Witten / Herne. Das neue „Kochhaus“ in Bochum versorgt jetzt auch Patienten und Mitarbeiter in der Wittener Klinik mit Mahlzeiten. Eine gigantische Aufgabe.

Schnitzel, Suppe oder Nudeln: Was die Patienten und Mitarbeiter im Marien-Hospital auf den Teller bekommen, wird mittlerweile nicht mehr in der eigenen Küche zubereitet. Seit März liefert das neue „Kochhaus“ die Speisen von Bochum nach Witten.

Die Katholischen Kliniken Bochum und die Herner St.-Elisabeth-Gruppe, zu der das Wittener Haus gehört, haben diese zentrale Großküche gemeinsam errichtet. 17.000 Mahlzeiten werden in Zukunft dort täglich produziert. Eine Mammutaufgabe, die gut geplant sein will.

700 Mahlzeiten nur für Witten

Tag für Tag werden im Schnitt 450 Mahlzeiten für Patienten des Marien-Hospitals sowie 250 Gerichte für deren Mitarbeitende in die Ruhrstadt geliefert. Jenen, die zuvor in der Wittener Klinikküche tätig waren, wurden Arbeitsplätze am neuen Standort angeboten. „Die meisten haben sich dafür entschieden“, sagt Dr. Sabine Edlinger, Geschäftsführerin der Elisabeth Gruppe.

Sie arbeiten also nun im Kochhaus, was ein ziemlich zurückhaltender Name für eine der größten Unternehmensküchen der Region ist. Dort - in einem Gewerbegebiet in Bochum-Gerthe - ist alles eine, ach was, zwei Nummern größer. Schnitzel werden nicht in Pfannen gebraten, sondern laufen über eine Bratstraße. Und für die Rührbesen braucht man zwei Hände.

Ramin Homayouni leitet das Kochhaus, das auch das Wittener Marien-Hospital mit Mahlzeiten beliefert.
Ramin Homayouni leitet das Kochhaus, das auch das Wittener Marien-Hospital mit Mahlzeiten beliefert. © Martin Leclaire LECLAIRE PHOTOGRAPHIE

Die Gesamtleitung des Kochhauses liegt bei Ramin Homayouni. Die Küche ist zwar das Herzstück. Doch sämtliche Warenströme und Abläufe müssen in die richtigen Bahnen gelenkt werden. Die Kühlung muss an der richtigen Stelle sein, ebenso wie die Behälter, in denen die Mahlzeiten ausgeliefert werden, die Spülstraße oder die Entsorgung. So gebe es allein drei verschiedene Hygienebereiche, da die Vorgaben für die Krankenhausversorgung besonders streng seien, wie es heißt.

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Ebenso komplex sind die Anforderungen für das Essen selbst. Über allem stehe der Anspruch, dass es lecker sein müsse, sagt Kochhaus-Chef Homayouni. Bevor er zur Elisabeth-Gruppe kam, hat er eine Reihe anderer Stationen in der Gastronomie absolviert, sogar in der Sterneküche. Die Ausgangsprodukte müssten eine hohe Qualität haben. Auch Regionalität sei ihm wichtig.

Deshalb kommen die Kartoffeln vom Niederrhein, der Spargel aus der direkten Umgebung. Die Eier in Bioqualität stammen aus dem Münsterland. Geschätzter Jahresverbrauch: etwa eine Viertelmillion. Wurst und Fleisch bezieht die Großküche von einem Betrieb in Mülheim. Die Mahlzeiten orientieren sich an der jeweiligen Saison von Obst und Gemüse. Der Trend gehe zu mediterranem Essen.

Auch ein Konditormeister gehört zum Team des Kochhauses. Er sorgt für die süßen Geschmackserlebnisse.
Auch ein Konditormeister gehört zum Team des Kochhauses. Er sorgt für die süßen Geschmackserlebnisse. © Martin Leclaire LECLAIRE PHOTOGRAPHIE

Doch es soll ja nicht nur schmecken, es soll auch zur Heilung beitragen. Ramin Homayouni nennt als Beispiel die Rheumatologie. Dort sei es wichtig, antientzündliche Kost zu bieten - also wenig Fleisch, dafür viel Olivenöl. Senioren in der Klinik für Geriatrie haben wiederum ganz andere Ansprüche. Dort muss eventuell Rücksicht auf Schluckbeschwerden genommen werden. Homayouni hat vor einigen Jahren Mahlzeiten in Püreeform entwickelt. Auch Hauterkrankungen können eine bestimmte Diät erfordern.

Alle Gerichte entstehen im sogenannten „Cook & Chill“-Verfahren. Das heißt: Die Mahlzeiten werden gekocht, heruntergekühlt und am nächsten Tag an Ort und Stelle aufgewärmt und serviert. „Deshalb verhält sich das Essen einfach anders“, sagt der „Chefkoch“. Deshalb haben sie spezielle Rezepte entwickelt.

Küchenmeister verkosten jedes Gericht

Beispiel Schnitzel: Das schmeckt erst so richtig mit einer fluffigen Panierung - doch die kann sich beim falschen Kühlen und Wiederaufwärmen auch in Pappe verwandeln. Das Küchenteam hat einen Weg gefunden, wie sie fluffig bleibt. Ähnliches gilt für Nudeln. Die sollen nicht matschig, sondern „al dente“ bei den Patienten und Gästen ankommen. Und wie schafft man es, dass Suppe beim Transport nicht überschwappt? Die Lösung: die japanische Gelatine Agar Agar. Mit ihr wird die Suppe geliert.

Auch die Optik spiele eine wichtige Rolle, „die Gerichte müssen immer gleich aussehen“. Es gibt klare Vorgaben, Rezept inklusive Foto des Endergebnisses hängen laminiert in der Küche. In absehbarer Zeit werden Tablets die Aufgabe übernehmen. Damit die Qualität stimmt, verkosten die Küchenmeister jedes Gericht, um Fehler frühzeitig zu schmecken.

Blick ins Kochhaus: Bis Ende des Jahres werden dort bis zu 17.000 Mahlzeiten produziert.
Blick ins Kochhaus: Bis Ende des Jahres werden dort bis zu 17.000 Mahlzeiten produziert. © Martin Leclaire LECLAIRE PHOTOGRAPHIE

Über so viel Einsatz werden sich hoffentlich auch die Patientinnen und Patienten in Witten freuen. Doch wofür werden eigentlich jetzt die verwaisten Räume der Küche im Marien-Hospital genutzt? Geschäftsführerin Sabine Edlinger: „Dafür gibt es noch keine Planung.“

Kooperationsprojekt kostet rund 70 Millionen Euro

Die Herner Elisabeth-Gruppe und das Katholische Klinikum Bochum haben gemeinsam etwa 70 Millionen Euro in das Kochhaus investiert. Es befindet sich auf einem 26.000 m² großen Grundstück im Gewerbepark Bochum-Gerthe-Süd.

„Durch die kontinuierlich steigende Anzahl von Patienten, aber auch Mitarbeitern, hätten unsere vorhandenen Küchen vergrößert werden müssen. Schnell war klar, dass dies in den einzelnen Krankenhäusern nicht möglich gewesen wäre“, so Sabine Eidlinger, Geschäftsführerin der St. Elisabeth-Gruppe. Deshalb sei die Entscheidung für den Bau dieser Großküche gefallen.

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