Witten. Ihr Mann ist an Corona gestorben, sie selbst lag lange im Koma. Nun wagt Wirtin Magdalene Giomassi vom „Artemis Palast“ in Witten den Neuanfang.
Es war eine tragische Nachricht in diesem Frühjahr: Der Wirt Ioannis Tzimas, Inhaber des griechischen Lokals „Artemis Palast“, ist mit nur 60 Jahren an Corona gestorben. Seine Frau Magdalene hatte sich ebenfalls mit dem Virus infiziert, lag acht Wochen lang im Koma. Doch die 55-Jährige sprang dem Tod noch einmal von der Schippe. Nach sechs Monaten im Krankenhaus und einer langen Reha wagt sie nun den Neuanfang im Restaurant – ohne ihren Mann, aber mit Hilfe von treuen Freunden.
Anfang März hatte die tückische Infektion das Ehepaar erwischt, Ioannis traf sie besonders schwer. Niemand hätte damit gerechnet, dass die Krankheit dem starken, lebenslustigen Mann so sehr zusetzen würde. Doch es ging sehr schnell bergab: Krankenhaus, Beatmung, wochenlanges Bangen. Vergeblich.
Wittenerin erfuhr erst nach Monaten vom Tod ihres Mannes
Seine Frau Magdalene Giomassi bekam von dem Drama nichts mit. Sie wurde zu dem Zeitpunkt bereits ebenfalls beatmet, lag im Koma. „Als ich wach geworden bin, habe ich meine Tochter gefragt, wie es meinem Mann geht. Und sie sagte nur weinend: Es geht ihm auch schlecht, Mama!“, erzählt sie unter Tränen. Eine Notlüge aus Liebe – denn die Wahrheit hätte die Schwerkranke in dem Moment wohl kaum verkraftet. „Und ich habe auch nichts geahnt.“ Erst als sie langsam wieder zu Kräften kam, sagten ihre Kinder ihr, was wirklich passiert ist. „Da war Ioannis schon vier Monate tot.“
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Auch wenn es der 55-Jährigen im Sommer dann langsam besser ging: An eine Wiedereröffnung des Restaurants war lange nicht zu denken. Die Kinder rieten ihrer Mutter davon ab. Beide sind längst erwachsen, haben mit der Gastronomie nichts zu tun. Tochter Elli ist Ärztin, Sohn Aristotelis ist Modedesigner. Sie empfahlen ihr, das Restaurant lieber zu vermieten – schließlich habe sie lange genug in der Küche gestanden.
Interessenten wollten ein Schnäppchen machen
Interessenten für den bis zur Schließung gut laufenden Betrieb gab es denn auch genug. „Es kamen viele, aber die wollten nur ein Schnäppchen machen und nicht zahlen“, übersetzt Mitarbeiter Teo die Worte der Chefin, die nur gebrochen Deutsch spricht, und in der Erinnerung an die Begegnungen aufgebracht ins Griechische gewechselt ist. Doch für ‘n Appel und ‘n Ei wollte die Wirtin ihr Lokal nicht hergeben. Schließlich stecke die Arbeit ihres ganzen Lebens darin. „Ich weiß, was das Restaurant wert ist.“
Und darum entschied sich Magdalene Giomassi dazu, doch weiterzumachen. Sie fragte ihre ehemaligen Mitarbeiter, die nach der monatelangen Schließung längst andere Jobs gefunden hatten. Doch bis auf einen kamen alle prompt zu ihr zurück – die Kellner, die Küchenhilfen. „Das war keine Frage des Geldes, sondern der Freundschaft“, sagt Teo, der in der Zwischenzeit eine Arbeit auf dem Bau gefunden hatte. Bei seinen Worten muss die Wirtin wieder weinen: „Sie alle haben mir so viel geholfen – mit tröstenden Worten und ihren Taten.“
Täglich geöffnet
Das Restaurant „Artemis Palast“ an der Ardeystraße 191 wird am Mittwoch (3.11.) nach achtmonatiger Schließung wiedereröffnet. Öffnungszeiten sind dann täglich von 17 bis 22.30 Uhr. Samstags, Sonntags und an Feiertagen gibt es von 12 bis 15 Uhr ebenfalls einen Mittagstisch.Reservierungen unter 02302/ 83490.
Im Restaurant musste einiges renoviert werden
Die waren nötig, denn im Lokal an der Ardeystraße gab es einiges zu tun. Ein Rohr war geplatzt, der Holzboden hochgekommen. „Wir mussten viel renovieren, aber jetzt ist alles schön“, versichert Teo. Die Gäste können kommen, nächste Woche wird Wiederöffnung gefeiert. Die Stammgäste freuen sich offenbar darauf. „Wir haben schon 60 Tischbestellungen“, sagt der 31-Jährige und zeigt stolz auf den Reservierungskalender.
Teo, der in Küche und Gastraum hilft, ist überzeugt, dass der „Artemis Palast“ auch ohne Ioannis eine Zukunft hat. „Er wird uns allen schrecklich fehlen – aber wir schaffen das auf jeden Fall!“ Auch Magdalene Giomassi nickt entschieden. „Es wird sicher nicht leicht“, sagt sie – und wischt dann mit einem zaghaften Lächeln alle Bedenken beiseite. „Aber ich habe jetzt richtig, richtig viel Lust weiterzumachen!“