Witten. Dicke Luft bei DEW in Witten: Bei den Betriebsratswahlen sind der Belegschaftsvorsitzende und seine Vize durchgefallen. Das hat Konsequenzen.

Eigentlich schien bei den Deutschen Edelstahlwerken (DEW) nach der großen Unternehmenskrise 2020 wieder etwas Ruhe eingekehrt zu sein. Die Schweizer Investoren gaben frisches Geld, die Auftragsbücher füllten sich wieder, ein neuer Sanierungstarifvertrag wurde vereinbart. Doch nun hat ausgerechnet bei dem gerade in der Stahlindustrie so mächtigen Betriebsrat ein überraschender Wahlausgang für Unruhe gesorgt.

Ralf Peine aus Witten war auch Gesamtbetriebsratsvorsitzender bei DEW

Denn bei den jüngsten Betriebsratswahlen haben zumindest der langjährige Vorsitzende Ralf Peine und seine Stellvertreterin Andrea Mallek weniger Stimmen als erwartet bekommen. Beide wurden abgewählt. Peine und Mallek bleiben zwar noch in dem 17-köpfigen Gremium. An die Spitze rücken nun aber die Mitglieder Burak Bilal als Vorsitzender und Biagio Gulino als sein Stellvertreter auf.

Abgewählt: Ralf Peine war Betriebsratsvorsitzender bei DEW in Witten und Gesamtbetriebsratsvorsitzender des Unternehmens mit fünf Standorten in NRW.
Abgewählt: Ralf Peine war Betriebsratsvorsitzender bei DEW in Witten und Gesamtbetriebsratsvorsitzender des Unternehmens mit fünf Standorten in NRW. © Unbekannt | Barbara Zabka / FUNKE Foto Services

Die Gründe für die Abwahl sind noch nicht ganz klar. Der ehemalige Betriebsratschef hat sich bisher ebenso wenig wie sein Nachfolger gegenüber der WAZ geäußert. Aus Kreisen der Belegschaftsvertretung wird darauf verwiesen, die neue Vertretung habe sich noch gar nicht konstituiert.

Aus dem Umfeld des Unternehmens ist zu hören, dass der Ärger im Zusammenhang mit einer gekürzten Sonderzahlung Ende vergangenen Jahres ein Grund sei. Statt zweimal 250 Euro gab’s zwei freie Tage, ohne Wahlmöglichkeit. „Ich glaube, das ist eher dem Betriebsrat als der Unternehmensleitung angekreidet worden“, sagt ein Branchenkenner.

Unmut soll es auch über die „Unsicherheiten in der Produktion“ geben. So käme es etwa häufig zu Schichtverlegungen. „Insgesamt scheint das Klima nicht von Vertrauen geprägt zu sein. Diese unsichere Zeit schlägt sich auf die Stimmung in der Belegschaft nieder“, heißt es. Zumal sich die explodierenden Energiepreise ebenfalls in der Stahlbranche deutlich bemerkbar machen dürften.

Gestiegene Energiekosten können nicht komplett an Kunden weitergegeben werden

2020 stand es Spitz auf Knopf

Nach einem schon schlechten Vorjahr kämpften die Deutschen Edelstahlwerke (DEW), die zum Schweizer Konzern Schmolz & Bickenbach gehören, 2020 regelrecht ums Überleben. Mitten in der Pandemie wurde wieder deutlich weniger Stahl hergestellt. Mitte des Jahres schlug die IG Metall Alarm, die Gelder würden immer knapper. Ende 2020 einigten sich Management und IG Metall auf einen neuen Sanierungstarifvertrag für das Gesamtunternehmen, womit auch ein Streit um das Weihnachtsgeld beigelegt wurde.Über das vereinbarte Maß von bis zu 400 Stellen hinaus soll es bis Ende 2022 keinen weiteren Personalabbau geben. Die Belegschaftsseite trägt bis dahin ihrerseits zu Einsparungen von 39 Millionen Euro bei. Insgesamt müsse DEW bis 2025 die Kosten um 100 Millionen senken, hieß es damals, der gesamte Mutterkonzern, die „Swiss Steel Group“, um 300 Millionen. Kurzarbeit gibt es aktuell keine bei DEW in Witten.

Es sei noch nicht abzusehen, wie sich die derzeitige Lage mit dem Krieg in der Ukraine auf die Produktion auswirke, so ein Unternehmensexperte. Die gestiegenen Kosten für Vormaterial könnten jedoch nicht komplett an die Kunden weitergegeben werden.

Man müsse nun schauen, wie es in dieser schwierigen Situation innerhalb des neuen Betriebsrats weitergeht. Der abgewählte Vorsitzende Ralf Peine hätte sich nach Informationen dieser Redaktion gewünscht, den Staffelstab in einem geordneten Prozess im Laufe des Jahres an eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger weitergeben zu können. Neben dem Vorsitz im Wittener Betriebsrat wird er damit auch sein Amt als Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats im Konzern mit den Standorten Siegen, Krefeld, Hagen, Hattingen und Witten nicht mehr ausüben.