Witten. Die Versorgung der Wittener Psychiatrie-Patienten in Herdecke verschiebt sich erneut. Der Neubau wird nicht fertig. Was dennoch gut gelaufen ist.
Eigentlich wollte das Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke (GKH) schon im Frühjahr mit der stationären Versorgung der Wittener Psychiatrie-Patienten beginnen. Dann hieß es: Im Juli geht es los. Nun verschiebt sich die Eröffnung des Neubaus noch einmal, vermutlich auf August. Unterdessen geht der Kampf für eine eigene Psychiatrie in Witten weiter: Der Landtag muss sich erneut damit befassen.
Ein heftiges Unwetter mit Starkregen hat am vergangenen Dienstagabend (29.6.) und in der Nacht auf Mittwoch (30.6.) für erhebliche Wasserschäden am Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke gesorgt. Betroffen waren in erster Linie Räume der Abteilung für Psychiatrie sowie der Psychiatrieneubau.
Psychiatrische Ambulanz in Witten eröffnet bald
„Mittlerweile sind die meisten Folgen beseitigt. Es ist jedoch noch unklar, in welchem Ausmaß das Wasser den Psychiatrieneubau beschädigt hat“, sagt GKH-Sprecherin Alexandra Schürmann. Ein Gutachter ist beauftragt, dies zu ermitteln. Außerdem habe es wegen der hohen Preissteigerungen große Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Baumaterial gegeben. Nicht zuletzt hätte Corona den Baufirmen zu schaffen gemacht, weil viel Personal fehlte.
Wenn die Schäden am Neubau schlimmer seien, als ohnehin schon befürchtet, könne sich die Eröffnung erneut verzögern, so Schürmann. Allerdings werde zeitnah eine Psychiatrische Ambulanz an der Körnerstraße in Witten ihre Arbeit aufnehmen, so dass ein Vor-Ort-Angebot für die Wittener bestehe. „Diese Räume sind so gut wie fertig.“
Online-Petition für Psychiatrie in Witten hat viele Unterschriften gebracht
Verhalten optimistisch zeigen sich die Initiatoren der Online-Petition „Psychiatrie in Witten für Witten“, die Lea Banger (FDP) und Siegmut Brömmelsiek (WBG) im April gestartet haben. Innerhalb von rund sechs Wochen kamen 2614 Unterschriften zusammen, 2032 allein von Wittener Bürgerinnen und Bürgern. Damit sei die erforderliche Anzahl von 1200 Unterschriften weit überschritten.
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Nun muss sich der Petitionsausschuss des Landtags erneut mit dem Thema befassen, obwohl NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann die Absage an eine eigene Psychiatrie in Witten jüngst bestätigt hatte. „Die Vielzahl an Unterschriften zeigt, dass eine wohnortnahe psychiatrische Versorgung vielen Menschen sehr wichtig ist“, sagt Heinz-Werner Bitter, Geschäftsführer der Evangelischen Krankenhausgemeinschaft Herne/Castrop-Rauxel, die auf ihrem Gelände an der Pferdebachstraße eine eigene Psychiatrie plant.
Landespolitiker wollen sich für Psychiatrie in Witten einsetzen
Die extra zu einem Treffen in Witten geladenen Landespolitiker von FDP und CDU, die von den Problemen vor Ort nach eigener Aussage gar nichts mitbekommen haben, wollen sich nun für das Anliegen einsetzen. Man wolle im Petitionsausschuss herausfinden, woran es bei der ablehnenden Entscheidung gehakt hat und ob alles korrekt gelaufen sei. Allerdings, so CDU-Generalsekretär Josef Hovenjürgen, werde es sicher nicht leicht, „die negative Stellungnahme aus der Welt zu kriegen“.
Klinik Niederwenigern ist weiter für Wittener da
Bis das Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke die psychiatrische Pflichtversorgung für ganz Witten übernehmen kann, werden Wittener, die in eine Psychiatrie zwangseingewiesen werden, zum größten Teil – wie bislang – im St. Elisabeth-Krankenhaus Hattingen-Niederwenigern behandelt. Hierbei handelt es sich ausschließlich um Menschen, die selbst- oder fremdgefährdend sind.Die Pressestelle der Klinik Niederwenigern betont, dass Patienten ansonsten immer die freie Krankenhauswahl haben. Daher könnten sich psychisch Erkrankte – unabhängig von der künftigen Pflichtversorgung Wittener Bürger in Herdecke – weiter im St. Elisabeth-Krankenhaus für eine Behandlung melden.
Parallel dazu läuft ein Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen gegen das Nein zu einer Psychiatrie in Witten. Die Ev. Krankenhausgemeinschaft Herne/Castrop-Rauxel, zu der das EvK Witten gehört, klagt gegen das Land. Eine Entscheidung werde im Herbst erwartet, so Geschäftsführer Heinz-Werner Bitter.
„Dass das alles so lange dauert, ist der Sache nicht förderlich.“ Nach Ansicht des EvK-Chefs besteht dringender Handlungsbedarf, die „nachweislich fehlenden 79 stationären Betten und 21 Tagesklinikplätze“ für psychisch Erkrankte in Witten endlich anbieten zu können.