Mülheim. Rund vier Prozentpunkte stürzen die Grünen zur Bundestagswahl ab. Warum sich die Partei dennoch im Aufwind sieht und linker werden will.

So süß die Mülheimer Grünen vor vier Jahren vom Bundestrend profitiert haben und mit einem Schlag kommunal zur zweitstärksten Kraft wurden, so bitter scheint nun der Trend nach unten zu weisen. Gut 12 Prozent heute gegenüber fast 16 Prozent in Mülheim 2021 ist ein deutlicher Abschwung. Auf den gemeinsamen Wahlkreis Mülheim - Essen I bezogen, liegen die Grünen mit 10,99 Prozent sogar leicht unterm Schnitt im Bund. Die Stimmung zur Wahlparty am Sonntagabend im Restaurant Ronja hat das jedoch nicht versalzen.

Das mag zwei Gründe haben: Erstens hat man drei Monate nach dem Scheitern der Ampel und einem harten Wahlkampf durchaus damit gerechnet. „Das Ergebnis geht in Ordnung“, beurteilt der Mülheimer Spitzenkandidat der Grünen, Björn Maue, das Abschneiden auf Stadtebene. Und räumt gleichzeitig ein: Mit eigenen Themen der Altschulden, der Investition in kommunale Infrastruktur, der sozialen und inneren Sicherheit, der Menschenrechte sei man gegenüber dem polarisierenden Thema „Migration“ nicht durchgedrungen.

Dem Trend zum Trotz sehen sich Mülheimer Grüne im Aufwind bei den Mitgliederzahlen

Stimmverluste auch in Mülheim: Dennoch hat die Partei am Wahlabend gute Laune. Das liegt am Wachstum bei den Mitgliederzahlen.
Stimmverluste auch in Mülheim: Dennoch hat die Partei am Wahlabend gute Laune. Das liegt am Wachstum bei den Mitgliederzahlen. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Zweitens sehen sich die Mülheimer Grünen kommunal gerade überraschend im Aufwind: Rund 280 Mitglieder zähle man inzwischen. Zum Jahresbeginn hatte man die 200er Marke erst durchbrochen, sagt die Grüne-Kreisverbandsvorsitzende Annette Lostermann de Nil, die am Wahlabend in viele, wohl unbekannte Gesichter schaute.

Jetzt müsse man die eigenen Themen mutiger und selbstbewusster vertreten, fühlt nicht nur Maue, sondern auch der Grüne-Fraktionsvorsitzende Timo Spors sich in linker Politik regelrecht bestätigt - vor allem durch das Abschneiden der Linkspartei im Bund. Es gelte daher für die kommende Kommunalwahl im September, einen weiteren Rechtsruck einzudämmen.

Grüner Spitzenkandidat landet hinter weitgehend unbekannten Kandidaten der AfD

Der Grüne-Spitzenkandidat in Mülheim, Björn Maue, bedankt sich bei den Mitgliedern für die Unterstützung beim Wahlkampf.
Der Grüne-Spitzenkandidat in Mülheim, Björn Maue, bedankt sich bei den Mitgliedern für die Unterstützung beim Wahlkampf. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Dass die Grünen - nach monatelangen internen Querelen um die Spitzenkandidatur - mit Björn Maue bei den Erststimmen in Mülheim noch einmal schlechter abschnitten (10,08 gegenüber 15,4 Prozent von Franziska Krumwiede-Steiner in 2021), legt die Parteivorsitzende Lostermann de Nil nicht ihrem Kandidaten zu Last, den der Vorstand seinen Mitgliedern ausdrücklich empfahl: „Wenn zwei große Parteien um die Spitze kämpfen, haben die kleineren Parteien oft das Nachsehen“, glaubt sie an ein taktisches Wahlverhalten auch von Grünen-Wählern. Maue allerdings verlor ebenso den Kampf um Platz drei gegen den weitgehend unbekannten Kandidaten der AfD mit großem Abstand.

„Da müssen wir aber hinkommen, dort mitzumischen“, will Maue aber am Anspruch der Grünen auf ein Direktmandat festhalten. Aktuell ist man davon auch bei den Zweitstimmen weit entfernt, sogar in den Grünen-Hochburgen: 18,15 Prozent am Kahlenberg (2021: 22,6), 15,46 Prozent in Stadtmitte-Zentrum (vormals 21,5). Und in Styrum-Süd, wo die Grünen 2021 mit 10,2 Prozent das schlechteste Ergebnis holten, sackten sie noch einmal um mehr als 4 Prozentpunkte ab. Die AfD dagegen konnte sich hier nahezu verdoppeln.

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