Witten. Nach zwei Wochen „Click & Meet“ zieht der Einzelhandel in Witten eine Bilanz. Warum die einen darin eine Chance sehen und andere enttäuscht sind.
Einkaufen mit Termin – dieser Trend zum personalisierten Shopping werde sich laut Jenni Duggen von der für Witten zuständigen IHK Mittleres Ruhrgebiet in bestimmten Bereichen durchsetzen. Für die Einzelhändler Vit Bikes und Zwergperten an der Pferdebachstraße ist „Click & Meet“ – wie berichtet – bereits ein Erfolgsrezept. Doch wie sehen das Händler in der City und in Herbede? „Ein geöffneter Laden ist besser als ein geschlossenes Geschäft“, betont Peter Brors (69) von Kutsch Euronics an der Ruhrstraße zunächst einmal.
Telefonisch oder per Internet wird auch dort ein „Shopping-Termin“ vergeben. Für das intensive persönliche Beratungsgespräch ist eine Stunde Zeit eingeplant. „Das ist auch erforderlich. Denn obwohl die meisten Leute gut vorbereitet kommen, gibt es viele Detailfragen“, so Brors. Als „Vollblut-Verkäufer“ hegt er die Hoffnung, dass die Kunden die Beratung im Fachgeschäft zukünftig wieder mehr zu schätzen wissen als den kostenlosen Click im Internet.
Kunden in Witten freuen sich über „ein Stück Normalität“
Auch Susanne Menne, Filialleiterin bei Juwelier Gerling, freut sich, dass das Geschäft für Kunden wieder geöffnet ist. „Die Menschen brennen darauf, endlich wieder ein wenig Normalität zu erleben. Wir hoffen, dass es auch noch so bleibt und nicht gleich wieder alles vorbei ist. Man muss heute äußerst flexibel sein und das Beste aus der Situation machen. Koste es, was es wolle.“ Die Terminvergabe funktioniere gut. Pro Kunde gibt es ein Zeitfenster von 30 Minuten.
Kunden mit Termin haben Vorrang
Sehr diszipliniert sei das Shoppen im „Click & Meet“-Modus“ auch am Samstag (20.3.) abgelaufen, sagen Händler und Kunden. Vor manchen Geschäften gab es Warteschlangen. Kunden mit Termin hatten Vorrang. Unbürokratisch kann man übrigens fast überall direkt vor Ort einen Einkaufstermin buchen.Plakate mit dem Satz „Wir sind wieder persönlich für Sie da“ sind in vielen Schaufenstern zu sehen. Zusätzlich sollen satte Rabatte auf Winterware zum Kaufen motivieren, um die Lager zu räumen.
Im Buchhandel dagegen braucht man keine Termine. Da zählt nur die Anzahl der Personen, die ins Geschäft wollen. Bei der Mayerschen sind die Einkaufskörbchen quasi die Eintrittskarten ins Geschäft. „Es hat eine andere Dimension, die Menschen wieder im Geschäft begrüßen und beraten zu können“, so Buchhändler Martin Meyer.
Im Traditions-Kaufhaus Gassmann an der Bahnhofstraße ist Inhaberin Christine Gassmann-Berger zwar froh, dass zumindest vorübergehend die Zeit des rein virtuellen Einkaufsbummels vorbei zu sein scheint. Allerdings gibt sie auch zu bedenken, dass Bürokratie und Aufwand aktuell sehr groß seien, egal ob für „Click & Collect“ oder „Click & Meet“.
Gassmann-Mitarbeiter in Witten machen mittags eine Maskenpause
Sie ärgert sich, wenn Kunden fragen, warum etwa Kodi permament geöffnet sei – bei fast gleichem Sortiment. „Ich kann dann nur immer sagen, dass ich die Vorschriften nicht gemacht habe, aber mich dran halten muss.“ Zwischen 13 und 15 Uhr machen die Mitarbeiter bei Gassmann übrigens eine Mittags-Masken-Pause.
Regina Suckow-Bömkes, Geschäftsführerin von „Fischer’s Lagerhaus“ an der Wittener Straße in Herbede ist froh, dass der Laden mit Termin wieder öffnen darf. Möbel und Dekoartikel gibt es hier. „Gerade unser Sortiment lebt ja davon, dass man es tatsächlich sehen und erleben kann. Das, was jetzt möglich ist, das ist auf alle Fälle besser als nichts.“ Jedoch ließen die Umsätze dennoch arg zu wünschen übrig.
Zurück in der Innenstadt: In der kleinen Boutique Keudel an der Bahnhofstraße ist man auch froh über die angemeldeten Kundinnen. Jede darf hier eine Stunde lang stöbern, darf Pullis und Hosen endlich wieder live anprobieren – ein fast normales Einkaufserlebnis also. Sarah Kühn, Mitarbeiterin vom Samstags-Team, hofft, dass der Einzelhandel sich gerade dadurch langfristig doch gegen das Internet behaupten kann.
+++ Alles rund um Corona lesen Sie in unserem lokalen Newsblog. +++
„Click & Meet“, das zeigt der Rundgang letztlich, ist für die wenigsten der befragten Händler ein Zukunftsmodell – jedoch „besser als nichts“. Und ein Hoffnungsschimmer in Zeiten, in denen lange gar nichts ging. Bleibt zu hoffen, dass Bund und Länder angesichts steigender Inzidenzwerte bei ihren Gesprächen am Montag (22.3.) nicht wieder anders entscheiden.