Witten. Warm, laut, lustig und aufregend: Das ist Zwiebelkirmes pur. Tausende besuchen das Wittener Fest. Mulmige Gefühle bleiben außen vor. Meistens.

Die Sonne scheint, die gebrannten Mandeln duften, die Fahrgeschäfte drehen sich schwindelerregend und der Kirmestrubel samt typischer Geräusche und Gerüche nimmt Fahrt auf: Die Jubiläumsausgabe zur 600. Zwiebelkirmes lockt an den ersten Tagen Tausende von Menschen in die Innenstadt rund um den Saalbau - und sie genießen das größte Fest im Wittener Terminkalender spürbar.

„Das ist einfach Heimat für mich, weil wir nicht mehr hier wohnen. Wir kommen dann immer zur Zwiebelkirmes zurück nach Witten, weil man hier einfach jeden trifft“, freut sich eine Besucherin. Dabei erlebt sie auch wieder die vielen Traditionen rund um die Knolle, die stets zum Fest gehören.

Lina (12) ist die jüngste Läuferin

Einer der Höhepunkte ist der Zwiebelsackträgerstaffellauf am Samstagabend, bei dem 18 Teams mit jeweils vier Leuten die bis zu zehn Kilo schweren Zwiebelsäcke mehrmals die Ruhrstraße rauf und runter tragen müssen. Während die verschiedenen Gruppen im Start-Ziel-Bereich auf ihren Einsatz warten, brutzeln neben ihnen Würstchen auf dem Grill, stehen hinter den Absperrungen hunderte Menschen. Sie feuern die Läuferinnen an, jubeln und applaudieren, als die Teilnehmer mit jeweils einem weißen Sack Zwiebeln auf dem Rücken um die Wette sprinten.

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Die jüngste Teilnehmerin ist dabei gerade mal zwölf Jahre alt: „Ein bisschen komisch ist das schon, aber es hat Spaß gemacht. Das ist alles, was zählt“, sagt Lina, die vom Moderator und dem Publikum besonders angefeuert wird – und im Ziel auf die zahlreichen Nachfragen selbstbewusst antwortet: Klar ist sie im nächsten Jahr erneut dabei.

Mittendrin mit Ohrstöpseln

Junge und ältere Besucher haben auf der Kirmes ihre Freude. „Dass es viele Fahrgeschäfte gibt, gefällt mir besonders gut“, sagt ein Mädchen. Um sie herum wummern die Bässe der verschiedenen Musikanlagen, schallen die Durchsagen der Fahrgeschäftbetreiber durch die warme Spätsommerluft. Nicht jeder findet das gut: Die Mitarbeiterin am Crêpes-Stand mittendrin hat sich schon Ohrstöpsel besorgt, lächelt aber trotzdem noch.

Ab in die Kugel: auf der Zwiebelkirmes kein Problem.
Ab in die Kugel: auf der Zwiebelkirmes kein Problem. © FUNKE Foto Services | Judith Michaelis

Erfrischung bei den warmen Temperaturen versprechen ein kühles Eis oder das große Wasserbecken, in dem riesige Plastikkugeln schwimmen. Doch halt: Ins Wasser darf man nicht, in die Kugeln schon. Ein tolles Erlebnis, das vier Minuten lang dauert.

Aber auch Adrenalin-Junkies kommen voll auf ihre Kosten. Zum Beispiel in den Gondeln, die an einem riesengroßen, propellerartigen Arm hängen. Wer drinsitzt, wirbelt durch die Luft. Glück hat, wer schwindelfrei ist. Ähnlich aufregend ist eine Fahrt im Breakdance oder X-Factor. Ein bisschen weniger atemberaubend, aber gut besucht, ist der Autoscooter - ein Kirmes-Klassiker. Auch das Festzelt auf dem Parkplatz des Saalbaus, in dem unter anderem eine Elvis-Imitation auftritt, füllt sich im Laufe des Tages mehr und mehr.

Zwiebelringe und Zwiebelmuffins

Zwiebelkirmes? Der Name selbst ist nicht unbedingt Programm auf dem Rummel. Auswärtige, die irgendeine Verbindung zur würzigen Knolle suchen, müssen schon genau Ausschau halten. Fernab des Rahmenprogramms gibt es kaum Kulinarisches in dieser Richtung. Aber wer suchet, der findet doch was: etwa Zwiebelringe oder sogar pikante Zwiebelmuffins, die eine Bäckerei extra für die Kirmes erfunden wurden.

Der Lions Club serviert Flammkuchen und Pommes im Festzelt.
Der Lions Club serviert Flammkuchen und Pommes im Festzelt. © FUNKE Foto Services | Judith Michaelis

Doch da ist auch etwas, das den Spaß ein kleines bisschen trüben könnte. Nach der Messer-Attacke in Solingen vor gut einer Woche und dem Messer-Angriff in einem Bus auf dem Weg zum Siegener Stadtfest am Freitagabend kann hier und da mal ein mulmiges Gefühl aufkommen. Doch das Stadtmarketing hatte das Sicherheitskonzept verstärkt. Und tatsächlich sehen die Besucher immer mal Gruppen schwarz gekleideter Männer, die übers Gelände laufen.

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Vor allem die vom Stadtmarketing engagierte Security-Firma zeigt mehr Präsenz als sonst, das Personal wurde nach dem Vorfall verdreifacht. Auch Ordnungsdienst und Polizei tauchen regelmäßig zwischen den Feiernden auf. „Die Leute sind gut drauf und ich sehe nur fröhliche und lachende Gesichter – und vor allem keine ängstlichen Personen“, sagt Stadtmarketing-Chefin Sandra Gagliardi.

So soll es sein. Und mit dem großen Feuerwerk am Samstagabend und der anschließenden Disko im Saalbau endet dann der zweite Tag der Zwiebelkirmes gebührend stimmungsvoll. Noch bis Montagabend geht der Rummel in Witten weiter. Das Wetter spielt bis jetzt mit. Das Geburstagskind hat es verdient.

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