Mülheim. Eine Mülheimerin (83) wurde im Pflegeheim misshandelt, nun wünscht ihr Sohn Kameras im Zimmer. War es ein Einzelfall? Was die Heimaufsicht sagt.
Die demenzkranke Mülheimerin, die mutmaßlich von einem Altenpflegehelfer geschlagen wurde, ist mittlerweile ins Heim zurückgekehrt. In ihr ursprüngliches Zimmer. Das berichten ihre Angehörigen sowie die Leitung des Pflegeunternehmens auf Anfrage.
Wie berichtet, war die 83-Jährige mit sichtbaren Verletzungen, unter anderem starken Blutergüssen am Kopf, ins Mülheimer St. Marien-Hospital (SMH) gebracht worden. Sie konnte nach einer Nacht unter Beobachtung am Freitagabend wieder entlassen werden. Der Altenpflegehelfer, der unter Verdacht steht, bekam die sofortige Kündigung. Die Polizei ermittelt. Für die Familie der Seniorin ist der Fall aber damit nicht abgehakt.
Gewalt im Heim: Mülheimer Familie wünscht Kameraüberwachung
Er habe darum gebeten, dass nun im Zimmer seiner Mutter eine Überwachungskamera installiert wird, sagt der Sohn, nach eigener Auskunft auch gesetzlicher Betreuer der 83-Jährigen. Dies habe der Betreiber aber abgelehnt, aus arbeitsrechtlichen Gründen.
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Seine Mutter wirke immer noch geschwächt und angeschlagen. Das Krankenhaus habe angeboten, sie vorerst in der Geriatrie zu behalten, „damit sie etwas Abstand gewinnt“. Angesichts der Feiertage habe sich die Familie aber dagegen entschieden.
Polizei bestätigt Anzeige wegen Körperverletzung
Die Polizei hatte bestätigt, dass es einen Einsatz in der Notaufnahme des SMH gab und eine Strafanzeige wegen Körperverletzung vorliegt. Sie möchte sich aber auf Nachfrage „aus persönlichkeitsrechtlichen Gründen“ nicht näher zu dem Vorfall äußern. Weder zu den konkreten Vorkommnissen noch etwa zum Alter des verdächtigen Mannes, der laut Heimbetreiber alle Vorwürfe abgestritten hatte.
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Der Pflegehelfer wurde nach Angaben des Heimbetreibers vor Ort in der Einrichtung vernommen - und umgehend aus dem Job entlassen. Anschließend seien Polizisten zum Krankenhaus gefahren, wo sich die verletzte Bewohnerin befand.
Heimbetreiber lehnt Videoüberwachung ab: Mitarbeiter nicht unter Generalverdacht stellen
Zur geforderten Videoüberwachung sagt die Leitung des Pflegeunternehmens, dies sei aus verschiedensten Gründen problematisch und werde abgelehnt. Zum einen stehe der Datenschutz dem entgegen, zum anderen auch ethische Gründe: „Wir können nicht alle Menschen, die bei uns arbeiten, unter Generalverdacht stellen.“ Im Gespräch mit der Familie der 83-Jährigen werde man alternative Lösungen suchen.
Für die Mitarbeitenden sei der Vorfall, der jetzt Wellen schlägt, schwierig und frustrierend. Denn viele Jahre guter und verlässlicher Arbeit im Pflegeheim würden nicht öffentlich wahrgenommen. Nur der Übergriff.
Mülheimer Heimaufsicht: Zwei Übergriffe in den vergangenen Jahren
War es ein Einzelfall? Die örtliche WTG-Behörde, die Heimaufsicht, teilt auf Anfrage mit, in diesem Jahr seien ihr zwei Fälle von Gewalt gegen Pflegebedürftige in Mülheimer Einrichtungen bekannt geworden. Der jüngste Übergriff ist dabei schon mitgerechnet, einen weiteren habe es im dritten Quartal 2024 gegeben. „Den Pflegekräften wurde außerordentlich gekündigt und/oder sie wurden mit sofortiger Wirkung vom Dienst freigestellt.“
Auch die Heimaufsicht sei beide Male eingeschaltet worden, um zu kontrollieren, ob die Einrichtungen ihre Sorgfaltspflichten wahrgenommen und die persönliche Eignung der Beschäftigen ausreichend geprüft haben. Laut Wohn- und Teilhabegesetz (WTG) NRW, in Verbindung mit der Durchführungsverordnung, müssen Pflege-Mitarbeitende bei der Einstellung ein amtliches Führungszeugnis vorlegen und regelmäßig schriftlich erklären, dass keine Ausschlussgründe vorliegen. Im aktuellen Fall hatte der Heimbetreiber versichert, dass das Führungszeugnis geprüft worden und unauffällig gewesen sei.
Rat: Erst die Einrichtungsleitung ansprechen, im Ernstfall die Polizei
Angehörigen, die Übergriffe vermuten, rät die Heimaufsicht, zunächst die Pflegedienst- oder Einrichtungsleitung direkt anzusprechen. „Auch sie sind darauf angewiesen, auf solche Vorfälle aufmerksam gemacht zu werden, und natürlich sind alle bestrebt, dass keine Gewalt gegen Bewohner*innen angewandt wird.“ Bei sehr konkreten Verdachtsmomenten sollte man die Polizei alarmieren.
Und selbstverständlich sei auch das Team der WTG-Aufsichtsbehörde ansprechbar. Seit vergangenem Jahr gibt es in Mülheim einen Ombudsmann, der sich um Pflegestreitigkeiten kümmert, und an den auch solche Fälle herangetragen werden können: Wolfgang Wenner, 0208 455-5970, ombudsperson@muelheim-ruhr.de.
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