Obehausen. Neun Monate vor den wichtigen Kommunalwahlen ergreifen alle Fraktionen und Gruppen im Rat die Chance, ihre Ansichten zu Oberhausen darzustellen.

Traditionell nutzen die Oberhausener Ratsparteien bei der politischen Genehmigung der Ausgaben und Einnahmen der Stadt für das kommende Jahr die Chance, ihre Sicht auf die aktuelle Situation ihrer Heimat darzustellen.

Wir fassen die wichtigsten Aussagen der Ratsfraktionen und -gruppen aus der Debatte zum Haushalt 2025 hier zusammen - anhand der uns zugesandten Reden. Nach Beschluss des Rates in der Sitzung vom Montag, 16. Dezember, darf die Stadt 2025 rund 1,15 Milliarden Euro ausgeben - bei Einnahmen von 1,05 Milliarden Euro. Die Lücke wird durch neue Verschuldung geschlossen. Die Altschulden betragen bereits zwei Milliarden Euro, für die die Stadt über 40 Millionen Euro nur an Zinsen zahlen muss.

CDU-Ratsfraktionsvorsitzende Simone-Tatjana Stehr kritisiert, dass der Bund soziale Wohltaten und Standards ohne auskömmliche Finanzierung beschließt, die die Kommunen belasten. Oberhausen sei aber dennoch in den vergangenen Jahren wirtschaftlich, beim Klimaschutz, der Digitalisierung und bei den Investitionen in Bildung vorangekommen.

Die CDU-Ratsfraktionsvorsitzende Simone-Tatjana Stehr (links vorne im Bild, das bei der September-Sitzung des Rates entstanden ist) mit ihren 18 weiteren Mitgliedern ihrer Fraktion: „Als CDU-Fraktion haben wir wesentliche Impulse gesetzt, um Oberhausen fit für die Zukunft zu machen.“
Die CDU-Ratsfraktionsvorsitzende Simone-Tatjana Stehr (links vorne im Bild, das bei der September-Sitzung des Rates entstanden ist) mit ihren 18 weiteren Mitgliedern ihrer Fraktion: „Als CDU-Fraktion haben wir wesentliche Impulse gesetzt, um Oberhausen fit für die Zukunft zu machen.“ © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

CDU zur Finanzlage: „Wir erleben eine Kostenexplosion in nahezu allen Bereichen des Sozialstaats – Lasten, die zu einem großen Teil von den Kommunen geschultert werden. Während die Zahl der Leistungsbezieher stetig wächst, wurden gleichzeitig neue Standards eingeführt - nicht selten ohne Rücksicht auf die Kosten und die rasant wachsende Bürokratie.“

CDU zur Sicherheit: „Es ist unsere Aufgabe, die Lebensqualität und das Sicherheitsgefühl in dieser Stadt zu schützen: Deshalb haben wir die personelle Aufstockung des Kommunalen Ordnungsdienstes (KOD) durchgesetzt. Mit nur 26 Mitarbeitern kann die öffentliche Sicherheit und Ordnung in einer Stadt mit über 210.000 Einwohnern nicht angemessen gewährleistet werden. Wir brauchen mehr Präsenz auf den Straßen, schnellere Reaktionen auf Ordnungswidrigkeiten und sichtbare Ansprechpartner.“

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CDU zur Wirtschaft: „Als CDU-Fraktion haben wir wesentliche Impulse gesetzt, um Oberhausen fit für die Zukunft zu machen: Ein Leuchtturmprojekt ist die Entwicklung des ehemaligen Zechengeländers Sterkrade zu einem modernen Stadtteil – ein Quartier, das Ökologie, Innovation und Lebensqualität vereint in Kombination mit einer neu zu gestaltenden Sterkrader Innenstadt. Das ist eine unglaubliche Perspektive.“

CDU zur Zuwanderung: „Menschen mit Bleiberecht müssen Chancen bekommen, während Rückführungen konsequent umgesetzt werden müssen.“

CDU zur Stimmungslage: „Oberhausen gehört beim Städteranking 2024 zu den Overperformern, wie man dem aktuellen Glücksatlas entnehmen kann. Die Oberhausener sind deutlich zufriedener mit ihrem Leben, als es die Bewertung der Lebensqualität erwarten ließe.“

SPD-Ratsfraktionsvorsitzende Sonja Bongers betrachtet die Bundestagswahl am 23. Februar als „fundamentale Richtungsentscheidung“ für die Kommunalfinanzen, um etwa eine Altschulden-Lösung zu erreichen. Sie bewertet die Leistung von Oberbürgermeister Daniel Schranz (CDU) als „ellenlange Pleiten-Pech-Pannen-und-Pfusch-Liste“. Bongers kritisiert die miese Wirtschaftslage in Oberhausen - und die Kostenexplosion bei städtischen Neubauprojekten.

