Oberhausen. Künftig gelten in Oberhausen für Wohngrundstücke und Gewerbeflächen verschiedene Grundsteuervorgaben. Die heimische Wirtschaft sieht Nachteile.
- Die Stadt Oberhausen splittet ab dem neuen Jahr die Grundsteuer. Für Wohngrundstücke sind die Sätze deutlich günstiger als für Firmenbauten oder gemischte Flächen.
- Viele Firmen müssen daher künftig deutlich mehr bezahlen als bislang. Bei Grundstücken, auf denen Betriebe und Wohnungen stehen, ergibt sich zunächst einmal aufwändiger Klärungsbedarf.
- Über die Vorgehensweise sind die heimischen Unternehmer sehr verärgert. Gleich zwei Verbände äußern ihre Kritik in Zeiten, in denen viele Firmen ohnehin stark unter Druck stehen.
Lange Zeit war unklar, wie Oberhausen die Grundsteuerreform umsetzen wird. Nun hat der Rat entschieden. Ab dem nächsten Jahr gilt ein gesplitteter Hebesatz: Er fällt für Wohnhäuser deutlich niedriger aus als für Inhaber von Gewerbeimmobilien oder Gebäuden mit einer gemischten Nutzung von Wohnen und Geschäftsräumen. Etwas verkürzt gesagt zahlen demnach Unternehmer künftig erheblich mehr als Eigentümer von Ein- oder Mehrfamilienhäusern.
IHK-Chefin befürchtet hohen Verwaltungsaufwand für Oberhausener Besitzer
Diese Lösung stößt aber nun auf erhebliche Kritik in der heimischen Wirtschaft. IHK-Hauptgeschäftsführerin Kerstin Groß sieht zunächst einmal Abgrenzungsprobleme bei den gemischt genutzten Flächen, auf denen sowohl Wohn- und Geschäftsgebäude stehen. Sie rechnet mit „erheblichen Diskussionen“ und befürchtet, dass letztlich solche Flächen „künftig dem höheren Hebesatz unterliegen, selbst wenn das Grundstück teilweise zu Wohnzwecken genutzt wird“. Zudem entstehe ein hoher Verwaltungsaufwand.
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Dass die Entscheidungen nun kurz vor dem Jahreswechsel getroffen werden, „spricht nicht für einen einfachen und reibungslosen Prozess“, erklärt die IHK-Chefin. „Gerade in der aktuell schwierigen Wirtschaftslage erwarten die Unternehmen bei der Umsetzung der Grundsteuerreform, dass sie nicht durch zusätzlichen bürokratischen Aufwand und höhere Steuern belastet werden.“
Kammer sieht die Gefahr einer neuen Sondersteuer für Oberhausener Unternehmen
Darüber hinaus bergen zweierlei Hebesätze aus Sicht der Kammer auch das Risiko einer neuen Sondersteuer für Unternehmen. Das unterstreicht der Vorsitzende des IHK-Steuerausschusses, Michael Simon: „Das wäre eine zusätzliche Unternehmenssteuer und hätte einen verschärften Standortwettbewerb zur Folge.“ Er betont zudem, dass die Grundsteuer einen nicht zu unterschätzender Faktor für die Ansiedlung von Unternehmen darstelle, „aber ebenso für den Zuzug von Fachkräften“.
Schließlich widerspricht nach Ansicht der IHK ein gesplitteter Hebesatz dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2019, das den Ausschlag für die Reform der Grundsteuer gab. Denn das dort geforderte Gebot der Gleichbehandlung, „also gleichartige Grundstücke gleichzubehandeln und zu besteuern“, werde missachtet, erklärt Kerstin Groß.
Stadt Oberhausen drohen enorme Einnahmeausfälle
Falls Gerichte die Beschlüsse von geteilten Hebesätzen kippen sollten, drohen den jeweiligen Städten und Gemeinden enorme Einnahmeausfälle, warnt der Unternehmerverband Rhein-Ruhr. Auf diese Gefahr hatte allerdings auch Oberhausens Kämmerer Apostolos Tsalastras hingewiesen und bereits errechnet, dass der Stadt dann pro Jahr 8,7 Millionen Euro in der Kasse fehlen würden. Der Rat hatte sich doch für das Modell entschieden, weil es im Unterschied zu einem einheitlichen Grundsteuersatz Hausbesitzer erheblich entlastet.
Der Unternehmerverband befürchtet ferner, dass es mit der gewählten Vorgehensweise auch künftig leicht fallen könne, „das Wahlvolk zu schonen“ und die Unternehmen „einseitig zu belasten“. Hohe Steuersätze haben zudem aus Sicht von Hauptgeschäftsführer Wolfgang Schmitz eine „psychologische Signalwirkung, die die Attraktivität als Wirtschaftsstandort drückt“: Eine entsprechende Zahl wirke sofort abschreckend und ein Interessent werde dann wohl kaum einen Vergleich mit anderen Städten anstellen, sondern direkt weitersuchen, aber eben anderswo.
Gesplitteter Hebesatz in Oberhausen hat für viele Wohngrundstück-Besitzer Vorteile
Die Entscheidung hatte der Oberhausener Rat vor dem Hintergrund folgender Zahlen getroffen: Bei einem einheitlichen Steuersatz, der dann fast 900 Prozent beträgt, würden 74 Prozent der Wohngrundstücke stärker belastet, 26 Prozent weniger. Bei Nichtwohngrundstücken (Gewerbebauten) würden 53 Prozent mehr belastet, 47 Prozent weniger.
Bei zwei verschiedenen Steuersätzen sinkt im Vergleich zum Einheitsmodell der Anteil der Wohngrundstück-Besitzer, die mehr zahlen, auf 53 Prozent, 47 Prozent kommen ohnehin günstiger davon als bislang. Die Inhaber von Gewerbegrundstücken werden zu zwei Drittel stärker zur Kasse gebeten. Aber immerhin zahlt ein Drittel weniger Grundsteuer, obwohl der Steuersatz auf 1400 Prozent steigt.
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