Oberhausen. Die neue Gesamtschule in Oberhausen erfährt einen enormen Kostensprung. Woran liegt das? Die Stadtspitze erklärt die hohe 157-Millionen-Rechnung.
Oberhausen träumt nicht nur von einer neuen Schule, die Stadt benötigt sie auch dringend: Die weiterführenden Schulen sind randvoll, eine abnehmende Tendenz bei den Schüler-Zahlen ist erstmal nicht zu sehen - und die Grundschulen sind ebenfalls voll. Deshalb wird an der Knappenstraße eine moderne Gesamtschule mit Sechsfach-Turnhalle gebaut. Doch die Kosten sind explodiert. Von der einstigen Prognose von 85 Millionen Euro ist nichts mehr übrig. Es geht jetzt um 157 Millionen Euro, die die Stadt weitgehend alleine bezahlen muss - obwohl Oberhausen die zweithöchste Pro-Kopf-Verschuldung in NRW hat.
Wenn die Kosten nach oben schießen, lautet ein häufiger Vorwurf in Richtung Rathaus: Die Fachplaner haben ihre Arbeit nicht richtig gemacht. Dem möchte sich Michael Jehn entgegenstellen. Der Immobiliendezernent reist mit einer Power-Point-Folie derzeit durch die politischen Ausschüsse und erläutert das Projekt. Denn auch die Politik sieht die überaus starke Verteuerung kritisch.
Im Gespräch mit dieser Redaktion halten Jehn und der Schuldezernent Jürgen Schmidt aber an den Neubau-Plänen für die Gesamtschule fest: „Das Projekt ist und bleibt auch mit Blick auf die anderen Städte alternativlos“, beteuert Schmidt. Auch in Essen, Bottrop, Duisburg würden die Schülerzahlen steigen. Aber wie erklärt die Stadt den Kostensprung?
Punkt 1: Flächen für Gesamtschule waren nur grob entworfen
Für den ersten Schritt zur neuen Schule hat die Stadtverwaltung einen Namen: „Phase 0“. In dieser, so Jehn, hätten unterschiedliche Gruppen ihre Ideen eingebracht: Politiker, Experten der Stadtverwaltung, Bürger aus dem Quartier. Grob sei damals die Fläche berechnet worden: circa 25.000 Quadratmeter. Das Büro, das die Stadt bei dem Projekt begleitete, berechnete daraufhin den Quadratmeterpreis für einen Neubau. Es bildete einen Wert aus 28 von ihr begleiteten Schulneubau-Projekten. Im Jahr 2022 waren demnach für einen Quadratmeter 2255 Euro fällig. Diese Zahl wurde multipliziert und extreme Abweichungen gebildet. Inklusive Kostensteigerung lag der Worst Case bei rund 100 Millionen Euro. Im Mittel würden etwa 85 Millionen Euro fällig sein - der Preis, der in der Öffentlichkeit genannt wurde.
Erst danach, betont Jehn, setzen sich Fachplaner an das Projekt. Erst dann wurde der Architektenentwurf in einem Wettbewerb gekürt. Erst dann begannen die detaillierten Planungen: Heizungsräume und andere technische Räume brauchten mehr Platz im Keller, Parkraum musste her, die Lage der einzelnen Gebäude wurde korrigiert, das Bauwerk insgesamt wuchs auf 29.116 m2.
Punkt 2: Kostensteigerung durch Ukraine-Krieg - Beton doppelt so teuer
An dieser Stelle kommt aus Sicht von Jehn noch ein zweiter Kostentreiber hinzu: Die genauen Planungen fanden nach dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs statt. Als sie nach etwa zehn Monaten abgeschlossen waren, die Gebäude also größer als zunächst angenommen waren, waren in der Zwischenzeit auch noch die Baupreise infolge des Kriegs kräftig angestiegen. Im folgenden Jahr bis heute ging die Kurve weiter nach oben. Jehn nennt drei Beispiele: Die Preise für Zement, Bitumen und Beton haben sich teilweise mehr als verdoppelt. Nach aktuellem Kostenniveau kalkuliert die Stadt mit 132 Millionen Euro. 14 Millionen sind als Puffer eingebaut.
Jehn und Schuldezernent Schmidt verweisen auf Bauprojekte in anderen Städten. Tatsächlich haben sich zahlreiche Neubauprojekte seit dem Ukraine-Krieg stark verteuert. In Duisburg und in Essen sind die Kosten für geplante Schulen immens gestiegen. „Das Problem betrifft Oberhausen nicht allein“, sagt Beigeordneter Jehn.
Punkt 3: Turnhalle und Tiefgarage werden dringend benötigt
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Was nun? Die Stadt hat eine Prüfung in Auftrag gegeben. Experten sollten analysieren, wo es Einsparpotenzial bei diesem Bauprojekt gibt. Das Ergebnis fiel allerdings negativ aus und zeigt aus Sicht der Verwaltung, dass manche Ausgaben unbedingt erforderlich sind. Die Sechsfach-Turnhalle beispielsweise ist übereinander gestapelt. Zwei große Turnhallen liegen sozusagen aufeinander. Das erfordert einen massiven Bau. Das Viertel, die umliegenden Schulen und Vereine, brauchen dringend Turnhallen. Laut Jehn gibt es zwei Möglichkeiten: Die Turnhalle an anderer Stelle bauen oder kleiner planen. Eine andere Fläche gebe es nicht, eine neue Turnhalle würde zudem Millionen Euro kosten. Und die Hallenzeiten würden so oder so gebraucht.
Als Zweites schaute sich das Expertenteam die Parkplätze an: 80 Stück sind in einer Tiefgarage angeordnet. Laut Jehn das Mindeste. Denn nicht nur für Lehrkräfte, sondern auch für Abendveranstaltungen müsste die Stadt Parkplätze vorhalten. „Ansonsten steigt im Viertel der Parkdruck.“ Als Ordnungsbehörde und zugleich Bauherr müsse die Stadt dieser Verantwortung gerecht werden.
Kostensteigerung: Stadt Oberhausen will in Zukunft besser informieren
Jehn sagt, dass die Stadt dennoch daran arbeiten wolle, zukünftige Kostenberechnungen transparenter zu machen. Kommunikation und Information sollen verbessert werden, damit auf Seiten der Bürger das Verständnis für Bautätigkeiten der Stadt wächst.