Die 19-köpfige SPD-Fraktion im Rat der Stadt Oberhausen wird seit vielen Jahren von der SPD-Landtagsabgeordneten Sonja Bongers (rechts im Bild) geführt.
Die 19-köpfige SPD-Fraktion im Rat der Stadt Oberhausen wird seit vielen Jahren von der SPD-Landtagsabgeordneten Sonja Bongers (rechts im Bild) geführt. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

SPD zur Finanzlage: „Die Gemeinden in ganz Deutschland stehen finanziell vor einem Kipppunkt. Die jahrzehntelange strukturelle Unterfinanzierung der Gemeinden bei gleichzeitiger Aufgabenüberfrachtung ohne ausreichende Kostendeckung gefährdet die Stabilität unseres demokratischen Gemeinwesens.“

SPD zu Sozialkürzungen: „Die schwarz-grüne Landesregierung verwandelt NRW immer mehr in eine soziale Kältekammer. Für viele gesellschaftlich unverzichtbare Angebote könnte dieses Streichkonzert der letzte Schubs über die Klippe sein.“

SPD zur Grundsteuerreform: „Es wäre die verdammte Pflicht der Landesregierung gewesen, für landesweit einheitliche Verhältnisse zu sorgen. Die Landesregierung hätte die differenzierten Hebesätze zum Regelfall machen müssen, um eine Explosion der Grundsteuerbelastung bei Wohnimmobilien zu verhindern.“

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SPD zur Wirtschaftslage in Oberhausen: „Ein Jahrzehnt nach Ihrem Amtsantritt, Herr Oberbürgermeister, verharrt Oberhausen im wirtschaftlichen Tabellenkeller, landet unsere Stadt in allen relevanten Rankings und Städtevergleichen auf den allerletzten Plätzen. Sie haben nicht mal eine Trendwende auf niedrigstem Niveau hingekriegt. Kein Wunder, dass sich nicht der Hauch vom Schimmer einer Spur von Aufbruchstimmung in Oberhausen einstellen will. Alle Ihre selbstgesetzten Klassenziele bei den kommunalen Gebühren, Steuern und Personal im Rathaus haben Sie gerissen.“

SPD zu Kostenexplosionen bei Neubauten: „Irgendwas läuft grundsätzlich falsch und das muss auch Ursachen innerhalb des Konzerns Stadt haben. Wenn man so häufig doppelt und dreifach daneben liegt, lässt sich das nicht achselzuckend nur auf die allgemeine Preisentwicklung schieben.“

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Grünen-Fraktionsvorsitzende Stefanie Opitz kritisiert die landesweiten Einschnitte ins soziale Netz, die den Schutz der Betroffenen aushöhlt, und fordert mehr Prävention als Schlüssel zur Lösung vieler sozialer Probleme. Opitz sieht die Grünen als einzige Partei, die konsequent am Klimaschutz festhält.

Stefanie Opitz (Bildmitte, Archivbild von Herbst 2023), Fraktionsvorsitzende der Grünen im Oberhausener Rat, fordert mehr Prävention vor allem für Obdachlose und Drogenabhängige.
Stefanie Opitz (Bildmitte, Archivbild von Herbst 2023), Fraktionsvorsitzende der Grünen im Oberhausener Rat, fordert mehr Prävention vor allem für Obdachlose und Drogenabhängige. © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

Grüne zur sozialen Lage: „Wir fordern, dass Konzepte zur Drogensucht und Obdachlosigkeit erstellt werden, die schnellstmöglich in die Umsetzung kommen müssen. Wer sehenden Auges durch die Zentren unserer Stadt geht, beobachtet, dass sich die Situation nahezu wöchentlich verschärft.“

Grüne zu Angriffen auf ihre Partei: „Die Mutter des Grünen-Hasses ist die AfD. Programmatisch spiegeln sie das negativ wider: Klimawandel leugnen, Regenbogenfahnen verbieten, Windkraft erschweren, Photovoltaikanlagen auf Äckern verbieten, Gendern verbieten, Sexualkunde verbieten, Kohle verbrennen, Atomkraftwerke bauen, Verbrenner auf ewig zu lassen. Wie können sich etablierte demokratische Parteien, wie die Union, nur auf solch ein Niveau herablassen und sich vor den Risiken verschließen? Wir können es uns aber nicht leisten, medial Feindbilder zu pflegen.“

