Witten. Zum 125-jährigen Jubiläum des Fachhandels erinnert sich Inhaber Peter Brors (69) zurück an die Elektro-Trends von früher.

Zwei Minuten nach Ladenöffnung landet das erste defekte Gerät auf der Service-Theke bei Kutsch. „Gestern machte es klick-kack und dann ging nichts mehr“, wundert sich ein Stammkunde, während er seinen alten TV-Receiver aus dem Jutebeutel holt. Nach kurzer Inspektion sagt Geschäftsinhaber Peter Brors: „Das ist leider ein Totalschaden.“ Ein „durchgebranntes Gerät“ kann auch kein Traditionsbetrieb mit 125 Jahren Erfahrung retten.

Seit 1893 gehört das Elektrofachgeschäft zu Wittens Innenstadt. Peter Brors, der seit 1965 bei Kutsch tätig und seit 2001 Geschäftsinhaber ist, erinnert sich noch gut an die ersten technischen Revolutionen, die er mitbegleitete. „Als die Umstellung von Schwarz-Weiß- auf Farb-Fernsehen kam, haben viele ihr altes Gerät entsorgt und ihr neues bei uns gekauft.“ Auch einige Kunden erinnern sich noch daran. „Ich hatte einmal fünf Richtige im Lotto“, erzählt Wolfgang L. (75). „2800 Euro gab es. Da hieß es erst einmal: ein neuer Farbfernseher bei Kutsch!“

2005 trat Kutsch der Einkaufskooperation Euronics bei

Nachdem die meisten Wittener das Fernsehprogramm in Farbe verfolgen konnten, sparte die Kundschaft für einen „wuchtigen Sound“. „Die große Hi-Fi-Welle – da haben wir viel Umsatz mit mannshohen Lautsprechern gemacht“, sagt Peter Brors. Und während sich sein Sortiment ständig wandelte, ging auch das Geschäft immer neue Wege – vor allem in der jüngeren Unternehmensgeschichte: 2005 trat Kutsch der Einkaufskooperation Euronics bei, die als Großhändler günstige Waren liefern kann. Brors: „Wenn wir diesen Schritt nicht gemacht hätten, wären wir heute nicht mehr wettbewerbsfähig.“

2011 folgte die nächste Veränderung: Kutsch zog von der Ruhrstraße 41 ins Haus Ruhrstraße 21 um. Seither hat das Elektrogeschäft auf rund 600 Quadratmetern auch Platz für Kühlschränke, Trockner und Waschmaschinen. Auch das Angebot für die immer größer werdenden TV-Geräte wurde erweitert. Besonders gelte dies in Zeiten von Fußball-Weltmeisterschaften, so der Experte.

Große Antenne auf dem Dach

Schon 1954 kurbelte eine WM das TV-Geschäft an – zügiger, als die Senderinfrastruktur in Nordrhein-Westfalen aufgebaut werden konnte. Also errichtete man bei Kutsch kurzerhand eine große Antenne auf dem Dach, um Programme aus dem Ausland empfangen zu können. So konnte man den Kunden stolz die Technik im Geschäft vorführen. Wichtig, so Brors, sei trotz aller Veränderungen immer gewesen, die „Tüftel-Tradition“ des heutigen Elf-Mann-Betriebs am Leben zu halten. „Verkauft wurden anfangs nur Beleuchtungskörper und kleinere Haushaltsgeräte.“ Bis heute wird deswegen nicht nur verkauft, sondern bei Neuanschaffungen oder Problemen mit der Technik auch betreut. Damit will sich Kutsch von der Konkurrenz abheben. „Gerade bei der Ü60-Generation ist es wichtig, hilfsbereit zu sein.“

Zu dieser gehört auch Peter Brors. Deswegen soll bald Sohn Matthias das Geschäft übernehmen. „Es ist in der Tat mit einigen Lernprozessen verbunden, sich ständig auf neue Technik einzustellen“, gibt der 69-Jährige zu. Doch Hilfe beim TV-Gerät im Eigenheim wird Brors im Ruhestand sicher nicht benötigen.

>> Einkaufsgenossenschaft vertritt Händler

Die genossenschaftliche Einkaufskooperation Euronics vertritt etwa 1700 Standorte in ganz Deutschland. Meist sind dies inhabergeführte mittelständische Fachgeschäfte.

Euronics Deutschland ist in Ditzingen ansässig, der europäische Verbund Euronics International in Amsterdam.