Witten. Witten erwartet langfristig Tausende Flüchtlinge aus der Ukraine. Die Stadtspitze schilderte jetzt, was das im Einzelnen bedeutet.
Witten hat in Kürze fast 500 ukrainische Flüchtlinge offiziell aufgenommen. Nach Prognosen der Stadt könnten es noch mindestens zehnmal so viele werden.
Falls diese Vorhersagen zutreffen, rechnet Kämmerer Matthias Kleinschmidt mit zusätzlichen Belastungen für den Haushalt in Höhe von rund 500.000 Euro, wie er jetzt im Haupt- und Finanzausschuss (HFA) ausführte.
Damit wolle er nicht andeuten, dass die Stadt keine Flüchtlinge aufnehmen solle. „Aber wir müssen jeden Euro zweimal umdrehen“, so der Beigeordnete. Wenn – wie derzeit prognostiziert – etwa 500.000 Menschen aus der Ukraine nach Deutschland kämen, dann „wären wir in Witten bei 5000 bis 6000 Kriegsflüchtlingen“, schätzt Bürgermeister Lars König.
Wittener Kämmerer: Unterbringung eines Menschen kostet rund 12.000 Euro
Die Unterbringung eines Menschen und die Finanzierung seines Lebensunterhalts koste rund 12.000 bis 13.000 Euro, rechnet Kämmerer Kleinschmidt vor. Allerdings seien das alles noch vorläufige Zahlen. Im Juni hoffe die Stadt, einen klareren Überblick über die finanziellen Auswirkungen zu haben.
Mitte März waren erst etwa 200 Flüchtlinge aus der Ukraine in Witten angemeldet. Aktuell sind es – Stand Montagabend, diese Zahlen können sich stündlich ändern – 461 Menschen. 90 von ihnen sind in den Gebäuden an der Brauckstraße untergekommen, wo noch 20 weitere Plätze zur Verfügung stehen. An diesem Dienstag (29.3.), so der Bürgermeister, erwarte die Stadt eine weitere Zuweisung von 17 Personen.
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Es gebe eine ständige Fluktuation. „Wir wissen nicht immer, wo sie geblieben sind“, sagt König. Möglich, dass die Menschen in andere Städte ziehen oder sofort bei Privatleuten unterkommen. 40 Prozent sind 18 Jahre und jünger. Nur in wenigen Fällen sei ein erhöhter Bedarf gegeben, etwa bei einer Behinderung.
Wittener Bürgermeister: Bis Ostern noch keine Sporthalle schließen
Noch hat die Stadt keine großen Probleme, den Neuankömmlingen ein Dach über dem Kopf zu verschaffen, zumal viele privat einquartiert werden. „Im Moment sieht es nicht so aus, als ob wir vor den Osterferien eine Halle für den Sport schließen müssten, um dort Flüchtlinge unterzubringen“, so König.
Wie sich die Lage nach Ostern darstelle, sei derzeit nicht absehbar. „Wir könnten eine Halle aber innerhalb von 48 Stunden so ertüchtigen, dass Menschen dort leben können.“ Wie angekündigt sei es auch möglich, an der Brauckstraße weitere Kapazitäten freizuziehen, sprich städtische Mitarbeiter auszuquartieren. Dafür müsse man aber mit sechs bis sieben Wochen Vorbereitungszeit rechnen.
Treffen für Geflüchtete und Menschen aus Witten
Die ev. Johannisgemeinde bietet einen neuen Treff an. Die Teilnahme ist kostenlos. Eingeladen sind neu aus der Ukraine Zugereiste, Alteingesessene, Ukrainerinnen mit längerer Wittener Geschichte und Unterstützer ukrainischer Menschen.Gemeinsames Kaffeetrinken, gegenseitiges Kennenlernen und Informationen stehen auf dem Programm. Für Kinder wird zeitweise ein eigenes Angebot erstellt. Das erste Treffen ist am Donnerstag, 31. März, von 16 bis 18 Uhr im Johanniszentrum (Bonhoefferstr. 10). Es gilt die 3G-Regel.
Wenn bei dem erwarteten Zustrom an Schutzsuchenden irgendwann alle Hallen belegt seien, werde die Situation aber äußerst schwierig, kündigt der Bürgermeister an. Auch bei den evangelischen und katholischen Kirchengemeinden habe die Stadt bereits angefragt und zwei Rückmeldungen erhalten. „Aber die angebotenen Räume sind nicht riesig“ und müssten umgebaut werden.
Personelle Situation in Wittener Ämtern verschärft sich
Im Sozialamt und bei der Ausländerbehörde verschärfe sich die Situation ebenfalls. Zeitfenster für Behördengänge werden ausgeweitet, diese sollen auch samstags möglich sein. Der Aufwand für eine Registrierung der Geflüchteten sei inzwischen von einer auf eine Dreiviertelstunde reduziert worden. Dafür habe die Stadt in der Ausländerbehörde Auszubildende abgestellt. „Das kann aber kein Dauerzustand sein“, betont Kämmerer Kleinschmidt. Man denke darüber nach, studentische Hilfskräfte einzustellen. „Mitte des Jahres müssen wir dann über eine personelle Aufstockung sprechen.“
„Das wird für uns alle eine riesige Herausforderung, die wir nur gemeinsam bewältigen können“, appelliert der Bürgermeister im HFA. Dass die Stadt derzeit noch alles gut bewältigen könne, „ist deutlich der Hilfsbereitschaft der Wittener zuzuschreiben“.