre Futterstellen selbst aus – auch weit entfernt vom Wasser. Eine größere Schar bevölkert und verschmutzt jetzt auch die große Wiese hinter Schloß Broich. Und das ist schade: Denn die große Müga-Wiese ist bei Familien und anderen sehr beliebt, dort wird gespielt und gepicknickt. Normalerweise.
Was tun gegen die unliebsamen Grasfresser (neben Kanada-Gänsen zum Teil auch Grau- und Nilgänse)? Das ist schon länger eine schwierige Frage – auch in Mülheim. Die Stadtverwaltung hatte vor einigen Wochen angekündigt, sie werde nach „einer ganzheitlichen Vorgehensweise“ suchen. Gibt es jetzt schon einen weitergehenden Plan? „Aufbauend auf Informationen der Forschungsstelle für Jagdkunde und Wildschadenverhütung sowie auf eine Studie der Universität Gießen – und nach Rückfrage bei mehreren erfahrenen Jägerinnen und Jägern – hat sich die Verwaltung entschieden, durch eine punktuelle Entnahme (Anm. Redaktion: Tötung) einzelner Gänse aus Gruppen einen Vergrämungseffekt anzustreben. Im Kern gehen die Fachleute davon aus, dass durch die Entnahme am Boden ein gewisser „Lerneffekt“ eintritt, und die Gänse die betreffende Örtlichkeit für einen Zeitraum von bis zu mehreren Monaten meiden“, berichtet Sindy Peukert, Pressesprecherin der Stadt.
Stadt Mülheim: „Gänse zeigen so gut wie keine Scheu, eine gezielte Entnahme ist gefahrlos möglich“
In einer Testphase sei bereits geprüft worden, ob eine derartige Bejagung auf den betroffenen Mülheimer Flächen an der Ruhr umsetzbar wäre. Dabei habe man festgestellt, dass die Gänse so gut wie keine Scheu zeigten und daher eine gezielte Entnahme einzelner Vögel gefahrlos möglich sei. „Im nächsten Schritt sind neben den Flächen an der Ruhr auch landwirtschaftliche Schadflächen mit zu betrachten. Hierzu müssen jedoch noch Gespräche mit den Jagdpächtern geführt werden“, so Peukert. Tatsächlich werden die Tiere von Jägern und Jägerinnen bejagt, in Zeiten, in denen es erlaubt ist (16. Juli bis 31. Januar). „In der regelmäßigen Bejagung werden auch Ganter bejagt. Wie viele entnommen wurden, kann erst im nächsten Jahr berichtet werden, da erst nach Ende der Bejagungszeit berichtet wird“, so die Stadtsprecherin.
Unser Leser Hans Krähling, der die Stege der Schulen an der Ruhr regelmäßig und freiwillig von Gänsekot befreit (wir berichteten), hat sich mit dem Gänse-Thema intensiv beschäftigt und vor geraumer Zeit einen Brief mit Ideen zur Vergrämung an die Stadt und den Oberbürgermeister geschickt. Er bezieht sich vornehmlich auf den Ruhrstrand, merkt an, dass die Tiere sich eventuell von wehenden Fahnen einschüchtern lassen – oder von einem Hund. Letzteren Vorschlag hat er allerdings selber wieder verworfen. „Zu kompliziert, zu teuer für Mülheim“.
Vorstellen kann er sich dagegen, dass die Gänse durch bestimmte (üble) Gerüche vertrieben werden können. „Sie können nämlich sehr gut riechen“, sagt er. Auch Sichtschutzwände, die den Blick zum Wasser verstellen, könnten möglicherweise etwas bewirken. Sein wichtigster Vorschlag lautet aber: „Man könnte Gräser anbauen, die die Gänse nicht verdauen können und nicht mögen. Eine Firma in Holland stellt sogenannte Hartgräser-Mischungen her. Sie werden an Flughäfen europaweit genutzt und sollen dort tatsächlich gegen die Gänse helfen. Ebenso übrigens wie Lärm, den die Tiere nicht mögen.“
Auch interessant
Stadt Mülheim: „Wehende Fahnen haben sich als unwirksam gegen Gänse erwiesen“
Die Stadt, genauer gesagt der Sportservice, habe ihm mitgeteilt, dass man nach Absprache mit der zuständigen Jagdbehörde drei Ganter aus der Herde, die den Ruhrstrand und die Ruhrbadestelle belagert und verschmutzt, abschießen wolle (siehe oben). Auf Nachfrage unserer Zeitung sind laut Stadtverwaltung/Umweltamt folgende Vergrämungsmaßnahmen nicht realisierbar: Wehende Flaggen hätten sich als unwirksam erwiesen. Sichtsperren könne man am Ruhrstrand nicht installieren, da sie den Blick der Wasseraufsicht auf die Ruhr stören würden. Und: Unverdauliche Hartgräser dürfe man vor Ort nicht aussäen. Laut Bundesnaturschutzgesetz müsse dort „regionales Saatgut für die Erhaltung der natürlichen, regiotypischen Diversität“ eingesät werden. Hartgräser gehörten nicht dazu.
Dass sich das Gänse-Problem durch den Jahreszeitenwechsel löst, ist laut Stadt nicht zu erwarten: „Kanadagänse sind Teilzieher, die – je nach Witterung – meist nur regionale Wanderungen unternehmen, bei Frost zum Beispiel zum Niederrhein ausweichen. Tendenziell sind im Winter sogar eher mehr Tiere im westlichen Ruhrgebiet zu finden als sonst.“
Mehr zu den Gänsen in Mülheim
- Kanada-Gänse koten Stege voll – Mülheimer (85) macht sauber
- Mülheim eröffnet zweite Badesaison – Kampf gegen Gänsekot
- Kartons voller Kot: Gänse nerven auf Mülheimer Sportanlagen
- Mülheimer Ruhrstrand voller Gänse-Kot: Reinigung schwierig
Bleiben Sie in Mülheim auf dem Laufenden!
>> Alle Nachrichten aus Mülheim lesen Sie hier. +++ Abonnieren Sie kostenlos unseren Newsletter per Mail oder Whatsapp! +++ Hier kommen Sie zu unseren Schwerpunktseiten Wohnen, Gastronomie, Handel/Einkaufen und Blaulicht. +++ Zu unserem Freizeitkalender geht es hier. Legen Sie sich doch einen Favoriten-Link an, um kein Event zu verpassen! +++ Lokale Nachrichten direkt auf dem Smartphone: Laden Sie sich unsere News-App herunter (Android-Version, Apple-Version).