Witten. Die Eisenbahnfreunde Witten sind sauer. Die Tauben im Bahnhof verschmutzen die von ihnen liebevoll restaurierte Museumslok Friedrich. Was tun?
Nach der drei Millionen Euro teuren Sanierung ist der Hauptbahnhof Witten ein echtes Schmuckstück geworden. Das finden nicht nur Reisende, sondern auch mehrere Taubenpärchen. Besonders gern gurren, sitzen, schnäbeln und verdauen sie auf der Lok Friedrich. Deren Besitzer, die Eisenbahnfreunde Witten, haben nun keine Lust mehr, das Museumsstück vom Taubendreck zu befreien. Wittens denkmalgeschütztes Eingangstor wird ein altes Problem nicht los.
Zurzeit machen Lok und Halle einen guten und geputzten Eindruck, keine Taube flattert herum. Ein trügerischer Eindruck: Bei kühlem Wetter suchen mehr Vögel die warme Bahnhofshalle auf als im Sommer, weiß Bahnhofsbesitzer Markus Bürger. Aber: „Die Zahl der Tauben, die im Bahnhof leben, hat insgesamt abgenommen.“
Ein Grund seien „physische Barrieren“ wie Netze oder Spikes, gemeint sind die abstehenden Edelstahlspitzen. „Wir haben die Landeplätze erheblich eingeschränkt, weil es zum Beispiel keine frei stehenden Lampen mehr gibt“, sagt Bürger. Der Leuchtkörper, der sich durch den Tunnel zieht, sei mit Netzen abgedeckt. Deshalb hätten die Tauben wohl die Lok für sich entdeckt. „Und ihr Lieblingsabort ist offenbar der Friedrich“, so Vereinsvorsitzender Jens Grünebaum verzweifelt.
Ein Taubenpaar lebt sogar in der Lok im Hauptbahnhof Witten
Erinnern wir uns: Friedrich zog 2017 als Hingucker in die Bahnhofshalle ein. Die Eisenbahnfreunde hatten unzählige Arbeitsstunden und Kosten investiert, um die einstige Werksbahn-Lokomotive aufzumöbeln. Unter den Blicken unzähliger Zuschauer wurde die Lok schließlich per Kran in die hübsche Halle mit dem weißen Tonnengewölbe und den grauen Stuckverzierungen gehoben. Kaum zogen die Baumaschinen nach der Bahnhofssanierung ab, kamen die Tauben zurück.
Ein Taubenpaar lebt inzwischen sogar in der Lok, mit Blick auf die verlockende Auslage des Bäckers. Vor dessen Eingangstür findet man immer wieder Krümel. Die Vögel stören sich auch nicht an den Putzaktionen, die der Verein alle sechs Wochen ansetzt. Dann wird der ätzende Kot abgeschrubbt, doch die Lackierung sei „jetzt schon total verhunzt“.
Weil der Taubendreck so hartnäckig und gesundheitsschädlich sei, hätten immer weniger Vereinsmitglieder Lust auf diese Arbeit, heißt es. Auch die Begeisterung zur Fortführung des Projekts scheint verflogen - zum Beispiel sollte die Lok noch ein echtes Pfeif-Signal bekommen.
Tauben stören sich nicht an Noppenleisten
Was tun? Die Eisenbahnfreunde mosern, dass es „nicht richtig ist, unsere Lok zuzukacken“. Zuerst griff der Verein in die Taubenabwehr-Produktkiste: Spitze Noppenleisten wurden auf das Dach der Lokomotive montiert. „Das hätten wir uns sparen können, interessiert die Tiere gar nicht“, sagt Grünebaum.
Offizielle Eröffnungsfeier verschoben
Vor gut neun Jahren haben die beiden Wittener Markus Bürger und Radomir Zecevic das Bahnhofsgebäude gekauft und seitdem Stück für Stück sanieren lassen. Anfang 2020 zog der letzte Mieter in den Komplex ein. Die für den Frühsommer geplante offizielle Eröffnung des neuen Hauptbahnhofs fiel coronabedingt aus. Laut Markus Bürger wird sie wohl nachgeholt, wenn die derzeitigen Arbeiten auf den Bahnsteigen beendet sind.
Die Eisenbahnfreunde hoffen, dass sie im September oder Oktober ihre Treffen in den Vereinsräumen unterm Dach des Bahnhofs wieder aufnehmen können. Zurzeit finden nur einige Vorträge virtuell statt.
Wie schwierig die Tauben zu vertreiben sind, weiß Bahnhofsbesitzer Markus Bürger aus eigener Erfahrung. „Wir haben schon alle vom Tierschutz rechtlich akzeptierten Maßnahmen umgesetzt.“ Da die Lok in Verantwortung der Eisenbahnfreunde stehe, sei schnelles Handeln gefragt. Sonst verschärfe sich das Problem weiter. Als einzige Möglichkeit empfiehlt er, das Führerhaus mit „Spikes“ abzudichten. Diese Idee möchten die Eisenbahnfreunde aber nicht akzeptieren. Jens Grünebaum: „Wir können Friedrich doch nicht mit Zahnstochern zupflastern.“