Witten. Wittener Hotelgäste sind derzeit öfter Fußballfans oder Biker. Auf dem Ruhrtalradweg ist an Sommertagen die Hölle los. Die Stadt will noch mehr.
Roland Schmitt hat keinen Tropfen Schweiß auf der Stirn. Dabei hat der sportliche Endsechziger aus Bad Orb bei Frankfurt gerade erst den Schlussanstieg zum Haus Hohenstein genommen, Kurve um Kurve, zuletzt Kopfsteinpflaster, und das alles mit dem Bike, genauer: mit dem E-Bike. „Ab 65 darf man das“, sagt der passionierte Rennradfahrer. Er ist inzwischen 69, kein Gramm Fett zu viel. Schmitt und Gattin kurbeln den Ruhrtalradweg runter, von Winterberg bis Duisburg. Sie sind begeistert, und sie sind nicht allein.
Nicht allein? Es ist Sommer, und auf dem Ruhrtalradweg ist die Hölle los. Wer in Witten nächtigt, besucht entweder Spiele der Fußball-Europameisterschaft oder pedaliert an der Ruhr.
Roland Schmitt und seine Frau gönnen sich die gesamte Strecke, 240 Kilometer, portioniert in drei Etappen, gern an einem langen Wochenende. „Witten liegt im zweiten Drittel des Ruhrtaradwegs“, sagt Hotelbetreiber Ajit Grewal, „und deshalb werden wir häufig für einen Samstag angefragt.“ Aber auch unter der Woche ist Haus Hohenstein regelmäßig Etappenziel.
Daneben haben sich drei weitere Herbergen im Stadtgebiet auf den Velo-Tourismus eingestellt (https://www.ruhrtalradweg.de/de/gastgebende/unterkuenfte/witten): Parkhotel und Ardey-Hotel in der Innenstadt, obendrein Bommerns Reesenhof. Alle Quartiere zeichnen sich durch Extras für die Zweirad-Gemeinde aus, wobei Haus Hohenstein sogar rund um die Uhr geöffnet hat und Gepäcktransfer bietet. Sandra Gagliardi sieht’s mit Wohlgefallen.
Kein Wunder: Die Geschäftsführerin des Stadtmarketings will den Tourismus in Witten fördern. Dieses Ziel hat sie bereits kurz nach ihrer Einführung ins Amt formuliert. „Mit dem Ruhrtal und dem Muttental können wir auch überregional als Tipp für einen Kurztrip punkten“, sagte Gagliardi damals. Wittens oberste Stadtwerberin geht buchstäblich mit gutem Beispiel voran. Sie wandert gern. Obendrein ist sie auf dem Fahrrad sattelfest.
Ruhr-Tourismus in Witten nimmt Fahrt auf
Jessica Eger vom Stadtmarketing sieht den regionalen Tourismus nicht zuletzt aufgrund der Zahlen des Landesbetrieb IT NRW. nach der Corona-Pandemie wieder deutlich im Aufwind. Im vorigen Jahr wurden landesweit gut 32.500 gezählt – ein Plus von 9,5 Prozent. Die Zahl der Übernachtungen nahm um 1,6 Prozent auf rund 61.900 nicht ganz so stark zu. Lokale Zahlen lagen noch nicht vor.
So profitiert Witten vom Rad-Tourismus
Nina Dolezych ist Sprecherin der öffentlichen Marketinggesellschaft Ruhr Tourismus in Oberhausen. Sie hebt die Bedeutung von Wittens kommunaler Beschäftigungsförderungsgesellschaft wabe mbH hervor. Sie betreibt nicht nur die Ruhrtalfähre; sie verleiht obendrein Fahrräder, repariert kaputte Bikes und kümmert sich um die Gastronomie am Fluss in Herbede und Heven.
Der Betrieb sei ein wichtiger Teil des wirtschaftlichen Erfolges des Ruhrtalradweges, sagt. Dolezych und macht eine Rechnung auf: „Übernachtungsgäste geben im Durchschnitt 88,10 Euro und Tagesausflügler 24,80 Euro pro Tag aus.“ Urlaub im Ruhrtal beschere Kommunen wie Witten immer mehr Einnahmen. Das spreche „eindeutig für die positiven wirtschaftlichen Effekte des Ruhrtalradwegs“.
Witten reicht das aber noch nicht. Die Stadt will den Ruhrtalradweg noch attraktiver machen. 19 Ideen für die Piste hat die Stadtverwaltung bereits entwickelt. Sie gehören zur Bewerbung der Stadt für die Internationale Gartenschau (IGA) 2027. Was plant die Stadtverwaltung?
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Fünf Millionen für Trennung der Pisten in Bereiche für Fußgänger und Radler
Eine Maßnahme ist die Trennung der Bereiche für Spaziergänger und Fahrradfahrer - etwa zwischen der Ruhrbrücke Bommern und dem Bahnübergang an der Nachtigallstraße. Im Anschluss soll ein gepflasteter Gehweg entlang der Fahrradstraße entstehen, in Richtung Zeche Nachtigall und Burgruine Hardenstein. Stadtbaurat Stefan Rommelfanger sieht 2025/26 als heiße Bauphase. Der Spaß kostet um die fünf Millionen Euro.
Roland Schmitt, der Radfahrer aus Hessen mit Stopp auf Haus Hohenstein, kann Wittens Anstrengungen verstehen. „In Bad Orb gibt es schon lange keinen Kurbetrieb mehr. Wir setzen jetzt auf Mountainbiker. Ich habe die Strecken im Wald mitgebaut.“