Dortmund/Bochum/Duisburg. Nach einer Woche click & meet zieht der Einzelhandel im Revier erste Bilanz. Warum die einen von „Chance“ sprechen, andere enttäuscht sind.:
Wenn jeder Tag ein Samstag wäre, ja dann wäre „click & meet“ wohl eine Lösung. „Dann wären wir gerettet“, sagt eine Boutique-Besitzerin aus Dortmund. „Da war richtig was los bei uns. Da war jeder Termin belegt.“ An anderen Tagen lief es alles andere als rund. „Der Rest der letzten Woche“, sagt die Händlerin, „war sehr ruhig.“ Trotzdem will sie weitermachen. „Wenn das Wetter nicht mehr so schlecht ist, gehen hoffentlich auch wieder mehr Leute in die Stadt. Im Übrigen sei „click & meet“ „besser als nichts.“ Es ist ein Satz, der derzeit sehr oft fällt in der Branche.
Froh, überhaupt wieder öffnen zu können
„Die meisten Händler sind froh, überhaupt wieder öffnen zu können“, bestätigt Thomas Schucht, Sprecher der Industrie und Handelskammer Dortmund. Für eine genaue Einschätzung, ob sich das System lohne sei es allerdings „noch zu früh“. Eines allerdings kann man jetzt schon sagen. Der Trend ist, dass es keinen Trend gibt. Doris Lewitzky, Geschäftsführerin des Handelsverbandes Niederrhein spricht nach zahlreichen Telefonaten mit Händlern auch von „einem uneinheitlichen Bild“. „Wie gut es läuft, hängt von ganz vielen Faktoren ab.“ Branche, Lage und auch Größe des Geschäfts.
Heizung, Strom, Klimaanlage oder Mitarbeiter, die aus der Kurzarbeit geholt werden – die Kosten vieler Geschäfte erreichen auch in „click & meet“-Zeiten schnell wieder normale Höhen. Die Kundenfrequenz kann da angesichts der Auflagen nicht mithalten. Rein wirtschaftlich sei eine offene Filiale mit 50 Prozent des normalen Umsatzes aber ähnlich profitabel wie eine geschlossene Filiale, hat etwa Friedrich Göbel, Chef der Modekette Sinn, jüngst im Interview mit dem WDR gesagt. Die Folge: „Wir machen immer noch Verluste.“
Kleinere Geschäfte im Vorteil
Besser haben es da ausnahmsweise die kleinen Geschäfte im Land. Kundschaft komme schon, bestätigen Bernhard und Stefanie Gräwe, die in Bochum die Boutiquen „Style & Select“ beziehungsweise „Style & Select man“ betreiben. Wobei Frauen und Männer ihrer Erfahrung nach derzeit unterschiedlich einkaufen. „Die Frauen kommen, weil sie Abwechslung suchen, endlich wieder ein Einkaufserlebnis haben wollen“, hat Bernhard Gräwe in den vergangenen Tagen festgestellt. Und die Männer? „Die kommen, weil sie eine neue Hose oder Jacke brauchen. Fertig.“
Eines aber haben alle Kunden gemeinsam. „Sie wollen vernünftig beraten werden“, sagt die Dortmunder Boutique-Betreiberin. „Und dafür haben wir im Augenblick mehr Zeit als üblich.“ Gräwes legen ebenfalls viel Wert auf individuelle Beratung, spüren deshalb aber auch eine der Schwächen des Systems. „Wir haben viel Kundschaft von außerhalb. Ein kleiner Stau und schon kommen die Termine durcheinander.“ Flexibel müsse man da sein, aber stets alle Vorschriften beachten. Bisher, sagt Gräwe, habe man das alles gut hinbekommen. Aber, sagt er auch: „Die Zahlen sind nicht annähernd vergleichbar mit normalen Zeiten.“
Besser als ein neuer Lockdown
„click & meet“ sorgt allerdings für Entlastung. Er habe durch das System bisher „relativ gleichmäßigen Umsatz“ gemacht, sagt Boris Roskothen aus Duisburg, der seit einigen Jahren das 1879 gegründete Spielwarengeschäft der Familie betreibt und es in einen „Concept Store“ verwandelt hat. Mit Accessoires, einer kleinen Auswahl an Büchern und einem großen Angebot an – derzeit beliebten – Brett- und Gesellschaftsspielen. Man habe eine Atmosphäre geschaffen, sagt der 55-Jährige, die die Kundschaft zu schätzen wisse.
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Klar, sagt er, natürlich brauche der Laden auf Dauer wieder Events – vom Malkurs bis zum gemeinsamen Kochabend. „Aber eine Zeit lang können wir mit ,click & meet’ gut über die Runden kommen.“ Jedenfalls besser, als mit einem neuen kompletten Lockdown.
Keine Extrawurst aber Gleichbehandlung
Für Doris Lewitzky, die in Dortmund ein Wollgeschäft betreibt, wäre eine neue Schließung der endgültige „Todesstoß“ für viele in der Branche. „Gerade jetzt, wo neue Ware in die Läden gekommen ist.“ „Augenmaß“ bei politischen Entscheidungen fordert sie und dass diese Entscheidungen nicht allein an Inzidenzzahlen fest gemacht werden. Man wolle ja keine Extrawurst“, sondern nur Gleichbehandlung. „Ich darf nur eine Kundin hineinlassen. Aber im Supermarkt ist es so voll, dass ich alleine zehn Minuten an der Kasse stehen. Das ist doch Kokolores.“