Mülheim. Mülheim will Kanadagänse töten, um die Population einzudämmen. Tierschützer sagen: Das wird das Problem nicht lösen. Was machen andere Städte?
Sie bevölkern Sportanlagen, die Badestelle an der Ruhr oder die große Müga-Wiese und verschmutzen die Orte mit ihren Hinterlassenschaften. Schon seit geraumer Zeit versucht die Stadt Mülheim, der Population Herr zu werden und will nun künftig auch gezielt Tiere töten. Das stößt längst nicht überall auf Verständnis.
Als diese Redaktion den ersten Artikel zur angekündigten Tötung der Gänse veröffentlichte, gab es auf Facebook jede Menge Gegenwind. „Wir Menschen nehmen den Tieren die Lebensräume. Dann orientieren sich die Tiere um und dann werden sie zum Dank getötet“, schimpfte jemand. „Immer töten, was soll das?“, fragte eine Leserin, eine andere forderte: „Lasst die Tiere in Ruhe!“
Mülheimer Naturschützerin sieht die Tötung als problematisch
Auch Elke Brand, stellvertretende Vorsitzende des „Nabu Ruhr“ ist mit dem Schritt nicht einverstanden. Vor allem ist sie sich sicher: „Das wird das Problem nicht lösen.“ Eine gezielte Tötung würde ihrer Meinung nach lediglich Platz in einem Lebensraum schaffen. „Und dieser frei werdende Platz wird dann gleich wieder besetzt. Ein echter Vergrämungseffekt wird sich nicht einstellen“, glaubt Brand.
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In den Gänse-Gruppen bestünden auch bestimmte Strukturen. „Wer schießt, der beobachtet ja nicht vorher lange die Struktur der Gruppe. Da müsste man sich schon eine ganze Weile mit beschäftigen“, sagt die Naturschützerin.
Nachbarstadt Essen tötete zuletzt rund 200 Gänse
Sie ist ebenfalls der Meinung, dass die gestiegenen Populationen auch menschengemacht seien. „In den Ballungsräumen füttern die Leute die Tiere und selbst die Jungtiere gewöhnen sich schnell daran“, erklärt die Expertin. Zudem seien die Gänse als reine Vegetarier vor allem auf kurzes Gras angewiesen. Gepflegte Freizeit- oder Sportanlagen sind also ein Paradies für die Tiere. „Wo es nicht zwingend erforderlich ist, könnte man das kurze durch längeres Gras ersetzen“, schlägt Brand vor. Platzwarte von Sportanlagen hätten auch schonmal regelmäßig einen Hund auf den Platz geschickt. „Aber das ist natürlich im Naturschutzgebiet verboten.“
Mülheim ist aber längst nicht die einzige Stadt, die auf die Bejagung setzt. In den 49 Jagdrevieren der Nachbarstadt Essen sind in der vergangenen Saison insgesamt gut 200 Gänse erlegt worden - allerdings nicht auf Friedhöfen, im Universitätsviertel und in Parkanlagen wie der Gruga. „Es gibt keinen Hinweis darauf, dass die Populationen angewachsen sind“, so eine Stadtsprecherin.
Darüber hinaus werden Brutbiotope geschaffen. Im Universitätsviertel werden die Schilfinseln, die der Wasserklärung dienen sollen, bereits vor der Brutzeit geflutet und mit einem Drahtgeflecht bespannt, so dass diese zum Brüten nicht nutzbar sind.
Wo auf eine Bejagung der Gänse verzichtet wird
In Duisburg wird auf eine Bejagung verzichtet. Nach einer deutlichen Zunahme der Populationen in den 2000er Jahren führt die Nachbarstadt seit 2010 ein „Gelegemanagement“ durch. Zur Brutzeit von Grau- und Kanadagans im März und April suchen Mitarbeitende des Umweltamtes die Gelege der Gänse auf, um die Eier vor dem Brüten zu entnehmen. „An den Stellen, wo die Bestände stabil zu sein scheinen, wird die Zahl der Begehungen reduziert. Merken wir, dass an manchen Orten mehr Gänse brüten, wird wieder mehr gemanagt“, erklärt Pressesprecherin Susanne Stölting.
In Oberhausen und Hattingen werden aktuell gar keine Maßnahmen ergriffen. Derzeit sei die Gänsepopulation in Oberhausen bei weitem nicht so stark ausgeprägt wie im letzten Jahr. „2023 wurden circa 250 bis 300 Tiere auf dem Teich im Volkspark Sterkrade gesichtet“, so Sprecher Uwe Spee. Die Servicebetriebe kontrollieren regelmäßig Spiel- und Sportplätze.
In Hattingen, bestätigt Stadtsprecherin Susanne Wegemann, stellten die Gänse zuletzt kein Problem dar. „Ddaher besteht auch kein Handlungsbedarf“.
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