Grüne zur Verkehrswende: „Quartiers-Parkhäuser wären aktuell eine gute Sache, um den öffentlichen Raum zu entlasten und zu entsiegeln. Vernünftig und unerlässlich ist es aber weiterzudenken. Für uns ist das die Unabhängigkeit vom motorisierten Individualverkehr. Wir haben Füße, wir können aufs Rad oder in den Bus steigen und uns Autos mit Elektromotor teilen.“

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Grüne zu Wohnraum: „Neubauten sind klimaschädlich. Der Traum vom Eigenheim klammert sich an etwas, was unsere Kinder und Kindeskinder kein Stück voranbringen wird. Wir sollten nicht darauf warten, dass auch hier der Wohnraum knapp und die Mieten hoch werden. Wir alle wissen: Die Bestandsbauten sind das Problem. Sanierung im Bestand bleibt unser Mantra. Eine weitere Stellschraube ist der gut organisierte Wohnungstausch, da ältere Menschen meist über mehr Wohnraum verfügen als jüngere.“

Jörg Lange, stellv. Vorsitzender der vierköpfigen AfD-Ratsfraktion, hält die Ausgaben-Politik der Stadtverwaltung und der Mehrheit im Rat für verantwortungslos: Zu sehr würden die Kosten für Neubauten steigen, zu viele Stellen würden fürs Rathaus genehmigt - und der Kämmerer würde deshalb Steuern wie Abgaben erhöhen müssen, die die Kaufkraft der Bürger weiter schmälern.

Jörg Lange, der stellv. Vorsitzende der Oberhausener AfD-Fraktion (rechts vorne) hat für die Fraktion die Rede zum Haushalt 2025 gehalten. Neben ihm sitzt links AfD-Ratsherr Erich Noldus. Das Bild stammt aus der Ratssitzung im November 2023.
Jörg Lange, der stellv. Vorsitzende der Oberhausener AfD-Fraktion (rechts vorne) hat für die Fraktion die Rede zum Haushalt 2025 gehalten. Neben ihm sitzt links AfD-Ratsherr Erich Noldus. Das Bild stammt aus der Ratssitzung im November 2023. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

Die AfD zu Finanzen: „Nicht die Einnahmen sind das Problem, sondern die Ausgaben. Wir als AfD-Fraktion lehnen die Neuschaffung von Stellen ab, wenn diese nicht gesetzlich verpflichtend sind. Die Hälfte der städtischen Einnahmen gehen für Transferleistungen drauf, darunter auch für die Einwanderung ins Sozialsystem.“

Die AfD zum Rathaus-Personal: „In den vergangenen zehn Jahren wurde ein Mitarbeiterzuwachs von 30 Prozent verzeichnet und die Verwaltung wird auch in Zukunft weiter aufgebläht werden, da dies die Politik mit immer neuen Aufgaben und Ideen fördert.“

Die AfD zu Kostenexplosionen bei Bauprojekten der Stadt: „Den einzigen Hebel, den die kommunalen Mandatsträger ansetzen können, sind Plan-Änderungen - entweder müssen zusätzliche Maßnahmen abgelehnt werden oder die Ursprungspläne verschlankt werden, um die unbeeinflussbaren Kostensteigerungen abzufangen. Wenn Projekte teurer werden, so hat die Politik den Handlungsauftrag, dass sie verantwortungsvoll Einsparungen in diesen Bereichen einfordert. Doch dies geschieht hier leider nicht, was die Schuldenproblematik verschärft. Förderanträge müssen nach Priorität geordnet werden und die Planungen müssen sorgfältiger vorangetrieben werden, als es bisher der Fall ist.“

Linken-Fraktionschef Yusuf Karacelik befürchtet, dass der Haushalt 2025 die sozialen Probleme nur verschärfen, aber nicht lösen wird, und wirft Bund und Land vor, Vermögende zu schonen und im Sozialbereich zu kürzen. „Oberhausen ist seit langem chronisch unterfinanziert. Kitas, Schulen, der ÖPNV – all diese Bereiche leiden unter der Finanzierungskrise. Die Verantwortung dafür liegt bei der Landes- und Bundespolitik, die den Kommunen Aufgaben übertragen hat, ohne die nötigen Mittel bereitzustellen. Die Lage ist dramatisch: Zu wenig Personal im Nahverkehr, keine ausreichenden Investitionen in Schulen und Sozialangebote – und all das, während die Stadt weiter verarmt.“

