Witten. Der neue Tarifvertrag der Edelstahlwerke steht. Auch in Witten müssen sich die Mitarbeiter nicht nur auf finanzielle Einschnitte gefasst machen.
Die Zukunft der Deutschen Edelstahlwerke (DEW) ist gesichert – zumindest für die kommenden zwei Jahre. Geschäftsführung und Gewerkschaft haben sich auf einen Restrukturierungstarifvertrag geeinigt.
Die Arbeitnehmer verzichten zur Rettung des kriselnden Unternehmens auf Urlaubs- und die Hälfte ihres Weihnachtsgeldes. Es gibt eine Jobgarantie bis Ende 2022. Im Rahmen eines Sozialplans können aber bis 2024 bis zu 400 Stellen abgebaut werden.
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Auf ein Eckpunktepapier für den abweichenden Tarifvertrag hatten sich IG Metall und DEW schon im November geeinigt. Nun steht der Vertrag mit den Details. Demnach werden die Mitarbeiter in den kommenden beiden Jahren nur die Hälfte ihres Weihnachtsgeldes ausgezahlt bekommen. Die Stahlwerker hatten schon 2020 nach emotionalen Debatten auf 40 Prozent der Sonderzahlung verzichtet.
Urlaubsgeld in Höhe von 1000 Euro wird für die kommenden zwei Jahre für DEW-Mitarbeiter in Witten gestrichen
Auch das Urlaubsgeld in Höhe von 1000 Euro, das es erst seit dem letzten Jahr gibt, wird in diesem und dem nächsten Jahr gestrichen. „Weitere finanzielle Einschnitte gibt es aber nicht“, betont IG-Metall-Vorstand Holger Lorek. Insgesamt sollen so von Arbeitnehmerseite 39 Millionen Euro eingespart werden. Dafür garantiert das Unternehmen, alle Standorte in NRW bis Ende 2022 zu erhalten. Neben dem Werk in Witten sind das Krefeld, Siegen, Hagen und Hattingen.
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Der Tarifvertrag schreibt ebenfalls eine Beschäftigungsgarantie bis Ende 2022 fest. Betriebsbedingte Kündigungen sind damit ausgeschlossen – aber nur außerhalb des im September 2020 beschlossenen Sozialplans. Dieser erlaube „einen sozialverträglichen Stellenabbau von bis zu 400 Arbeitsplätzen bis 2024, basierend auf diversen Organisationsänderungen und einem sich fortlaufend weiterentwickelnden Restrukturierungsprogramm DEW 2020+“, so Holger Lorek.
400 statt 270 Stellen sollen sozialverträglich abgebaut werden
Bislang war von 270 Arbeitsplätzen die Rede gewesen. Wie sich die Stellenkürzungen auf die unterschiedlichen Standorte verteilen, ist nicht bekannt. Insgesamt arbeiten bei den Edelstahlwerken rund 4000 Menschen, in Witten sind es etwa 1700 Beschäftigte.
„Für uns war das ein schwieriger Spagat“, so der Gewerkschafter. Man habe man einen Beitrag leisten müssen, um das von den kreditgebenden Banken akzeptierte Konzept zu unterstützen – und mute den Kollegen damit aber erhebliche Einschnitte bei ihren Einkommen zu. Lorek: „Wenn es schon einen Arbeitnehmerbeitrag geben muss, dann sollte zumindest für die Beschäftigten auch etwas Positives, nämlich sichere Arbeitsplätze, dabei herauskommen.“
Kräftige Finanzspritzen für den DEW-Mutterkonzern Swiss Steel
Auch die Ausbildung wird bei den Edelstahlwerken auf dem aktuellen Niveau weitergeführt. Derzeit lernen dort 231 Auszubildende ihren Beruf. Für die Gewerkschaft eine „wichtige Investition in die Zukunft“, etwa um die fortschreitende Digitalisierung bewältigen zu können, so Lorek.
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Man sei froh über den zeitlich befristeten Beitrag der Belegschaft, schreibt das Management in einer Stellungnahme. „Neben allen weiteren Maßnahmen zur Ergebnisverbesserung war dieser zwingend erforderlich.“ Auch die Finanzierung des Mutterkonzerns, der Swiss Steel Group (ehemals Schmolz+Bickenbach), steht nun wieder auf festeren Beinen.
Gespräche über Landesbürgschaft laufen noch
Die Gespräche über eine Landesbürgschaft von NRW laufen nach Angaben der DEW-Geschäftsleitung weiterhin. Bereits im Sommer 2020 hatte das Unternehmen die Bürgschaft in Höhe von 50 Millionen Euro beantragt. Staatliche Hilfen aus dem Corona-Rettungsschirm kamen für die DEW wegen des schlechten Jahresergebnisses von 2019 nicht infrage.
In Frankreich und der Schweiz habe der Mutterkonzern bereits staatlich garantierte Kredite in Höhe von 69 Millionen erhalten, so das Unternehmen.
Unter anderem gibt der Gruppe ein Darlehen über 130 Millionen Euro von September 2020 mehr finanziellen Spielraum. Es stammt von der Bigpoint Holding des Ankeraktionärs Martin Haefner. Im Januar schüttete die Swiss Steel Group außerdem neue Aktien zur Kapitalerhöhung aus. Geplanter Bruttoerlös: 200 Millionen Euro.
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