Witten. EvK-Chef Heinz-Werner Bitter gibt sein Psychiatrie-Projekt in Witten nicht kampflos auf. Seine Krankenhausgemeinschaft zieht vor Gericht.

Nach dem Aus für die Wittener Psychiatrie klagt nun die Evangelische Krankenhausgemeinschaft gegen das Land. Vergeblich hatten sich im vergangenen Jahr EvK, Ärzte, Patienten, Bürgermeisterin und Parteien für einen Neubau in Witten stark gemacht.

Mitte November fiel dann die Entscheidung des NRW-Gesundheitsministeriums. Das Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke soll die Pflichtversorgung stationärer psychiatrischer Patienten aus Witten übernehmen. Den Ablehnungsbescheid durch die Bezirksregierung Münster will Heinz-Werner Bitter, Geschäftsführer des Evangelischen Krankenhauses Witten, so nicht hinnehmen.

Die Evangelische Krankenhausgemeinschaft Herne/Castrop-Rauxel, zu der das EvK seit 2016 gehört, klagt vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen gegen das Land. Juristisch vertreten wird sie von einer renommierten Münchner Kanzlei. Bitter hält die Entscheidung des Gesundheitsministeriums gegen eine Psychiatrie in Witten für politisch motiviert. Er übt hierbei auch Kritik am Kreis. Bitter: „Vor Gericht müssen dann die Sachargumente dargelegt werden. Das ist unser Anliegen.“

18 Millionen Euro sollten am Standort Witten investiert werden

18 Millionen Euro wollte die Krankenhausgemeinschaft Herne/Castrop-Rauxel in den geplanten Psychiatrie-Neubau mit 79 vollstationären und 21 Tagesklinikplätzen auf dem Wittener EvK-Gelände investieren. Psychisch erkrankte Wittener werden bislang größtenteils vom St.-Elisabeth-Krankenhaus in Hattingen-Niederwenigern stationär behandelt – keine wohnortnahe Versorgung, wie betroffene Patienten, aber auch Wittener Ärzte klagen.

Anfang Februar hat Bürgermeisterin Sonja Leidemann EvK-Geschäftsführer Bitter und Landrat Olaf Schade zu einem Gespräch in Sachen Psychiatrie eingeladen. Derweil macht sich das Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke fit für seinen neuen Versorgungsauftrag.

Bis Oktober sollen durch Umbauten in der Klinik die vom Düsseldorfer Ministerium geforderten 110 Patientenbetten geschaffen sein. Auf die notwendigen 35 Tagesklinikplätze an der Wittener Pferdebachstraße möchten die Herdecker mit einem Anbau an ihre bisherige Tagesklinik kommen.

43 Betten weniger als vom NRW-Gesundheitsministerium für notwendig erachtet

EvK-Geschäftsführer Hans-Werner Bitter erinnert an die vom NRW-Gesundheitsminsterium selbst aufgestellten Bedarfsrechnungen. Diese hätten noch 43 stationäre Psychiatrie-Betten mehr für notwendig erachtet als jetzt – nach der Entscheidung des Gesundheitsministeriums – im Kreis geschaffen würden. Für nicht nachvollziehbar hält der Klinikchef es auch, dass das Evangelische Krankenhaus in Witten mit seiner 100 Betten starken Geriatrie über kein gerontopsychiatrisches Angebot verfüge. Bitter: „Jeder dritte Patient in unserem Krankenhaus ist ein geriatrischer Patient.“

Diese Zahl werde aufgrund der immer älter werdenden Bevölkerung noch steigen, betont Bitter. Das Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke verfüge über keine Geriatrie. Das Land habe sich auch für eine wohnortnahe psychiatrische Versorgung ausgesprochen. Dennoch bekomme Witten, die größte Stadt im EN-Kreis, keine eigene Psychiatrie.

Landrat hatte im Juni Gesprächsbedarf im NRW-Gesundheitsministerium angemeldet

Landrat Olaf Schade hatte sich Anfang Juni 2019 mit einem Schreiben an NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann gewandt. Darin hatte Schade nach Informationen dieser Zeitung betont, dass er aufgrund der Rückmeldungen der „pflichtversorgenden Kliniken“ in Hattingen-Niederwenigern und Herdecke „dringenden Gesprächsbedarf“ zur geplanten Psychiatrie in Witten habe. Wie der Landrat hatten auch die Landtagsabgeordneten Nadja Büteführ (SPD) und Verena Schäffer (Grüne) in einem Schreiben Laumann um eine „Erläuterung“ für den Standort Witten in einem persönlichen Gespräch gebeten.

Die Herdeckerin Büteführ und Verena Schäffer aus Witten, Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen im Düsseldorfer Landtag, hatten den Minister aufgefordert, mit den betroffenen Kliniken in den Dialog zu treten, „um eine einvernehmliche Lösung zu finden“. Gemeint waren das Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke, das St. Elisabeth-Krankenhaus Niederwenigern sowie das Fliedner-Krankenhaus in Gevelsberg.

Im November hatten sich Nadja Büteführ und Verena Schäffer dann enttäuscht über die Entscheidung des Ministeriums gegen eine Psychiatrie in Witten gezeigt. Sie hätten es begrüßt, wenn sowohl die bestehenden Psychiatrie-Angebote im Kreis gestärkt worden und auch ausreichend Plätze in Witten geschaffen worden wären, hieß es in einer Stellungnahme der EN-Politiker, an der sich auch Rainer Bovermann und Hubertus Kramer (beide SPD) beteiligten.