Oberhausen. Kurz vor Jahresende liegt endlich der Vorschlag der Oberhausener Kämmerei für die neue Grundsteuer vor, die letztendlich alle Bürger trifft.
Die Stadt Oberhausen wird den seit sieben Jahren auf 670 Prozent festliegenden Grundsteuersatz im kommenden Jahr deutlich anheben. Das geht aus der mit Anhängen 139 Seiten dicken Beschlussvorlage der Stadtkämmerei unter Führung von Apostolos Tsalastras (SPD) an die Lokalpolitiker im Rat hervor. Sie müssen darüber in ihrer Sitzung am 16. Dezember 2024 entscheiden.
Die Rathaus-Rechner haben ermittelt, wie sich die durch die bundesweite Grundsteuer-Reform neu ermittelten Immobilienwerte auf die Einnahmen der Stadtkasse mit verschiedenen Steuersatz-Varianten auswirken. Das feste Ziel: In die Stadtkasse sollen weiterhin 46,5 Millionen Euro im Jahr aus der Grundsteuer fließen - nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Nach diesem Beschlusspapier steigt der Grundsteuersatz in Oberhausen auf mindestens 727 Prozent - das ist ein Anstieg um 8,5 Prozent. Wer ein Gewerbegrundstück mit Hallen und Betrieben, aber auch ein Geschäftshaus mit Läden unten und Wohnungen oben sein Eigentum nennen kann, zahlt künftig mindestens 893 Prozent – dies ist ein Aufschlag von einem Drittel. Ob Hauseigentümer oder Mieter – am Ende trifft die Grundsteuer, die von der Stadt Oberhausen erhoben wird, alle Bürger einer Stadt. Denn die Grundsteuer-Kosten dürfen die Vermieter auf ihre Mieter umlegen.
Auswirkungen der Grundsteuer-Reform sind zum Teil sehr überraschend
Die Grundsteuer-Reform war bundesweit nötig, da das Bundesverfassungsgericht 2019 die bisherige Praxis, aus Einheitswerten der 60er Jahre die Steuerlast hochzurechnen, als rechtswidrig eingestuft hat. Ab 2025 muss sich die Berechnung bundesweit mit aktualisierten Immobilienwerten ändern.
Die Folgen dieser Reform wirken sich nicht parallel für alle ähnlich aus. Zum einen bedeutet die deutliche Erhöhung der Grundsteuersätze in Oberhausen nicht automatisch, dass alle Hauseigentümer im gleichen Maße mehr zahlen müssen. Denn die Werte für die Ermittlung der tatsächlichen Grundsteuer haben sich bei zwei entscheidenden Größen geändert.
Während sich der aktualisierte Immobilienwert naturgemäß im Vergleich zu den 60er Jahren deutlich erhöht hat, wurde ein oft unbeachteter Faktor zur Ermittlung der Grundsteuer, die Steuermesszahl, landesweit stark abgesenkt – auf 0,31 Promille. Zum anderen erkannten Fachleute schon sehr früh, dass diese Reform in der Regel zu einer erheblichen Mehrbelastung der Eigentümer von Ein- und Zweifamilienhäusern führt und zu einer starken Entlastung vieler Eigentümer von Gewerbegrundstücken.
Wer nun welchen Grundsteuer-Hebesatz in Oberhausen hinnehmen muss, lässt sich noch nicht sagen, denn den Fraktionen liegen von der Stadtkämmerei zwei Vorschläge vor, zwischen denen sich die Politiker entscheiden müssen. Mit der ersten Variante bleibt es bei einem einheitlichen Steuersatz für alle bebauten Grundstücke, egal, ob Wohn- oder Gewerbe-Immobilie: Für alle würde sich der Grundsteuer-Hebesatz B von 670 Prozent auf 893 Prozent erhöhen.
Mit der zweiten Variante würde es einen gesplitteten Grundsteuersatz geben, einen für die reinen Wohnhäuser, einen anderen für die Gewerbebauten und gemischten Wohn-/Gewerbeimmobilien. Der für die Wohnhäuser würde mit 727 Prozent klar niedriger liegen als in der ersten Variante, dafür müssten die Inhaber von Gewerbeimmobilien, auch Nichtwohngrundstücke genannt, mit 1389 Prozent ziemlich viel mehr zahlen als in der ersten Variante.
So viele Eigentümer von Wohnhäusern zahlen künftig mehr Grundsteuer als bisher
Die Entscheidung wäre einfach, wenn man an die Masse an betroffenen Ein-/Zweifamilienhaus-Besitzern sowie Mietern in Mehrfamilienhäuser denkt und die zahlenmäßig viel geringere Zahl an Gewerbe-Immobilieneigentümer. Doch die Kämmerei verweist auf ein Rechtsrisiko des gesplitteten Gewerbesteuer-Satzes hin: Die Variante 2 könnte in ein paar Jahren vor Gerichten gekippt werden, da sie gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen könnte.
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Dann aber müsste die Stadt eine Neuberechnung über viele Jahre rückwirkend vornehmen - auf Basis des niedrigeren Steuersatzes von 727 Prozent auch für alle Gewerbe-Immobilien. Drohender jährlicher Grundsteuer-Ausfall im Nachhinein: 8,7 Millionen Euro. Für eine Kommune, die so große Finanzlöcher und Schulden hat wie Oberhausen und ohnehin in der Gefahr eines von außen eingesetzten Sparkommissars steht, wäre das ein nochmaliger Schlag in die Magengrube.
Nun müssen die Politiker im Rat zwischen Pest und Cholera wählen, denn eine Steuerbelastung kommt durch die Grundsteuer-Reform so oder so auf die meisten Immobilienbesitzer zu. Die Folgen der beiden Varianten hat die Kämmerei für Oberhausen ebenfalls ausrechnen lassen. Beim einheitlichen Steuersatz von fast 900 Prozent würden 74 Prozent der Wohngrundstücke stärker belastet, 26 Prozent weniger. Bei Nichtwohngrundstücken würden 53 Prozent mehr belastet, 47 Prozent weniger.
Bei zwei verschiedenen Steuersätzen würde die Belastung für Wohnhauseigentümer abgemildert: 53 Prozent der Wohngrundstücke-Inhaber zahlen mehr, 47 Prozent weniger. Zwei Drittel der Inhaber von Gewerbegrundstücken müssten mehr zahlen, 34 Prozent zahlen trotz des dann erstaunlich hohen Steuersatzes von fast 1400 Prozent immer noch weniger Grundsteuer als bisher.
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