Linken-Fraktionschef Yusuf Karacelik (llinks vorne im Bild): „Oberhausen ist seit langem chronisch unterfinanziert. Kitas, Schulen, der ÖPNV – all diese Bereiche leiden unter der Finanzierungskrise.“
Linken-Fraktionschef Yusuf Karacelik (llinks vorne im Bild): „Oberhausen ist seit langem chronisch unterfinanziert. Kitas, Schulen, der ÖPNV – all diese Bereiche leiden unter der Finanzierungskrise.“ © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Dabei beschäftigt Karacelik besonders die Wohnsituation: „Ein zentrales Thema ist der soziale Wohnungsbau. In Oberhausen steigen die Mieten, viele Menschen leben in prekären Verhältnissen. Wir brauchen endlich bezahlbaren Wohnraum für alle. Die Politik des Oberbürgermeisters hilft nur den Investorenkreisen, die hochpreisige Häuser bauen. Der Haushalt muss endlich massiv in den sozialen Wohnungsbau investieren! In Oberhausen fehlen Gesamtschulen. Wir wollen nicht zulassen, dass Kinder aufgrund ihrer Herkunft oder finanziellen Lage benachteiligt werden. Der Haushalt muss in den Ausbau von Gesamtschulen investieren, um allen Kindern gleiche Chancen zu bieten!“

FDP-Gruppenvorsitzender Marc Hoff kritisiert, dass die größten Einsparpotenziale durch eine Umstrukturierung der Rathaus-Verwaltung nicht angepackt werden und die Kosten bei Neubauprojekten der Stadt explodieren.

Marc Hoff (links vorne bei der September-Sitzung des Rates) führt die zweiköpfige Gruppe der FDP an. Rechts von ihm sitzt FDP-Ratsherr David Bletgen.
Marc Hoff (links vorne bei der September-Sitzung des Rates) führt die zweiköpfige Gruppe der FDP an. Rechts von ihm sitzt FDP-Ratsherr David Bletgen. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Massiv kritisiert Hoff das Verhalten der großen Parteien im Rat, die im Wahlkampf die Interessen der eigenen Parteien über die Interessen der Bürger stellen würden. „Die CDU wirft sich schützend vor ihren Oberbürgermeister und versucht, unangenehme Themen kleinzuhalten – siehe die Projekte Gustavstraße oder der Neubau der Gesamtschule. Die SPD stützt ihren Kämmerer und freut sich über Umverteilungen. Statt zu sparen, kommen immer neue Forderungen, Geld für die eigene Klientel auszugeben. Auch die Grünen engagieren sich lieber für ihre Fahrradlobby gefallenden Verkehrsprojekte, wie die sinnlose Radwegsituation an Bebel- und Concordiastraße. Was allen fehlt, ist der Mut, Dinge zu ändern und auch notwendige unpopuläre Entscheidungen zu treffen.“

Ulrich Lütte, Vorsitzender der zweiköpfigen Gruppe des Bündnisses Oberhausener Bürger (BOB), bemängelt, wie zögerlich Projekte in Oberhausen angefasst werden und wie schnell die Kosten für Neubauten steigen.

Ulrich Lütte (links) und Peter Bruckhoff von der Gruppe des Bündnisses Oberhausener Bürger (BOB) bei der Ratssitzung Ende September 2024.
Ulrich Lütte (links) und Peter Bruckhoff von der Gruppe des Bündnisses Oberhausener Bürger (BOB) bei der Ratssitzung Ende September 2024. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

„Niemand hat eine kluge Idee, wie man das drohende enorme Minus in der Kasse von 80 Millionen Euro verringern kann. Bekanntermaßen sind die Sozialkosten der größte Preistreiber. Tröstlich wäre es, wenn der Kämmerer alle Haushaltspositionen durchsieht und doch noch ein paar Millionen findet, die nicht ausgegeben werden müssen. Stattdessen wird wieder an der Belastungsschraube für die Menschen in Oberhausen gedreht. Die Personalkosten werden Jahr für Jahr mehr, weil immer mehr Mitarbeiter eingestellt werden. Da werden weiterhin Leuchtturmprojekte forciert, obwohl diese finanziell kaum zu stemmen sind.  Bereits im letzten Jahr haben wir darauf hingewiesen, dass jetzt schnellstens etwas beim Deich in Alstaden passieren muss. Jetzt kommt langsam etwas in Gang. Es ist schon wieder ein Jahr ins Land gegangen.“